Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11
Kopf?«, sagte Rebus.
Nach einem kurzen Augenblick des allgemeinen Schweigens sagte Siobhan: »Vielleicht, weil Sie es gerne möchten?«
»Was wäre denn mit all diesen Grundstücken passiert?«, fragte Rebus.
Hood: »Man hätte sie erschlossen und bebaut.«
»Und was macht Callans Neffe?«
Clarke: »Er ist Baulöwe. Aber damals war er doch nur ein kleiner Malocher.«
»Passender wäre es vielleicht zu sagen, er hat seine Lehrzeit absolviert.« Rebus trank einen Schluck Wein. »Haben Sie 'ne Ahnung von den derzeitigen Grundstückspreisen in der Holyrood Road? Immerhin entsteht dort jetzt das neue Parlament.«
»Jedenfalls dürften die Preise erheblich gestiegen sein.«
Rebus nickte. »Und dann hat dieser Barry Hutton auch noch ein Auge auf Granton geworfen. Wer weiß, was er sonst noch im Schilde führt.«
»Aber das ist doch sein Job.«
Rebus nickte nachdenklich. »Aber auch in dem Job ist man im Vorteil, wenn man der Konkurrenz bestimmte Optionen voraus hat.«
Hood: »Sie meinen… Unterweltmethoden?«
Rebus schüttelte den Kopf. »Ich meine Freunde in den richtigen Positionen.«
»Hier – AD Holding«, sagte Hood und zeigte auf den Bildschirm. Rebus beugte sich über den jungen Mann und stierte auf die orangen Buchstaben. Hood strich sich mit zwei Fingern über den Nasenrücken, machte dann die Augen zu, öffnete sie wieder und schüttelte ein paarmal ungläubig den Kopf.
»Langer Tag«, sagte Rebus. Es war fast zehn. Eigentlich wollten sie gerade Schluss machen. Kein schlechter Tag. Trotzdem: Konkrete Ergebnisse hatten sie noch keine vorzuweisen – wie Rebus nüchtern konstatiert hatte.
Und nun das.
»AD Holding«, wiederholte Hood. »Das könnte der Partner der beiden gewesen sein.«
Wylie blätterte bereits im Telefonbuch. »Kein Eintrag.«
»Vielleicht Pleite gegangen«, murmelte Siobhan. »Falls es die Firma überhaupt gegeben hat.«
Rebus lächelte. »Bryce Callans Initialen?«
»Dann müsste der Laden doch BC heißen«, sagte Hood. Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: »BC, AD.«
»Kleiner Scherz. Von AD hat sich BC offenbar für die Zukunft viel versprochen.« Rebus rief sofort ein paar pensionierte Kollegen an und fragte sie nach Bryce Callan. Der Mann hatte seine »Firma« Ende '79 liquidiert. Einen Teil der Werte hatte der junge Morris Gerald Cafferty übernommen. Ursprünglich hatte Cafferty in den Sechzigern an der Westküste angefangen und für irgendwelche Kredithaie als Schläger gearbeitet. Dann war er eine Zeit lang in London gewesen, wo er sich einen Namen gemacht und das Geschäft von der Pike auf gelernt hatte.
»Diese Leute müssen alle eine Art Lehrzeit absolvieren, John«, hatte ein alter Kollege gesagt. »Und wenn sie für ihr Geschäft nicht clever genug sind, dann sperren wir sie halt ein… und bringen sie immer wieder in den Knast.«
Aber Cafferty hatte schnell und gründlich gelernt. Schon früh war er mit Bryce Callans Organisation verbandelt gewesen und hatte sich kurz darauf selbstständig gemacht. Ferner hatte er sich dadurch ausgezeichnet, dass er so gut wie keine Fehler beging.
Bis er es mit John Rebus zu tun bekam.
Und jetzt war er wieder aufgekreuzt, und sein alter Boss Bryce Callan war irgendwie in diesen Fall verwickelt. Wie das alles im Einzelnen zusammenhing, das wusste Rebus allerdings nicht.
Eins war jedenfalls klar: Ende '79 hatte Callan das Handtuch geworfen. Oder anders ausgedrückt: Er hatte sich ins Ausland abgesetzt – genau genommen in ein Land, mit dem Großbritannien keinen Auslieferungsvertrag abgeschlossen hatte. Aber hatte es ihm einfach gereicht? Oder hatte er sich die Finger verbrannt? Oder war ihm in Edinburgh das Pflaster wegen eines Verbrechens zu heiß geworden, das ihm noch gefährlich werden konnte?
»Ja, es kann nur Bryce Callan sein«, sagte Rebus. »Er muss es einfach sein.«
»Allerdings gibt es da noch ein klitzekleines Problem«, rief ihm Siobhan in Erinnerung.
Ja: Sie mussten diese Behauptung erst noch beweisen.
31
Den größten Teil des nächsten Tages verbrachten sie damit, die nachfolgenden Schritte gründlich vorzubereiten. Sie sichteten weitere Papiere und Aufzeichnungen und führten zwischendurch zahlreiche Telefonate. Rebus sprach am Telefon gut dreißig Minuten mit Pauline Carnett von der Schottischen Kripo und eine weitere Stunde mit einem pensionierten Hauptkommissar, der sich in den Siebzigerjahren vergeblich bemüht hatte, Bryce Callan das Handwerk zu legen. Pauline Carnett setzte sich
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