Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11
zu besiegen?
»Bill«, wies Rebus ihn zurecht, »traust du mir so etwas zu?«
Die beiden Männer lächelten. Nebenan sprach der Häftling immer lauter.
»Aber ich hab doch nichts gemacht.«
»Nicht sehr überzeugend«, sagte Nairn.
»Ich dachte, diese Kabinen sind schalldicht?«, sagte Rebus. Nairns Achselzucken sagte ihm, dass man sich wenigstens redlich Mühe gegeben hatte. Dann fiel Rebus plötzlich etwas ein. »Kannst du dich zufällig an einen gewissen Rab erinnern? Muss ungefähr zur gleichen Zeit entlassen worden sein wie Cafferty.«
Nairn nickte. »Rab Hill.«
»Hat dieser Rab hier im Knast für Cafferty den Leibwächter gespielt?«
»So weit würde ich nicht gehen. Sie waren nur fünf, sechs Monate im selben Block.«
Rebus legte die Stirn in Falten. »Aber nach Caffertys Auskunft waren sie hier die besten Kumpels.«
Nairn hob beide Hände. »Im Knast findet man die merkwürdigsten Allianzen.«
»Ich glaub nicht, dass dieser Rab draußen besonders gut klarkommt.«
»Wirklich nicht? Du wirst verstehen, dass mich das nicht sonderlich berührt.«
Wieder die Stimme aus der Nachbarkabine: »Wie oft soll ich das denn noch sagen?«
Rebus stand auf. Merkwürdige Allianzen, dachte er. Cafferty und Rab Hill. »Und wie ist Caffertys Krebs ans Licht gekommen?«
»Wie meinst du das?«
»Ich meine, wie ist es zu der Diagnose gekommen?«
»Das Übliche. Er fühlte sich schlecht. Deshalb haben sie ihn untersucht, und dabei hat es sich herausgestellt.«
»Bitte, tu mir einen Gefallen, Bill. Schau dir wenigstens noch einmal Rabs Akte an, seine Krankenberichte und was es sonst so alles gibt. Tust du das für mich?«
»Weißt du was, John? Ich habe nur wenige Häftlinge hier, die so anstrengend sind wie du.«
»Dann solltest du beten, dass ich nie von einem Geschworenengericht für schuldig befunden werde.«
Bill Nairn wollte schon anfangen zu lachen, bis er den Blick in Rebus' Augen sah.
Als er wieder auf dem Gelände des Seismischen Verwahrinstituts eintraf, hatten Ellen Wylie und Siobhan Clarke bereits den gesamten Verschlag ausgeräumt. Auf dem von Reagan in seinem Wohnwagen frei geräumten Schreibtisch lagen acht Stapel mit Papieren. Die beiden Frauen wärmten sich gerade an dem Heizstrahler und hatten je einen Becher Tee in der Hand.
»Und was jetzt, Sir?«, fragte Wylie.
»St. Leonard's«, sagte Rebus. »Das Besprechungszimmer, das Sie als Büro benutzen, da können wir das Zeug erst mal verstauen.«
»Damit sonst niemand die Papiere zu sehen bekommt?«, mutmaßte Siobhan.
Rebus sah sie an. Sie hatte von der Kälte einen rosa Teint, und ihre Nase glänzte. Sie trug niedrige Stiefel und dicke Socken, die sie über ihre schwarze Wollstrumpfhose gezogen hatte. Ihr hellgrauer Schal unterstrich noch die Rötung ihrer Wangen.
»Sind Sie beide mit dem eigenen Wagen hier?«, fragte Rebus. Die Frauen bejahten die Frage. »Dann laden Sie das Zeug am besten gleich ein. Wir sehen uns auf dem Revier.«
Er überließ die beiden Frauen ihrem Schicksal und fuhr zurück in die St. Leonard's Street. Als er draußen auf dem Parkplatz noch eine Zigarette rauchte, fuhr der Hauptkommissar in seinem Peugeot 406 vor.
»Könnte ich mal kurz mit Ihnen sprechen, Sir?«, fragte Rebus ohne jede förmliche Begrüßung.
»Hier draußen oder lieber im Warmen?« Farmer Watson griff sich seine Aktentasche und sah auf die Uhr. »Ich hab um zwölf einen Termin.«
»Dauert nur eine Minute.«
»Also gut. Dann sehen wir uns in meinem Büro, sobald Sie hier fertig sind.«
Der Farmer ging ins Haus und schloss die Tür hinter sich. Rebus zog noch einmal an der Zigarette, trat sie dann aus und ging hinterher.
Watson war gerade mit der Kaffeemaschine beschäftigt, als Rebus an die offene Tür klopfte. Er sah kurz auf und nickte Rebus zu. »Sie sehen heute ziemlich mitgenommen aus, Inspektor.«
»Zu lange gearbeitet.«
»Und woran?«
»An der Grieve-Geschichte.«
Der Farmer sah ihn an. »Ist das wahr?«
»Ja, Sir.«
»So weit mir zu Ohren gekommen ist, beschäftigen Sie sich im Augenblick vor allem mit anderen Dingen.«
»Ich glaube, die Fälle sind miteinander verknüpft.«
Die Maschine setzte sich keuchend in Gang, und der Farmer begab sich hinter seinen Schreibtisch. Er setzte sich und bot Rebus einen Stuhl an, doch der blieb einfach stehen.
»Irgendwelche Fortschritte zu vermelden?«
»Ja, wir kommen langsam weiter.«
»Und Inspektor Linford?«
»Der verfolgt seine eigenen Spuren.«
»Stehen Sie in Kontakt mit
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