Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters
Zusammen schuf dies zumindest einen wesentlichen Teil der materiellen Grundlage für den nach dem Kalten Krieg beginnenden Kampf der fundamentalistischen Gruppen gegen den Westen.
Reagan und die konservative Wende in den USA
Der gescheiterte demokratische Entspannungspolitiker Carter öffnete nicht nur den Weg für den republikanischen Hardliner Ronald Reagan, sondern auch für eine Renaissance der Politik der Stärke. Reagan selbst hat den Rückgriff auf die fünfziger Jahre und die Liberation Policy immer wieder ausdrücklich betont. Am direktesten 1983, als er einem der zentralen Theoretiker der Befreiungspolitik aus der Frühzeit des Kalten Krieges, James Burn-ham, die höchste zivile Auszeichnung der USA, die Medal of Freedom, verlieh. Deutlich sah man seine geistige Verwandtschaft mit John Foster Dulles. Dessen quasi-religiöse Deutung des Kalten Krieges fand sich kontinuierlich auch in Reagans öffentlichen Äußerungen, etwa in seiner berühmten Orlando-Rede am 8. März 1983. Die sogenannte «Reagan-Doktrin» brachte in einer fast auf den Tag genau drei Jahre später gehaltenen Ansprache im US-Kon-greß zu Problemen der regionalen Sicherheit die Politik der Stärke noch einmal öffentlich auf den Punkt. «Zuerst müssen wir der arroganten sowjetischen Anmaßung, die als Breschnew-Doktrin bekannt ist, gegenübertreten: der Behauptung, daß sowjetische Gewinne unumkehrbar sind [...]. Der zunehmende Reiz von Demokratie, der Wunsch aller Nationen nach wirklicher Unabhängigkeit, sind die hoffnungsvolle Basis für eine neue Welt von Frieden und Sicherheit in das nächste Jahrhundert hinein. [...] Um diese Ziele zu fördern, besitzt Amerika eine Reihe von außenpolitischen Werkzeugen. Unsere Einmischung sollte immer klug und realistisch sein, aber wir sollten im Auge behalten, daß unsere Werkzeuge am besten arbeiten, wenn sie in einer kohärenten Strategie zusammengefaßt und konsistent angewendet werden. [...] Die zwei Werkzeuge der amerikanischen Politik, ohne die wenige amerikanische Interessen sicher sein werden, sind unsere eigene militärische Stärke und die Vitalität unserer Wirtschaft.» 11
Zu einer deutlichen Herausforderung der Sowjetunion wurde bereits Reagans Ankündigung im Jahr 1983, ein amerikanisches Raketenabwehrsystem aufzubauen, die sogenannte Strategische Verteidigungsinitiative (SDI). Der Vorschlag stammte wahrscheinlich von Edward Teller, einem der «Väter» der amerikanischen H-Bombe. SDI setzte, soweit man das heute beurteilen kann, den Ostblock nicht nur deswegen unter erheblichen Zugzwang, weil damit alle eigenen strategischen Systeme schlagartig politischmilitärisch nutzlos geworden wären. Darüber hinaus erkannte man auch in Moskau rasch, daß eine Antwort auf diese wirt-schaftlich-technische Herausforderung erneut einen scharfen I inschnitt in die ohnehin angespannten Lebensumstände der Sowjetbürger bedeuten würde.
Nicht nur in Afghanistan, sondern auch in anderen Ländern der Dritten Welt setzten die USA unter Reagan zur Offensive an. Den erfolgreichen Einsatz der an die Mudschaheddin gelieferten Sringer-Luftabwehrraketen ließ sich Reagan auf Videofilmen im Weißen Haus vorführen. Treibende Kraft hinter dem Versuch, den Islam als antisowjetische Waffe stärker als bisher in den Kalten Krieg einzubinden, war aber auch der 1981 tätige CIA-Direktor William Casey. Casey traf sich noch im selben Jahr regelmäßig mit dem Chef des pakistanischen Geheimdienstes ISI, General Akhtar, um sich über die militärischen Bedürfnisse der afghanischen Guerillas zu informieren, aber auch um sicherzugehen, daß die nun anrollende Materialflut aus dem Westen über die «Afghanische Pipeline» die Mudschaheddin auch erreichen werde. Man geht davon aus, daß allein von 1983 bis 1987 die jährliche Menge der Waffenlieferungen für den antisowjetischen Dschihad von etwa 1000 Tonnen auf 65 000 Tonnen anstieg. 12 Allein der pakistanische Geheimdienst erhielt in dieser Zeit monatlich rund
1,5 Millionen US-Dollar, um die Verteilung zu überwachen. Schätzungen gehen davon aus, daß pro Jahr rund fünf Milliarden US-Dollar eingesetzt wurden, um den Guerillakrieg aufrechtzuerhallen. Daß diese Gelder, wie während des Vietnamkriegs, auch aus Schwarzen Fonds und Drogengeschäften stammten, war damals ein offenes Geheimnis.
Unter dem Aspekt der Konfliktlinien des Kalten Krieges war die amerikanische Offensivpolitik in Afghanistan erfolgreich. Trotz erheblicher Summen, die auch die Sowjetunion Jahr
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