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Der kalte Hauch der Angst

Der kalte Hauch der Angst

Titel: Der kalte Hauch der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Lemaitre
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trinken. Keiner außer Frantz kann Sophie je wiederfinden. Er hatte die Mehrfachmörderin drei Jahre lang verfolgt, die gesamte Polizei war unfähig gewesen, sie zu finden. Diese Frau hat er mit seinen eigenen Händen zur Gänze neu erschaffen, nichts in Sophies Leben ist für ihn ein Geheimnis, dennoch kann auch er nicht sagen, wo sie sich zu dieser Stunde aufhält, und die Gendarmen wissen es erst recht nicht. Frantz ist in Eile, er würde die Männer gern zum Teufel schicken. Er sagt nur mit angespannter Stimme: »Meinen Sie, Sie finden sie schnell?«
    Das ist es doch, was ein Gatte fragt, oder nicht? Jondrette hebt eine Augenbraue. Er ist nicht ganz so blöd, wie es scheint.
    Â»Wir werden sie ganz sicher finden, Monsieur«, antworteter.
    Ãœber der Tasse mit heißem Kaffee, den er in kleinen Schlucken trinkt, mustert er Frantz mit forschendem Blick. Er stellt die Tasse ab.
    Â»Sie ist sicherlich zu jemandem gegangen, heute Abend oder morgen früh wird sie anrufen. Sie sollten sich am besten gedulden, verstehen Sie …?«
    Und ohne eine Antwort abzuwarten: »Hat sie das schon mal getan, sich einfach so davonzumachen?«
    Frantz sagt Nein, aber sie sei mehr oder weniger depressiv.
    Â»Mehr oder weniger …«, wiederholt Jondrette. »Haben Sie Familie, Monsieur? Ich will sagen, hat sie Familie, Ihre Gattin? Haben Sie dort schon angerufen?«
    Frantz hat keine Zeit gehabt, alles zu bedenken, und plötzlich geht alles so schnell. Marianne Berg, geborene Leblanc. Hat sie Verwandte? Als er sie in den vergangenen Monaten nach ihrem Leben gefragt hat, hat Sophie eine Familie erfunden, die die Gendarmerie nicht mal mit größter Mühe ausfindig machen könnte … Tanz auf dem Eis. Frantz schenkt Kaffee nach. Währenddessen denkt er nach. Er entscheidet sich für einen Strategiewechsel. Er setzt eine unzufriedene Miene auf.
    Â»Soll das etwa heißen, Sie unternehmen nichts?«, erwidert er nervös.
    Jondrette antwortet nicht. Er blickt in seine leere Tasse.
    Â»Wenn sie in, sagen wir, drei, vier Tagen nicht zurück ist, werden wir eine Suche einleiten. Wissen Sie, Monsieur, in solchen Situationen kommen die Gesuchten normalerweise nach ein paar Tagen aus freien Stücken zurück. Bis dahin verstecken sie sich fast immer bei Verwandten,Freunden. Manchmal reicht es, ein wenig herumzutelefonieren.«
    Frantz sagt, er verstehe. Wenn er etwas erfahren sollte, würde er natürlich umgehend … Jondrette meint, das sei das Beste. Er bedankt sich für den Kaffee. Sein Begleiter nickt und starrt auf die Fußmatte.
    Frantz hat sich drei Stunden zugestanden, das scheint ihm ein angemessener Zeitraum zu sein.
    Während dieser Zeit betrachtet er auf dem Monitor seines Laptops zum letzten Mal die Karte der Region, auf der ein rosafarbenes Viereck blinkt, das den Standort von Sophies Handy anzeigt. Und dieses Viereck umfasst die Wohnanlage. Frantz hat Sophies Handy gesucht und es dummerweise in der Schublade des Sekretärs gefunden. Zum ersten Mal seit vier Jahren kann er nicht genau sagen, wo Sophie sich befindet. Beeilung. Er muss sie finden. Er denkt eine Weile über das Medikamentenproblem nach, dann aber ist er beruhigt: Er hat einen depressiven Zustand eingeleitet, der nicht so schnell vorübergehen dürfte. Trotz allem muss er sie zurückholen. Das muss sein. Er muss es zu Ende bringen. Schluss machen mit allem. Mit Atemübungen bekommt er seine aufsteigende Wut unter Kontrolle. Er hat diese Frage wieder und wieder in seinem Kopf herumgewälzt. Zuerst Lyon.
    Er schaut auf die Uhr und nimmt schließlich den Telefonhörer.
    Man verbindet ihn mit Jondrette.
    Â»Meine Frau ist bei einer Freundin«, platzt Frantz heraus, als sei er froh und erleichtert. »In der Nähe von Besançon.«
    Er wartet Jondrettes Reaktion ab. Alles oder nichts. Wenn der Gendarm nun nach dem Namen der Freundin fragt …
    Â»Gut«, sagt Jondrette zufrieden. »Ist sie wohlauf?«
    Â»Ja … So scheint es zumindest. Sie ist offenbar etwas verwirrt.«
    Â»Gut«, sagt Jondrette wieder. »Kommt sie nach Hause? Hat sie gesagt, dass sie nach Hause kommen will?«
    Â»Ja, hat sie. Sie will nach Hause kommen.«
    Kurzes Schweigen in der Leitung.
    Â»Und wann?«
    Frantz’ Motor dreht sich in Höchstgeschwindigkeit.
    Â»Ich denke, es ist besser, wenn sie sich ein wenig erholt. In ein paar Tagen hole

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