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Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
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akzeptierten, läßt sich an einer Vielzahl von Beispielen zeigen. Im Westen gehörte die bereits 1948 im Westteil Berlins gegründete, antikommunistische «Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit» (KgU) zu jenen nichtstaatlichen Organisationen, die sich die Beseitigung des kommunistischen Regimes in der SBZ/ DDR auch mittels Sabotage, Brandstiftung und Mordanschlägen zum Ziel gesetzt hatten und dafür von den USA finanziert wurden. 88 Aus Sicht der Sowjets und der SED war die KgU ohne Zweifel eine terroristische Organisation. Demgegenüber verstand sich die Gruppe selbst als antitotalitäre Befreiungsorganisation, die ihre Legitimation nicht zuletzt aus der Tatsache bezog, daß ihre Gründer bereits im Widerstand gegen den Nationalsozialismus gestanden hatten. In gleicher Weise sah es der US-Geheimdienst, in diesem Fall vor allem das CIC, das die «Kampfgruppe» zunächst führte. Auch der rechtsextreme «Bund deutscher Jugend» (BDJ) in Westdeutschland und eine Vielzahl ähnlicher Organisationen wurden von den USA finanziert und ausgebildet. Speziell der BDJ war bis zu seiner durch die Bundesrepublik erzwungenen Auflösung ein wichtiger Teil des über Westeuropa reichenden NATO-Netzwerks von Stay Behinä-G ruppen, das den Decknamen Gladio trug. Bis zum Ende des Kalten Krieges wurden unter diesem Dach weitere, vor allem aus dem rechtsextremen Spektrum rekrutierte Gruppen in insgesamt 16 europäischen Staaten geführt. Hinter den feindlichen Linien kamen sie zwar nicht zum Einsatz, weil der militärische Konflikt nicht eintrat, doch gingen Staatsanwälte nach dem Ende des Kalten Krieges davon aus, daß sich einzelne Mitglieder immer wieder aus den Waffenlagern bedient und noch bis in die achtziger Jahre Sprengstoffanschläge verübt hatten. 89 Auch in Mittel- und Südamerika, in Asien und Afrika unterhielten die USA solche Verbindungen zu klassischen Terrorgruppen, die hier ebenfalls als Freiheitskämpfer gegen den Kommunismus geführt wurden. 90 Schon vor 1991 wurde durch Enthüllungen, etwa im Rahmen der berüchtigten «Iran-Contra-Affäre», ansatzweise der tatsächliche Umfang des von den USA geförderten Terrorismus im Kalten Krieg erkennbar. Die erheblichen Folgewirkungen, vor allem aus der Unterstützung islamistischer Organisationen wie Al-Qaida (Die Basis), wurden jedoch erst nach dem Ende der Blockkonfrontation sichtbar. 91
    Die Sowjetunion und der Ostblock handelten spiegelbildlich. Im «antiimperialistischen Kampf» wurde eine Fülle von Gruppen unterstützt, die sich selbst als revolutionäre Avantgarde und als Freiheitskämpfer definierten, aber vom Westen als Terroristen angesehen wurden. Lenins Vorliebe für den verdeckten Kampf setzte sich während des Kalten Krieges unter anderem in der sowjetischen Spezialeinheit Speznaz fort, die auch für die weltweite Ausbildung marxistischer Kämpfer verantwortlich war. 92 Unter anderem bildeten sowjetische Spezialisten den berüchtigten Terroristen «Carlos» aus, der wiederum auch mit Mitgliedern der westdeutschen Rote-Armee-Fraktion zusammenarbeitete. Dennoch war die Hilfeleistung des Ostblocks und speziell der DDR an die bundesrepublikanische RAF und ihre «zweite Generation», die Bewegung 2. Juni, eine der größten Überraschungen in der Nachkriegszeit des Kalten Krieges. Für diese Gruppen, die sich in ihren vielen öffentlichen Erklärungen selbstverständlich auch als «antiimperialistische», vor allem auch «antizionistische» Befreiungsorganisationen definierten, war die DDR Durchreisestation, Ausbildungsstätte und sicherer Rückzugsraum. Ihren Mitgliedern ermöglichte die SED, über den Flughafen Schönefeld unerkannt ein-und auszureisen, und es spricht tatsächlich einiges dafür, daß vor dem Anschlag auf den amerikanischen General Frederick Kroesen 1981 die Attentäter in der DDR im Gebrauch von Panzerfäusten ausgebildet wurden. 93 1979 durften zehn Aussteiger - unter ihnen die an diversen Anschlägen beteiligten Mitglieder der «ersten Generation» der «Stadtguerilla», Silke Meier-Witt, Susanne Albrecht, Inge Viett und Werner Lotze - mit Hilfe der Behörden in der DDR untertauchen. Die politische Sympathie war gegenseitig: Ausdrücklich hat insbesondere Inge Viett in ihren «Erinnerungen» ihre ideologische Verbundenheit mit dem ostdeutschen Staat unterstrichen 94
    Wie das schlichte bipolare Grundmuster des Kalten Krieges Gruppierungen gleichsam von selbst eher der einen oder anderen Seite zugehörig erklärte und logistische Unterstützung

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