Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11
Watson hielt seinen Daumen und seinen Zeigefinger in die Luft. »Genau genommen zwei Geschichten. Was glauben Sie, gibt es zwischen beiden Fällen eine Verbindung?«
»Zwischen Grieve und dem Skelett?« Linford überlegte kurz und sah dann Rebus an, der sich gerade mit der Bügelfalte seines linken Hosenbeins beschäftigte. »Glaub ich nicht, Sir. Beziehungsweise nur, wenn Grieve von einem Gespenst umgebracht worden ist.«
Der Farmer hob den Zeigefinger. »Auf solche Sprüche ist die Presse ganz wild. Machen Sie hier bei mir so viele Witze, wie Sie wollen, aber bitte nicht draußen, verstanden.«
»Ja, Sir.« Linford gab sich zerknirscht.
»Und – haben Sie schon was herausgefunden?«
»Wir haben sofort mit den Angehörigen gesprochen«, antwortete Rebus. »Natürlich müssen wir sie noch intensiver befragen. Als Nächstes sollten wir uns mit der Wahlkampf-Mana-gerin des Verstorbenen unterhalten, danach vielleicht mit den Größen des Labour-Ortsverbands.«
»Hatte der Mann irgendwelche Feinde?«
»Nach Auskunft der Witwe nein, Sir«, erwiderte Linford rasch und neigte sich in seinem Sessel vor. Er wollte Rebus auf keinen Fall die Bühne überlassen. »Aber natürlich wissen Ehefrauen nicht immer alles.«
Der Farmer nickte. Sein Gesicht war noch stärker gerötet als sonst. Das hatte er nun davon.
»Freunde? Geschäftspartner?«
Linford nickte in demselben Rhythmus wie der Hauptkommissar. »Werden wir noch befragen.«
»Und was hat die Obduktion ergeben?«
»Schlag auf den Hinterkopf. Starke Hirnblutungen. Offenbar war er sofort tot. Danach noch zwei weitere Schläge mit Schädelfrakturen.«
»Die beiden letzten Schläge erst nach Eintritt des Todes?«
Linford sah Rebus fragend an. »Der Pathologe geht jedenfalls davon aus«, ließ Rebus sich vernehmen. »Die Schläge haben Grieve oben auf dem Kopf getroffen. Der Mann war ziemlich groß…«
»Einsvierundachtzig«, unterbrach ihn Linford.
»…, um Grieve einen solchen Schlag zu verpassen, hätte der Angreifer ein Riese sein müssen, oder aber er hat von oben zugeschlagen.«
»Oder Grieves war schon nicht mehr auf den Beinen, als ihn die Schläge getroffen haben«, sagte Watson und wischte sich mit dem Taschentuch über die Stirn. »Ja, klingt plausibel, finde ich. Wie zum Teufel ist er nur auf das Gelände gekommen?«
»Entweder ist er über den Zaun geklettert«, sagte Linford, »oder jemand hat einen Schlüssel gehabt. Jedenfalls ist das Tor nachts mit einem Vorhängeschloss abgesperrt – damit keine Werkzeuge und Maschinen geklaut werden und so weiter.«
»Außerdem gibt es einen Wachmann«, erklärte Rebus. »Der Mann sagt, er ist die ganze Nacht da gewesen und hat regelmäßig die Runde gemacht. Angeblich hat er niemanden gesehen.«
»Und – glauben Sie das?«
»Ich schätze, er hat in seiner warmen Loge gepennt. In dem Raum gibt es ein Radio, einen Teekessel und alle möglichen Annehmlichkeiten. Entweder das, oder er ist gleich nach Hause gegangen.«
»Aber er behauptet, dass er das Sommerhaus kontrolliert hat?«, fragte Watson.
»Er sagt, er glaubt, dass er sich dort umgesehen hat.« Linford zitierte den Mann wörtlich: »Ich leuchte immer mit der Taschenlampe durch das Fenster – für alle Fälle. Ich bin sicher, dass ich das auch in der Mordnacht getan habe.«
Der Hauptkommissar stützte sich mit den Ellbogen auf den Schreibtisch. »Und – nehmen Sie ihm das ab?« Er hatte nur Augen für Linford.
»Ich meine, wir sollten uns auf das Motiv konzentrieren, Sir. Haben wir es nur mit einer Zufallsbegegnung zu tun? Nach dem Motto: Parlamentskandidat möchte mitten in der Nacht seinen künftigen Arbeitsplatz besichtigen und läuft zufällig jemandem über den Weg, der ihn totschlägt?« Linford schüttelte zweifelnd den Kopf und sah Rebus an, der ihn wütend anstarrte, weil er eine Stunde zuvor fast wörtlich das Gleiche gesagt hatte.
»Da bin ich mir nicht so sicher«, sagte Watson. »Sagen wir mal, jemand war dort, um Werkzeug zu stehlen. Dann kommt Grieve daher, und sie ziehen ihm eins über.«
»Und als er dann am Boden liegt«, unterbrach ihn Rebus, »schlagen sie ihm für alle Fälle noch zweimal auf den Kopf?«
Watson brummte irgendwas und gab sich geschlagen. »Und die Mordwaffe?«
»Noch nicht gefunden, Sir«, sagte Linford. »Kein Problem, auf einer so großen Baustelle was zu verstecken. Aber unsere Beamten kümmern sich schon darum.«
»Jedes Bauunternehmen führt eine Inventarliste«, erklärte Rebus. »Damit nicht
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