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Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11

Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11

Titel: Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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gedacht habe. Der Mann stand nun mal vor mir und wollte in  meiner  Filiale ein Konto eröffnen.«
    »Und – hatten Sie kein schlechtes Gewissen?«
    »Nein, damals nicht.«
    »Trotzdem haben Sie immer gewusst, dass irgendwann jemand aufkreuzt und mit Ihnen über Mr. Mackie sprechen möchte?«
    Wieder ein Achselzucken. »Ich will mich gar nicht herausreden, Miss Clarke. Aber ich nehme mal an, dass Sie wissen, woher das Geld stammt.«
    Clarke schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, Sir.«
    Samuels lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Und warum sind Sie dann hier?«
    »Mr. Mackie hat sich umgebracht, Sir. Er hat wie ein Obdachloser gelebt und sich von der North Bridge gestürzt. Ich versuche herauszufinden, warum.«
    Samuels konnte ihr also nicht weiterhelfen. Er hatte nur bei dieser einen Gelegenheit mit Mackie gesprochen. Als Clarke jetzt in die Stadt zurück und Richtung Grassmarket fuhr, dachte sie kurz darüber nach, was als Nächstes zu tun war. Sie hatte nur diese eine kümmerliche Spur, das war alles. Um mehr über Christopher Mackie und seine Motive herauszufinden, musste sie sich erst einmal Klarheit darüber verschaffen, mit  wem  sie es eigentlich zu tun hatte. Eine Suchmeldung hatte sie bereits durchgegeben. Doch Mackie war nirgends gemeldet und hatte auch keine Telefonnummer. Als sie schließlich am Grassmarket eintraf, war sie nicht weiter überrascht, dass es sich bei der angegebenen Adresse um ein Obdachlosenheim handelte.
    Der Grassmarket war eine eigene kleine Welt. In früheren Jahrhunderten hatte sich hier eine Richtstätte befunden, woran noch der Name einer Kneipe erinnerte: The Last Drop. Noch in den Siebzigerjahren hatte die Gegend vor allem Mittel-und Heimatlose angezogen. Doch dann wurde das Quartier saniert und avancierte allmählich zum In-Viertel. Kleine Spezialgeschäfte wurden eröffnet, die Lokale wurden aufgemöbelt, und selbst die Touristen wagten – wenn auch anfangs noch zögernd
    – den steilen Abstieg von der Victoria Street und der Candlemaker Row.
    Das Heim machte von seiner Existenz kein Aufhebens. Zwei schmuddelige Fenster und eine schwere Eingangstür – das war alles. Vor dem Haus drückten sich ein paar Männer herum. Einer bat sie um Feuer. Sie schüttelte nur den Kopf.
    »Dann hast du wahrscheinlich auch keine Kippen«, sagte er und setzte seine Unterhaltung mit seinem Kumpel fort.
    Clarke drehte den Türknopf, doch die Tür war verschlossen. An der Wand gab es eine Klingel. Sie läutete zweimal und wartete dann. Ein hagerer junger Mann riss die Tür auf, sah sie kurz an, trat ein paar Schritte zurück und sagte: »Was für eine Überraschung – die Polizei.« Dann ließ er sich wieder in einen Sessel fallen und starrte gebannt auf die Flimmerkiste. Der Raum war mit einigen ramponierten Sesseln bestückt, außerdem mit einer Holzbank und zwei Barhockern. Der Fernseher und ein niedriger Tisch komplettierten die Möblierung. Obwohl ein Blechaschenbecher auf dem Tisch stand, zogen es die meisten Gäste des Hauses offenbar vor, sich ihrer Zigarettenstummel auf dem Linoleumfußboden zu entledigen. In einem Sessel saß ein älterer Mann und schlief. Auf seinem Gesicht klebten kleine weiße Papierfetzen. Clarke wollte gerade die erste Frage stellen, als der Mensch, der sie hereingelassen hatte, ein Stück von einer alten Zeitung abriss, in den Mund steckte, darauf herumkaute und dann den alten Mann mit der klebrigen Masse bespuckte.
    »Ein Treffer im Gesicht bringt zwei Punkte«, erklärte er. »Der Bart oder das Haar nur einen.«
    »Und was ist Ihr bisheriger Rekord?«
    Er grinste und entblößte seine wenigen noch verbliebenen Zähne. »Fünfundachtzig.«
    Auf der anderen Seite des Raumes wurde jetzt eine Tür geöffnet. »Kann ich etwas für Sie tun?«
    Clarke ging zu der Frau hinüber und reichte ihr die Hand. Hinter ihr heulte der Spucker wie eine Sirene. »Ich bin Detective Clarke.«
    »Ja bitte?«
    »Kennen Sie einen Mann namens Christopher Mackie?«
    Ein zurückhaltender Blick. »Könnte sein. Was hat er getan?«
    »Ich fürchte, Mr. Mackie ist tot. Selbstmord, wie es aussieht.«
    Die Frau schloss kurz die Augen. »Ist er der Mann, der von der North Bridge gesprungen ist? In der Zeitung hab ich nur gelesen, dass es ein Obdachloser war.«
    »Dann haben Sie ihn also gekannt?«
    »Am besten, wir reden drüben im Laden weiter.«
    Die Frau hieß Rachel Drew und leitete das Heim bereits seit einem Dutzend Jahren.
    »Ist eigentlich kein richtiges Heim«, sagte sie,

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