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Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
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außerparlamentarischen Interessen- und Oppositionsgruppen im Westen deutlich gesteigert hatte. Hunderte von «Neuen Sozialen Bewegungen» entstanden, Bürgerinitiativen der Ökologie-, der Frauen- und eben auch der Friedensbewegung. Sie knüpften an Probleme an, die von den etablierten Parteien aus verschiedenen Gründen nicht oder nur unzureichend aufgenommen wurden. Mitte der siebziger Jahre existierten allein in der Bundesrepublik bis zu 20 000 Bürgerinitiativen und «grün-bunte» Initiativgruppen. Auch die Partei der Grünen kam 1978 aus diesem Kreis. Ihr Erfolg bei der Europawahl 1979 war zu einem großen Teil auf den Pazifismus und den Kampf gegen die «Nachrüstung» zurückzuführen, wenngleich in ihr die Atomkraft- und die Ökologie weitere wichtige Themen waren. Der politische Durchbruch kam dann mit dem Bundestagstagswahlkampf 1983, der zentral mit den Themen des Kalten Krieges geführt wurde. Bezeichnenderweise blieb der Erfolg für Die Grünen am Ende des Kalten Krieges dann zunächst aus. Während der ersten gesamtdeutschen Wahlen 1990 fiel der westdeutsche Teil der mit dem ostdeutschen Bündnis 90 fusionierten, nun gesamtdeutschen Partei unter die Fünf-Prozent-Marke und konnte nur dank der Sonderkonditionen, die man für die Ostdeutschen vereinbart hatte, in den Bundestag einziehen.
    Nicht nur in den westeuropäischen Bündnisstaaten der USA, sondern auch in den Vereinigten Staaten selbst wuchs der Widerstand gegen den Kalten Krieg. Die sogenannte «Freeze-Bewegung» war nicht zuletzt ein Reflex auf die sich ebenso in den USA abzeichnende Müdigkeit angesichts der ständigen Bedrohung durch die atomare Vernichtung. Auch in den USA ging die Zahl derjenigen, die weitere Runden im Rüstungswettlauf befürworteten, seit Reagans Amtsantritt 1981 beständig zurück. Hatten 1980 noch 56 Prozent eine weitere Rüstung befürwortet, so waren es Ende 1981 nur noch 14 Prozent. 30 Reagan trug diesem Protest in seinem Wahlkampf dann tatsächlich Rechnung, als er am 16. Januar 1984 in der bereits angesprochenen Fernsehansprache erklärte, die Meinungsverschiedenheiten mit der UdSSR seien zwar nach wie vor erheblich, aber die US-Rüstung sei mittlerweile ausreichend, um mit den Sowjets zu verhandeln. 31 Dieser Schritt war auch deswegen beachtlich, weil kurz zuvor die Sowjets die Genfer Rüstungskontrollverhandlungen verlassen hatten. 1985 wurde der Haushalt des Pentagon tatsächlich nicht weiter erhöht. Er war allerdings bereits doppelt so groß wie 1980. Wirkliche Rüstungsbegrenzungen wurden in den USA aber erst auf Druck des Kongresses durchgesetzt, der im Sommer 1986 den Präsidenten verpflichtete, Rüstungskontrollen im Bereich der Anti-Satelliten-Waffen, der chemischen Waffen, der Kernwaffen sowie der SALT-Il-Obergrenzen einzuführen. Reagan wurde auf diese Weise durch die amerikanische Öffentlichkeit gezwungen, seinen Willen zur Verständigung unter Beweis zu stellen. Der Kalte Krieg war im Westen lange Zeit von der Öffentlichkeit mitgetragen worden, jetzt drang sie darauf, ihn zu beenden.
    Dies galt tendenziell auch für den Ostblock. Neu an der Friedensbewegung in der Schlußphase des Kalten Krieges war deswegen auch, daß sie sich anders als in den fünfziger Jahren nicht mehr allein auf den Westen beschränkte, wenngleich sie sich in den kommunistischen Staaten unter gänzlich anderen Voraussetzungen und in viel kleinerem Umfang entwickelte. Da sich hier die Staatsparteien traditionell selbst als Friedensbewegung verstanden und ihre Kundgebungen von Anfang an konsequent unter das Leitmotiv «Frieden» stellten, war die Entwicklung einer nichtoffiziellen Friedensbewegung nicht nur ein absolutes Novum, sondern unter den Bedingungen des Kalten Krieges auch

    eine Bedrohung. In der DDR entstanden diese Gruppen vor allem innerhalb oder zumindest im Kontakt mit den Kirchen. Ausgangspunkt waren vor allem Themen, die in der offiziellen Wahrnehmung unerwünscht waren. Neben dem nichtoffiziellen Engagement für Abrüstung und Frieden gehörte dazu der Einsatz für Umweltschutz und Menschenrechte. Im letzten Drittel des Jahrzehnts wurden sie auch hier zu einer breiteren Bewegung. In den achtziger Jahren waren bis zu 500 solcher zum Teil untereinander vernetzten Gruppen bekannt, die etwa 10 000 Aktive, insgesamt aber bis zu 100 000 Personen umfaßten. 32
    Der Boom von Friedensgruppen hatte in der DDR 1978 eingesetzt. Äußerer Anlaß war das Bekanntwerden des SED-Plans, die «Sozialistische Wehrerziehung» als

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