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Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11

Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11

Titel: Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Café und trank einen Kaffee. Sie starrte in die Luft und überlegte, ob sie nicht am besten ihren Bericht verfassen und es dabei bewenden lassen sollte.
    Es gab mindestens ein halbes Dutzend Gründe, die eine solche Entscheidung nahe legten.
    Und ein paar hunderttausend andere, die dafür sprachen, die Sache weiterzuverfolgen.
    Als sie wieder in ihrem Büro am Schreibtisch saß, fand sie auf ihrem Anrufbeantworter mindestens ein Dutzend Nachrichten vor. Einige der Namen kannte sie: Lokalreporter, von denen manche bis zu dreimal angerufen hatten. Sie schloss die Augen und sprach ein Wort aus, für das ihre Großmutter ihr eine Ohrfeige verpasst hätte. Dann ging sie in die Cafeteria hinunter, weil sie wusste, dass dort die neueste Ausgabe der News auslag. Titelseite: DAS TRAGISCHE GEHEIMNIS EINES LUMPEN-MIL-LIONÄRS. Da die Zeitung kein Foto von Mackie hatte, hatte sie einfach eines abgedruckt, auf dem der Schauplatz seines Todessprungs zu sehen war. Sonst kaum etwas Substanzielles: bekanntes Gesicht in der Stadtmitte… Sechsstelliges Bankkonto… Die Polizei bemüht sich herauszufinden, wer »einen Anspruch auf das Geld anmelden könnte«.
    Siobhan Clarkes schlimmster Albtraum.
    Als sie wieder nach oben kam, läutete schon ihr Telefon. Hi-Ho Silvers kam ihr auf den Knien entgegengerutscht und streckte ihr flehend die Hände entgegen.
    »Ich bin sein Sohnemann«, sagte er. »Ich will einen DNS-Test, aber vor allem – her mit der Knete.«
    Die übrigen Beamten lachten. »Ist für di-hich«, sagte einer von ihnen und zeigte auf ihr Telefon. Klar: Inzwischen waren natürlich sämtliche Schwachköpfe und Glücksritter im ganzen Land alarmiert. Wählten einfach den Notruf oder meldeten sich in der Fettes Avenue. Und um die Plagegeister wieder los zu werden, rückten die Kollegen dann schon irgendwann damit heraus, dass die Dienststelle in der St. Leonard's Street die Ermittlungen führte.
    All diese Irren hatte Siobhan jetzt am Hals – ein Heer durchgeknallter Kindsköpfe.
    Sie machte auf dem Absatz kehrt und ignorierte einfach das Gejammer, das sie bis ins Treppenhaus verfolgte.
    Wieder rannte sie durch die Straßen und befragte weitere Obdachlose nach Mackie. Sie wusste, dass sie schnell sein musste. Schon bald würde jeder Zweite behaupten, ihn gekannt zu haben, mit ihm verwandt oder befreundet gewesen zu sein, ihn von der Brücke gestoßen zu haben. Die Obdachlosen wussten inzwischen, wer sie war. Sie nannten sie »Puppe« oder »Klatschbase«. Ein alter Mann hatte sie sogar mit dem Ehrentitel »Göttliche Jägerin Diana« begrüßt. Auch die jüngeren Bettler waren im Bilde. Nicht die Verkäufer der Obdachlosenzeitung, sondern die jämmerlichen Gestalten, die, in eine Decke gehüllt, in Hauseingängen hockten. Einmal hatte sie vor einem Platzregen in Thin's Bookshop Schutz gesucht, als einer von ihnen hereingekommen war. Er hatte seine Decke einfach weggeworfen und in sein Handy geschimpft, dass er noch immer auf sein verdammtes Taxi warte. Obwohl er sie gesehen und auch erkannt hatte, ließ er sich in seiner Tirade nicht unterbrechen.
    Unten am Anfang von The Mound war alles ruhig. Zwei junge Männer mit Pferdeschwanz. Neben ihnen lagen zwei Hunde und leckten sich, während sich die Besitzer eine Dose Bier teilten.
    »Kenn ich nicht, den Typ. Haste mal 'ne Fluppe?«
    Inzwischen hatte sie immer eine Packung bei sich, bot den beiden eine an und lächelte, als sie jeweils zwei nahmen. Dann war sie wieder The Mound hinaufgegangen. John Rebus hatte ihr mal erzählt: Der steile Hügel war aus Natursteinen aus der Neustadt aufgeschüttet worden. Dabei hatte ausgerechnet das Geschäft des Mannes weichen müssen, auf dessen Idee die ganze Anlage zurückging. John Rebus fand die Geschichte gar nicht witzig, allerdings sehr aufschlussreich.
    »Wieso aufschlussreich?«
    »Na ja, typisch schottisch halt«, hatte er nur entgegnet, ohne weiter auf ihre Frage einzugehen.
    Sie überlegte, ob er damit vielleicht das Unabhängigkeitsstreben, den selbstzerstörerischen Zug im Wesen der Schotten gemeint hatte. Jedenfalls war er nicht besonders angetan, wenn Siobhan sich – falls jemand einfach nicht locker ließ – für die Unabhängigkeit aussprach. In solchen Situationen machte er sich über sie lustig und sagte, dass sie in Wahrheit eine englische Spionin sei. »Man hat Sie doch nur hierher geschickt, damit Sie die Unabhängigkeitsbewegung untergraben.« Und dann nannte er sie eine typische »Zugereiste«. Sie wusste nie ganz

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