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Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
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Republiken Feldzüge. Trotz größter Brutalitäten konnte Belgrad aber den Zerfall des Landes in autonome Staaten nicht mehr verhindern. «Rest-Jugoslawien» bestand seit April 1992 nur noch aus Serbien und Montenegro. Insgesamt bot auch der «Fall Jugoslawien» vor allem Anschauungsmaterial für jene internationalen Konflikte, die der Kalte Krieg unter dem Deckel gehalten hatte, weil der Systemkonflikt einheitliche Fronten erforderte, unter denen die traditionellen Rivalitäten zurücktreten sollten. Er zeigte aber auch die Hilflosigkeit der internationalen Staatengemeinschaft - einschließlich der Vereinten Nationen -, solche Konflikte zu verhindern oder gar zu lösen.
    Die heftigste Gegenwehr gegen das aus Moskau kommende «Neue Denken» leisteten aber die Kommunisten in China. Seit Frühjahr 1989 waren die aktuellen Probleme des Landes insbesondere unter Studenten verstärkt diskutiert worden. Der Tod des früheren Generalsekretärs Hu Yao-bang am 22. April wurde dann zum politischen Fanal. 16 Auf einer inoffiziellen studentischen Trauerfeier wurde er zum Vorkämpfer der Demokratisierung Chinas erklärt. Wenig später befanden sich rund 100 000 Studenten im Vorlesungsstreik. Die Gründung eines Unabhängigen Studentenverbands und Forderungen nach Glasnost und Perestroika ließen auch die Pekinger Führung das Schlimmste befürchten. Als sich die Situation im Mai 1989 aufgrund eines Hungerstreiks auf dem Platz des Himmlischen Friedens (Tiananmen) verschärfte, griff die Pekinger Führung zum Äußersten. In der Nacht vom 3. zum 4. Juni 1989 schoß die Armee die Studenten- und Arbeiterdemonstration für Demokratie und Bürgerrechte als «Konterrevolution» zusammen. Die Zahl der Toten und Verletzten wurde nicht bekannt, ebensowenig die Zahl der Verhaftungen und Hinrichtungen. Das Rote Kreuz in Peking ging im Anschluß von rund 2600 Toten aus. 17 Es folgten großangelegte Repressalien gegen die Reformbewegung.
Die Vereinigung Deutschlands
    Der Zusammenbruch der DDR seit November 1989 und ihr Beitritt zur Bundesrepublik 1990 bildeten in der Gesamtgeschichte des Kalten Krieges eine Besonderheit: Nichts hatte den Kalten Krieg mehr symbolisiert als die deutsche Teilung und die militärisch gesicherte Grenze quer durch Deutschland. Nirgends sonst trat ein Angehöriger des Ostblocks einem Mitglied der westlichen Organisationen bei. Und so selbstverständlich, wie dies im Rückblick möglicherweise scheint, war es gerade nicht. Eine «chinesische Lösung» stand im Sommer 1989 zumindest als Drohung im Raum. Die Kampagnen der SED um Erich Honecker sprachen im Juni
    1989 eine eindeutige Sprache. Dennoch unterschrieben in der DDR Tausende eine in den Kirchen kursierende Resolution gegen das Massaker in Peking.
    Die Hoffnung auf Perestroika war in der DDR weitverbreitet. Genauso allerdings die Vorstellung, daß Honecker keine grundlegende Änderung zulassen werde. 18 Manche fühlten sich an Albanien oder gar Rumänien erinnert. Eine direkte Folge dieser Wahrnehmung war die Ausreisewelle, die seit 1988 sprunghaft anstieg. Die Zahl der Anträge erreichte nach Schätzungen der Kirchen in diesem Jahr ungefähr 250 000 und lag damit um das Dreifache höher als zu Beginn der achtziger Jahre. 19 Als Ungarn seit Mai 1989 einseitig die «Grenzsicherungsgemeinschaft» des Ostblocks aufkündigte und seine Grenzbefestigungen abbaute, liefen DDR-Bürger in ihrem Urlaub in Ungarn zu Tausenden über die Grenze nach Österreich. In Prag und Warschau stürmten Ostdeutsche auf die Grundstücke der westdeutschen Vertretungen, um ihre Ausreise zu erzwingen. Auch sie durften schließlich in den Westen. Als ihre Sonderzüge durch die DDR fuhren, nutzten Tausende diese Nacht vom 4. auf den 5. Oktober 1989, um auf dem Bahnhof Dresden für ihre Ausreise zu demonstrieren. Rund 3000 Menschen stürmten schließlich zu den Gleisen und lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei, die manche an den Aufstand vom 17. Juni 1953 erinnerten.
    Die DDR-Führung wehrte sich zunächst mit den bewährten Mitteln. Der Druck auf bekannte Dissidenten nahm beständig zu. Zeitschriften, die über die Reformen berichteten, wurden - wie der sowjetische Sputnik im November 1988 - verboten. Die Grundlinie hatte SED-Chefideologe Kurt Hager bereits 1987 in einem Interview mit dem westdeutschen Magazin Stern deutlich gemacht: «Würden Sie, wenn Ihr Nachbar seine Wohnung neu tapeziert, sich verpflichtet fühlen, Ihre Wohnung ebenfalls neu zu tapezieren?» 20 Gorbatschow

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