Der kalte Hauch der Angst
Feldwebel wiegt jeden Laut ab, um nichts zu sagen, was unwiderruflich das zerbrechliche Floà in Fahrt bringen könnte, auf das er sich begeben hat.
»Wollen wir etwas essen gehen?«, schlägt Sophie vor.
»Wenn Sie wollen â¦Â«
Von der ersten Minute an sind die Dinge so gelaufen: Er ist zu haben, er wird alles wollen, was sie auch will. Sie schämt sich ein wenig für das, was sie ihm antun will. Aber sie weià auch, was sie ihm dafür zu geben hat. Ihrer Meinung nach wird er nicht übervorteilt. Er sucht eine Frau. Hauptsache, sie erfüllt ihren Zweck. Selbst Sophie würde das tun.
Als sie das Café verlassen, geht Sophie nach rechts. Er hat keine Erwartungen, er schwatzt freundlich weiter, während er neben ihr geht. Harmlos. Er lässt sich von Sophie führen. All das hinterlässt einen schrecklichen Geschmack.
»Wohin wollen Sie gehen?«, fragt sie ihn.
»Ich weià nicht â¦Â Ins Relais?«
Sophie ist sich sicher, dass er sich das bereits am Abend zuvor überlegt hat.
»Was ist das?«
»Ein Restaurant. Eine Brasserie â¦Â Ich war wohlgemerkt nur ein Mal dort. Ist aber nicht schlecht. Aber â¦Â ich weià ja gar nicht, was Ihnen gefallen würde â¦Â«
Sophie gelingt es zu lächeln.
»Das werden wir schon sehen â¦Â«
Und am Ende ist es auch gar nicht so schlecht. Sophie hat befürchtet, dass es ein Soldatenlokal ist, hat sich aber nicht getraut nachzufragen.
»Es ist sehr gut«, sagt sie.
»Um ehrlich zu sein, ich habe mir das vorher überlegt. Ich bin sogar heute Morgen hier vorbeigegangen, um zu sehen, wie es ist â¦Â Ich habe mich nicht mehr sehr gut daran erinnert. Verstehen Sie?«
»Sie sind in Wahrheit noch nie hier gewesen. Stimmtâs?«
»Neg. Ich merke, dass man Sie nicht so leicht belügen kann«, sagt der Feldwebel lächelnd.
Als sie beobachtet, wie er die Speisekarte studiert (sie lauert darauf, ob seine Blicke lange auf den Preisen verweilen), fragt sie sich, wie ein solcher Typ ungeschoren aus einer solchen Geschichte herauskommen soll. Aber jeder steckt eben in seiner eigenen Haut. Und da er die Haut einer Frau will, muss er eben damit rechnen, möglicherweise Federn zu lassen. SchlieÃlich geht es um eine richtige Heirat.
»Belügen Sie Frauen denn für gewöhnlich?«, nimmt Sophie den Gesprächsfaden wieder auf.
»Wahrscheinlich nicht mehr als andere Männer. Eher weniger, würde ich meinen. Na ja, ich liege wahrscheinlich im Durchschnitt.«
»Worin haben Sie mich also bei unserem ersten Treffen belogen?«
Sophie hat sich eine Zigarette angezündet. Sie erinnert sich, dass er nicht raucht. Das ist ihr egal. Wichtig ist, dass er sie machen lässt.
»Keine Ahnung â¦Â Wir haben uns ja nicht sehr lange unterhalten.«
»Um zu lügen, brauchen gewisse Männer nicht viel Zeit.«
Er sieht sie mit festem Blick an.
»Ich kann es nicht mit Ihnen aufnehmen.«
»Wie bitte?«
»Im Gespräch kann ich es nicht mit Ihnen aufnehmen. Ich bin nicht sehr unterhaltsam, kein besonders geistreicher Typ, wissen Sie? Ja, das wissen Sie. Vielleicht haben Sie mich ja deshalb ausgesucht. Ja, ausgesucht, ich verstehe mich.«
»Was reden Sie da?«
»Ich verstehe mich.«
»Wenn wir beide verstehen würden, dann würde das die Unterhaltung vielleicht erleichtern.«
Der Ober kommt an ihren Tisch. Sophie wettet in Gedanken.
»Was nehmen Sie?«, fragt er.
»Entrecôte und Salat. Und Sie?«
»Ach â¦Â«, sagt er und überfliegt ein letztes Mal die Karte, »ich nehme dasselbe: Entrecôte und Salat.«
Gewonnen!, denkt Sophie.
»Wie gebraten?«, fragt der Ober.
»Blutig. Beide blutig«, antwortet Sophie und drückt ihre Zigarette aus.
Mein Gott, was für ein Blödsinn!
»Was sagten Sie?«
»Ich? Nichts. Warum?«
»Deshalb habe ich Sie gewählt â¦? Was soll das heiÃen?«
»Oh, machen Sie sich keine Gedanken. Ich bin der geborene Pechvogel. Es ist stärker als mein Wille. Meine Mutter sagte immer: Egal, wo ein Haufen liegt, du trittst in jede ScheiÃe. Entschuldigen Sie den Ausdruck.«
»Ich kann nicht ganz folgen.«
»Trotzdem bin ich nicht kompliziert â¦Â«
»Nein, anscheinend nicht â¦Â Ich würde sagen â¦Â«
»Entschuldigen Sie sich doch nicht die ganze Zeit,
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