Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11
Achseln. »Er spielt bei den Robinson Cru
soes mit – einer Popgruppe.« »Nie davon gehört.« »Fragen Sie mal Ihre jüngeren Kollegen.« »Oh, oh«, sagte Rebus gequält, und sie musste lächeln. »Allerdings ist Peter bei seiner Familie unten durch.« »Wieso – wegen seines Berufes?« »Oh nein. Deshalb nicht. Ich glaube, seine Großmutter ist
sogar stolz darauf, einen Popstar in der Familie zu haben.« »Und warum dann?«
»Na ja, er wohnt in Glasgow.« Sie hielt inne. »Haben Sie denn nicht mit den Angehörigen gesprochen?« – »Doch«, sagte er und nickte. »Dann hätte Hugh es eigentlich erwähnen müssen.«
»Mit Mr. Cordover habe ich allerdings noch nicht gesprochen. Wahrscheinlich managt er die Band, richtig?«
»Ja, natürlich. Mein Gott, muss ich Ihnen denn alles erzählen? Hugh hat etliche von diesen jungen Bands unter Vertrag – Vain Shadows, Change and Decay…« Sie lächelte, weil die Namen ihm nichts sagten.
»Da bleibt mir wohl keine andere Wahl, als mich an meine jüngeren Kollegen zu wenden«, sagte er, und sie musste lachen.
Er holte zwei Tassen Kaffee aus der Kantine. Der Burger lag ihm noch immer schwer im Magen, deshalb ging er in sein Büro und schluckte erst mal ein paar Rennies. Früher war so ein Essen für ihn nie ein Problem gewesen. Doch irgendwann hatte sein Verdauungstrakt angefangen zu streiken. Er schnappte sich sein Telefon und rief bei Lorna Grieve an. Gleichzeitig fiel ihm ein: Josephine Banks hatte Seona Grieve bisher noch mit keinem Wort erwähnt. Sie hatte die ganze Zeit nur von Billie Collins gesprochen, der ersten Mrs. Grieve. Bei den Cordovers meldete sich niemand. Er ging mit den beiden Tassen Kaffee zurück in das Besprechungszimmer. »Hier, bitte schön, Miss Banks.«
»Danke.« Er hatte den Eindruck, dass sie in seiner Abwesenheit nur reglos dagesessen hatte.
»Ich frage mich die ganze Zeit«, sagte sie, »wann Sie endlich zum Kern der Sache kommen. Bis jetzt haben Sie doch nur ständig um den heißen Brei herumgeredet.«
»Was soll denn das schon wieder heißen?« Rebus kramte wieder sein Notizbuch und einen Stift hervor und legte beides vor sich auf den Schreibtisch.
»Ja was wohl – die Geschichte mit Roddy und mir«, sagte sie und sah ihn durchdringend an. »Unsere Affäre. Können wir jetzt darüber sprechen?«
Rebus nahm seinen Schreiber und nickte nur.
»So ist das nun mal in der Politik.« Sie legte eine kurze Pause ein. »Na ja, eigentlich in allen Berufen. Zwei Leute arbeiten eng zusammen.« Sie nippte an ihrem Kaffee. »Politiker sind die größten Klatschmäuler, die man sich nur vorstellen kann. Vielleicht liegt das daran, dass mit ihrem Selbstbewusstsein irgendwas nicht stimmt. Über andere Leute herziehen, das ist ja so einfach.«
»Und – hatten Sie tatsächlich eine Affäre mit Roddy?«
Sie sah ihn lächelnd an. »Habe ich diesen Eindruck erweckt?« Sie machte eine halb entschuldigende Kopfbewegung. »Eigentlich hätte ich von der angeblichen Affäre sprechen sollen. Denn mehr war es nicht. Haben Sie nichts davon gewusst?«
Er schüttelte den Kopf.
»So viele Gespräche… und niemand hat…«
Sie richtete sich in ihrem Stuhl auf. »Na ja, vielleicht habe ich Sie auch falsch eingeschätzt.«
»Aber wir haben doch bisher mit kaum jemandem wirklich gesprochen.«
»Ich dachte, Sie hätten den Clan interviewt?«
»Sie meinen die Familie Grieve?«
»Ja.«
»Und – wussten die davon?«
»Jedenfalls Seona. Ich nehme mal an, sie hat es nicht für sich behalten.«
»Hat Mr. Grieve es ihr erzählt?«
Wieder lächelte sie. »Warum sollte er? Es hat ja ohnehin nicht gestimmt. Wenn einer Ihrer Kollegen etwas Unwahres über Sie verbreitet, würden Sie damit gleich zu Ihrer Frau rennen?«
»Und wie hat Mrs. Grieve dann davon erfahren?«
»Das Übliche. Irgendein anonymer Denunziant.«
»Ein Brief?«
»Ja.«
»Nur einer?«
»Da müssen Sie sie selbst fragen.« Sie stellte ihren Becher auf den Schreibtisch. »Sie würden zu gerne eine rauchen, stimmt's?«, sagte sie. Rebus sah sie verwundert an. Sie wies mit dem Kopf auf den Stift, an dem er die ganze Zeit herumknabberte. »Das machen Sie schon die ganze Zeit«, sagte sie. »Und es macht mich nervös.«
»Wieso das, Miss Banks?«
»Weil ich selbst unbedingt eine rauchen möchte.«
Auf dem Revier in der St. Leonard's Street durfte man nur hinten auf dem Parkplatz rauchen. Da sich jedoch Außenstehende dort nicht aufhalten durften, stand er jetzt mit Josephine Banks draußen
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