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Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
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West-Aserbaidschan zu demonstrieren. Unter anderen Vorzeichen wiederholte sich hier die Situation der Jahre 1945/46, als Stalin versucht hatte, über die kommunistischen Parteien die Autonomie der aserbaidschanischen Gebiete im Iran zu erzwingen.
    Zum anderen wurde der bisher als politisch vertrauenswürdig erachtete Umschlagplatz für den antisowjetischen Krieg in Afghanistan, das Nachbarland Pakistan, nun zum selbständigen Akteur im Export der islamischen, antisowjetischen und antiwestlichen Revolution. Über den militärischen Geheimdienst ISI, der zuvor die Verteilung der amerikanischen Hilfe in Afghanistan organisiert hatte, flössen nun Waffen und finanzielle Hilfen in die islamische Sowjetrepublik Usbekistan, das nördlich an Afghanistan grenzte. Von hier aus erreichten sie weitere islamische Republiken wie Tadschikistan, Kirgisistan, Turkmenistan oder Tschetschenien. 15 Den im letzten Jahr des Kalten Krieges 1991 begonnenen Tschetschenien-Konflikt, der wie in Afghanistan vor allem als Guerillakrieg gegen die sowjetischen (russischen) Truppen geführt wurde, zeichneten vor allem auch seine großangelegten Terroranschläge auf öffentliche Einrichtungen aus. Bis in den im selben Jahr entstehenden Jugoslawienkonflikt zog sich schließlich die Spur des Geldes, das zunächst als westliche Unterstützung im Kalten Krieg an den antisowjetischen Widerstand in Afghanistan geflossen war. Unter anderem erhielt die islamische Befreiungsarmee im Kosovo (U(JK) diese Hilfe. Über Pakistan wurde aber auch die Unterstützung für islamistische Gruppen in Süd- und Südostasien, in Malaysia und Indonesien organisiert, die ihrerseits nach dem Ende des Kalten Krieges einen Dschihäd begannen und Bombenanschläge auf öffentliche Einrichtungen und Touristenzentren verübten. Nicht zuletzt wurde Pakistan nun auch eine der zentralen Ausbildungsstätten für islamistische Gruppen. Fast alle einschlägigen islamistischen Einzeltäter und Gruppen gingen nach dem Kalten Krieg durch Ausbildungslager in Pakistan. Über diese staatlich geförderte Unterstützung des Dschihäd hinaus wurde es der pakistanischen Regierung um Staatschef Mohammed Zia ul-Haq durch die enormen Summen, die im Laufe des Afghanistan-Krieges ins Land geflossen waren, nun eben auch ermöglicht, für den Dauerkonflikt mit Indien weiter aufzurüsten. Im vorletzten Jahr des Kalten Krieges glitt 1990 das seit 1947 umkämpfte Kaschmir in einen Bürgerkrieg, als Pakistan zum ersten Mal Mudschaheddin aus dem Krieg gegen die Sowjetunion in den Kampf gegen indische Truppen schickte und zeitweilig auch selbst militärisch eingriff. Erhebliche weitere Summen aus der westlichen Unterstützung flössen zudem in den seit 1972 laufenden Versuch, das Land zur Atommacht aufzurüsten.
    Nicht zuletzt hatte die finanzielle Unterstützung des antisowjetischen Widerstands in Afghanistan auch für die anderen Geldgeber gravierende Folgen. Neben den USA, die sich im Inland vor allem im Zusammenhang mit den Anschlägen auf das World Trade Center in New York in den Jahren 1993 und 2001 mit dem globalen Krieg islamistischer Gruppen konfrontiert sahen, erwies sich für Saudi-Arabien die Unterstützung des islamistischen Widerstands in Afghanistan in Zusammenarbeit mit den Amerikanern als langfristiges politisches Problem. Der aus Saudi-Arabien stammende, zunächst erfolgreich mit den USA zusammenarbeitende Bauunternehmersohn Osama bin Laden, der auf seiten der Mudschaheddin an den Kämpfen in Afghanistan teilgenommen und wahrscheinlich auch Kontakte zu amerikanischen Militärberatern unterhalten hatte, entwickelte während dieses Konflikts seinen glühenden Haß auf die Vereinigten Staaten und den Westen. Wann dieser Bruch eintrat, seit wann er sich in einem «Dritten Weltkrieg» mit dem Westen sah, 16 ist nicht mehr genau zu datieren, ebensowenig die genauen damaligen Gründe. Aus islamistischer Sicht brauchte man dafür allerdings nicht lange zu suchen: Einmischung in innere arabische Angelegenheiten, Unterstützung Israels und natürlich die religiöse Frage. Kurz vor dem Abzug der Sowjets aus Afghanistan gründete bin Laden 1988 das Netzwerk Al-Qaida, das nach dem Ende des Kalten Krieges mit großangelegten Anschlägen gegen westliche Einrichtungen auf sich aufmerksam machte.
Die Rückkehr der Konfrontation nach Europa
    Während an den Peripherien des Kalten Krieges kontinuierlich die militärischen Konflikte geführt worden waren, lebte Europa seit dem Mauerbau 1961 in einer Phase

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