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Der kalte Hauch der Angst

Der kalte Hauch der Angst

Titel: Der kalte Hauch der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Lemaitre
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Ausgang.
    Â»Dann gute Reise, Madame Duguet. Und vielleicht bis bald …?«
    Er drückt ihr lange die Hand.
    Â»Danke.«
    Sie stürzt hinaus auf die Straße.
    Auf die Angst hin, dort gefangen zu sein, nicht mehr herauszukommen, der Gnade dieses Bankfuzzis ausgeliefert zu sein, überkommt sie eine Welle des Hasses. Nun, da sie draußen und alles vorbei ist, würde sie den Kopf dieses Kerls am liebsten gegen die Wand schmettern. Als sie zum Taxi läuft, spürt sie noch immer, wie seine Finger sie berühren, und sie spürt fast körperlich die Genugtuung, die es ihr verschaffen würde, ihn an den Ohren zu packen und seinen Schädel gegen die Wand zu schlagen. Denn es ist der Kopf, der bei diesem Mistkerl unerträglich ist! All das hat in ihr so eine Wut ausgelöst … So! Sie packt ihn an den Ohren und schlägt seinen Kopf gegen die Wand. Er prallt mit einem schrecklichen Geräusch auf, dumpf und tief; der Kerl sieht sie an, als sei der ganze Wahnwitz dieser Welt über sie gekommen, doch gleich darauf verzerrt er das Gesicht vor Schmerz, sie haut den Schädel dieses Kerls gegen die Wand, drei-, vier-, fünf-, zehnmal, und das schmerzverzerrte Gesicht wird langsam reglos, es erstarrt, seine glasigen Augen blicken ins Leere. Erleichtert hört sie auf, ihre Hände sindvoller Blut, das ihm aus den Ohren läuft. Er hat zwei tote, starre Augen wie im Film.
    Da sieht sie Léos Gesicht vor sich, aber seine Augen sind wirklich tot. Ganz anders als im Film.
    Schwindel.
    5
    Â»G UT. U ND WAS MACHEN WIR JETZT?«
    Sie hebt den Blick. Wie gelähmt steht sie vor dem Taxi.
    Â»Ist Ihnen nicht gut? Ihnen wird doch jetzt nicht übel?«
    Nein, geht schon. Du steigst jetzt ins Taxi, Sophie, und verschwindest von hier. Du musst dich beruhigen, alles ist gut. Es ist lediglich die Müdigkeit, all das ist nur eine schlimme Prüfung, mehr nicht, es wird schon gehen, konzentrier dich.
    Während der ganzen Fahrt beobachtet der Fahrer sie im Rückspiegel. Sie versucht zur Ruhe zu kommen, indem sie ihren Blick durch die Stadt wandern lässt, die sie so gut kennt: Place de la République, die Quais, und ganz da vorn der Pont d’Austerlitz. Sie atmet wieder tiefer, ihr Herzklopfen lässt nach. Vor allen Dingen muss sie sich beruhigen, Abstand bekommen, nachdenken.
    Das Taxi ist an der Gare de Lyon angekommen. Als sie vor der Wagentür steht und die Fahrt bezahlt, sieht der Fahrer sie wieder an. Beunruhigt, interessiert, verängstigt, das wird nicht klar; ein wenig von allem. Und erleichtert. Er steckt die Scheine ein und fährt los. Sie nimmt ihren Koffer und geht zur Tafel mit den Abfahrtszeiten.
    Sie hat Lust auf eine Zigarette. Fiebrig kramt sie in ihren Taschen. Eine solche Lust und keine Zeit zum Suchen. Im Tabakladen stehen drei Kunden vor ihr. Endlich ist sie an der Reihe, sie verlangt eine Schachtel, nein, zwei, das Mädchen dreht sich um, nimmt zwei Schachteln aus dem Regal und legt sie auf die Theke.
    Â»Nein, drei …«
    Â»Wie viele wollen Sie denn nun? Eine, zwei, drei?«
    Â»Eine Stange.«
    Â»Sicher?«
    Â»Nicht aufregen! Und ein Feuerzeug.«
    Â»Welches?«
    Â»Ist mir egal, irgendeins.«
    Nervös nimmt sie die Stange Zigaretten, wühlt in ihren Taschen, greift nach dem Geld, ihre Hände zittern so, dass alles auf den Zeitschriftenstapel vor der Theke fällt. Sie blickt hinter und um sich, während sie die 50-Euro-Scheine aufsammelt und sie sich in die Taschen stopft. Das geht wirklich nicht, überhaupt nicht, Sophie! Ein Ehepaar mustert sie. Direkt neben ihr wendet ein großer Typ sichtlich verlegen den Blick von ihr ab.
    Mit den Zigaretten in der Hand verlässt sie den Tabakladen. Ihr Blick fällt auf ein Schild mit einer Warnung in Rot vor Taschendieben … Was tun? Wenn sie könnte, würde sie schreien, aber komischerweise fühlt sie daraufhin wie so oft etwas sehr Eigenartiges, fast Beruhigendes: wie inmitten dieser großen, kindlichen Ängste, wenn aus all der Beklommenheit die winzige, aber absolute Sicherheit auftaucht, dass das, was man gerade erlebt, gar nicht so wahr ist wie die Tatsache, dass es irgendwo, jenseits der Angst, einen Schutz gibt, etwas Unbekanntes uns beschützt … Ganz kurz sieht sie das Bild ihres Vaters vor sich, dann verschwindet es wieder.
    Magischer Reflex.
    Sophie weiß im Grunde ihres Herzens ganz genau, dass dies nur ein

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