Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11
mit den Achseln. »Man hört so manches.«
»Dann sollten Sie mir eigentlich dankbar sein«, sagte Rebus.
»So ein wichtiger Fall könnte sich nämlich für Sie als durchaus karrierefördernd erweisen.« »Aber der Roddy-Grieve-Mord ist natürlich wichtiger.« Sie fixierte ihn.
»Los, sagen Sie schon, was Ihnen auf dem Herzen liegt«, sagte er. Aber sie schüttelte nur den Kopf. Er reichte Grant Hood den dritten Styroporbecher. »Nette alte Dame.«
»Grant hat eine Schwäche für reifere Frauen«, sagte Wylie.
»Ach, hör doch auf, Ellen.«
»Manchmal geht er sogar mit seinen Kumpels ins Marina
zum Oma-Abschleppen.« Rebus sah Hood an, der errötete. »Stimmt das, Grant?« Hood sah Wylie an und machte sich dann an seinem Tee zu
schaffen. Offenbar verstanden sich die zwei so gut, dass sie sogar über ihr Privatleben miteinander sprachen, ja sogar Witze darüber machten. »Na gut«, sagte Rebus, »kommen wir wieder zum Thema…« Er trat ein paar Schritte von dem Imbiss zurück, wo die Arbeiter sich für die Mittagspause mit Gebäck und Schokoladenriegeln eindeckten und gleichzeitig Ellen Wylie beäugten. Wylie und Hood trugen beide Schutzhelme, doch sie sahen irgendwie merkwürdig damit aus. Die Arbeiter in der Schlange wussten sofort, dass die zwei nur zu Besuch auf der Baustelle waren.
»Und – was haben wir bisher?«
»Skelly befindet sich augenblicklich in einem Speziallabor unten im Süden«, sagte Wylie. »Die Experten dort meinen, dass sie das Todesdatum noch genauer bestimmen können. Im Augenblick gehen wir davon aus, dass der Mann zwischen '79 und '81 gestorben ist.«
»Und wir wissen, dass 1979 hier gebaut worden ist«, fügte Hood hinzu. »Deshalb tippen wir auf 1979.«
»Und wieso das?«, wollte Rebus wissen.
»Weil man dort unten nicht so ohne weiteres eine Leiche verstecken kann. Im Übrigen war das Tiefgeschoss meist abgesperrt. Außerdem konnte natürlich nur jemand die Leiche hier deponieren, der von den Kaminen im Keller wusste. Wer immer es gewesen sein mag, jedenfalls wusste er, dass die Wandöffnungen wahrscheinlich während der nächsten hundert Jahre nicht wieder aufgemacht werden.«
Wylie nickte zustimmend. »Muss irgendwie mit den Bauarbeiten damals zusammenhängen.«
»Dann müssen wir also herausbekommen, welche Firmen den Umbau damals gemacht haben.« Die beiden jungen Beamten sahen sich an. »Ich weiß, das ist 'ne Riesenarbeit. Kann sein, dass viele der Firmen gar nicht mehr existieren, und die wenigsten von ihnen werden ihre alten Papiere so sorgfältig verwahren wie Miss Templewhite. Aber sonst haben wir ja nichts.«
»Ich glaube nicht, dass solche Dinge so genau dokumentiert werden«, sagte Wylie. »Viele Bauunternehmen stellen Mitarbeiter nur für ein konkretes Projekt ein, und hinterher entlassen sie sie wieder. Außerdem ziehen viele Bauarbeiter von Baustelle zu Baustelle, und natürlich wechseln manche auch die Branche.«
Rebus nickte. »Jedenfalls werden Sie ohne den guten Willen der Leute nicht viel erreichen.«
»Wie darf ich das verstehen, Sir?«, fragte Hood.
»Das heißt, dass Sie besonders nett und höflich sein müssen. Aber deshalb hab ich ja gerade Sie ausgewählt. Ein Bobby Hogan oder Joe Dickie – die platzen einfach bei den Leuten herein und fangen an zu fragen. Nur dass man unter solchen Umständen immer wieder die Erfahrung macht, dass die Leute plötzlich alles vergessen haben, was man wissen möchte. Also immer schön freundlich und entspannt.« Er sah Wylie an.
Durch das Tor, das sich hinter ihr befand, konnte er erkennen, dass der Baustellenleiter gerade aus der Pförtnerloge trat und seinen Helm wieder aufsetzte. Auch Linford kam mit dem Helm in der Hand heraus und hielt nach Rebus Ausschau. Dann sah er ihn und kam zu der kleinen Gruppe hinüber.
»Und – was hat der Mann gesagt?«, fragte Rebus.
»Ein paar Kleinigkeiten fehlen.« Linford wies mit dem Kopf Richtung Baustelle. »Und – haben unsere Leute schon was gefunden?« Zwei Polizeitrupps durchkämmten gerade das Gelände nach der Mordwaffe.
»Keine Ahnung«, sagte Rebus. »Die sind mir noch gar nicht aufgefallen.«
Linford sah ihn an. »Aber Zeit zum Teetrinken haben Sie?«
»Ich hab nur versucht, meine Mitarbeiter ein bisschen zu motivieren.«
Linford blickte ihn immer noch an. »In Ihren Augen ist offenbar alles, was wir hier machen, reine Zeitverschwendung, nicht wahr?«
»So ist es.«
»Und wieso, wenn ich fragen darf?« Er verschränkte die Arme.
»Weil wir so nicht
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