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Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
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Mandatsgebiet gewesen und bildete eine zentrale Stütze westlicher Energieversorgung. Die Angloamerikaner hatten das Land 1955 in den Bagdad-Pakt aufgenommen und damit in eine sehr enge Bindung zur NATO geführt. Diese positiven Beziehungen zum Westen waren mit der Irakischen Revolution 1958 abrupt abgebrochen. Die Revolution, hinter der in Ägypten eine Gruppe von «Freien Offizieren» stand, fegte die prowestliche Monarchie hinweg und ersetzte sie durch eine prosowjetische unter General Abd al-Karim Kasim (Kassem). Unmittelbar danach war der mit den Briten geschlossene Vertrag über die Nutzung des Luftwaffenstützpunkts Hawr al Habbänlyah ebenso gekündigt wie das amerikanische Militärhilfeabkommen. Ein Jahr später beendete Kasim auch die irakische Mitgliedschaft im Bagdad-Pakt und trat 1961 der Blockfreienbewegung bei. 57 Wie im Fall Ägyptens ersetzten die Sowjets auch im Irak die stornierten westlichen Hilfsprogramme. Erst 1972 wurde allerdings der offizielle Freundschaftsvertrag mit der Sowjetunion unterzeichnet.
    Der Wechsel von der angloamerilcanischen zur sowjetischen Kontrolle über die irakischen Ölfelder war relativ glimpflich verlaufen. Zum ernsthaften politischen Konflikt kam es erst, als Kasim 1961 auch Anspruch auf das benachbarte ölreiche Scheichtum Kuwait erhob. Die Reaktion des Westens war diesmal angesichts der Drohung, das zweite wichtige Fördergebiet am Persischen Golf zu verlieren, wesentlich aktiver. Großbritannien gab nicht nur eine militärische Bestandsgarantie, sondern schickte sogar Truppen. Wenig später wurden diese zwar durch Einheiten der Arabischen Liga ersetzt. Die angloamerikanische Position jedoch war unmißverständlich. Langfristig betrachtet, waren hier die Anfänge des Konflikts zwischen dem Westen und dem Irak zu finden, der schließlich seinen Höhepunkt in der Endphase des Kalten Krieges mit der irakischen Besetzung Kuwaits und dem anschließenden militärischen Eingreifen der Angloamerikaner im Zweiten Golf-lcrieg 1990 erreichte.
    Während sich seit Ende der fünfziger Jahre damit ein deutlicher Gegensatz zwischen den vom Westen und den von der Sowjetunion unterstützten Ölstaaten herauskristallisierte und sich damit die Fronten des Kalten Krieges auch in den Ölfördergebieten widerspiegelten, gelang es auf einer anderen Ebene, zumindest die eigenen wirtschaftspolitischen Interessen der ölproduzierenden Staaten in der Dritten Welt blockübergreifend zu organisieren. Im September 1960 wurde während einer Konferenz in Bagdad eine «Organisation der erdölexportierenden Staaten» (OPEC) gegründet, die deren gemeinsame Interessen vertreten sollte. Der eigentliche Anstoß kam wiederum von außen. In den Jahren 1959/60 hatten westliche Ölgesellschaften massiv versucht, den bereits 1956 tief gefallenen Rohölpreis erneut drastisch zu senken. Angesichts der politischen Konstellationen am Persischen Golf war der Zeitpunkt dafür nicht ungünstig gewählt. Trotzdem gelang es den politisch zutiefst zerstrittenen und teils sogar verfeindeten Golfstaaten Iran, Irak, Kuwait und Saudi-Arabien, sich zu einigen. Schließlich traten auch das südamerikanische Venezuela sowie Indonesien, Libyen, Algerien, die Arabischen Emirate, Katar, Gabun, Ecuador und Nigeria der OPEC bei. Erster Sitz wurde Genf.
    Die OPEC war niemals in sich geschlossen. Dies zeigte sich 1968 zum ersten Mal auch nach außen, als die arabischen Erdölexportstaaten eine separate Organisation gründeten, die OAPEC. An der Zerstrittenheit der Ölstaaten scheiterte auch der erste Versuch, Erdöl als politische Waffe im Kalten Krieg einzusetzen. Die Forderung war erstmals nach der für die arabische Welt traumatischen Niederlage im Sechstagelcrieg 1967 aufgekommen. Ägyptens Staatschef Nasser glaubte, daß die Niederlage vor allem darauf zurückzuführen gewesen sei, daß die USA und Großbritannien sich nicht nur als Waffenlieferanten auf israelischer Seite beteiligt, sondern sogar aktiv in die Kämpfe eingegriffen hätten. Besonders hartnäckig in der Forderung, das für den Westen lebenswichtige Erdöl als Waffe der Dritten Welt zu nutzen, zeigte sich ein politischer Neuling; der damals erst 28jährige Moamar al-Gaddhafi. Er hatte im Dezember 1969 nicht nur die prowestliche libysche Monarchie beseitigt, sondern war unmittelbar danach auf einen politischen Konfrontationskurs zum Westen gegangen, der gezielt die Fronten des Kalten Krieges zu nutzen versuchte. In Libyen waren zu diesem Zeitpunkt vor allem

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