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Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
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1989 in einem blutigen Aufstand und in harten Kämpfen mit der rumänischen Staatssicherheit, der berüchtigten Securitate, gestürzt. 13 Die Revolution begann mit blutigen Demonstrationen in der Stadt Timisoara (Temesvar), mitten im seit Jahrzehnten unterdrückten ungarischen Landesteil. Hier wandelte sich im Laufe des 16. Dezember 1989 eine Kundgebung für den regimekritischen Geistlichen Läszlö Tökes, der im Juli 1989 im rumänischen Fernsehen die alltäglichen Menschenrechtsverletzungen angeprangert hatte, zu allgemeinen Demonstrationen gegen den Despoten in Bukarest. Nachdem Tökes in der Nacht von der Securitate abgeholt worden war, begann der Aufstand, der rasch auf weitere Städte Übergriff. In Rumänien verlief von nun an alles anders als in den Nachbarländern: Als Ceau§escu am 17. Dezember intern den Rücktritt anbot, wurde dies von den anderen Mitgliedern seiner Regierung abgelehnt. Die Armee, die sich in anderen Ländern auffallend zurückhielt, schoß hier gezielt auf Demonstranten. Es gab Hunderte, möglicherweise Tausende Tote. Am 22. Dezember stürmten aufgebrachte Demonstranten, die zu Tausenden aus den Industriebetrieben am Stadtrand in die Innenstadt von Bukarest gezogen waren, das Gebäude des Zentralkomitees, während Ceau§escu sich im letzten Moment mit einem Hubschrauber retten konnte. Als einziger Machthaber im Ostblock wurde er schließlich nach einem Schnellgerichtsverfahren, das wahrscheinlich am 25. Dezember 1989 stattfand, erschossen.
    Der blutigen Revolution waren auch hier persönliche Versuche Gorbatschows vorausgegangen, Reformen in Rumänien voranzubringen. Ceau§escu hatte dies rundweg abgelehnt. Es gilt als wahrscheinlich, daß die innerparteiliche Opposition unter Ion Iliescu bereits im Oktober 1989 mit Billigung Moskaus den Sturz des Diktators plante. Iliescu galt nicht nur als Verfechter der Perestroika, sondern er kannte Gorbatschow schon aus gemeinsamen Studienjahren. Er war es dann auch, der am 26. Dezember 1989 zum Nachfolger Ceau§escus bestellt wurde und nach den Wahlen vom
    20. Mai 1990 das Amt des ersten freigewählten rumänischen Staatspräsidenten antrat.
    Auch in Albanien sperrte man sich zunächst gegen jegliche Reform. Seit 1946 war Enver Hoxha Staatsoberhaupt und galt als einer der konsequentesten Stalinisten, der sich bereits der Entstali-nisierung durch weitgehende Abschottung entzogen hatte. Der eigentliche albanisch-sowjetische Konflikt hatte sich dann parallel zum chinesisch-sowjetischen Streit entwickelt und auch inhaltlich deutliche Parallelen gezeigt. Zum Eklat wurde die Moskauer Weltkonferenz am 16. November 1960, in deren Verlauf Hoxha demonstrativ den vom sowjetischen Standpunkt abweichenden chinesischen Vorstellungen gefolgt war. Auf dem XXII. Parteikongreß der KPdSU im Oktober 1961 hatte dann Chruschtschow klargestellt, daß er Albanien nicht mehr als Teil des sozialistischen
    Lagers betrachte. 14 In den folgenden Jahrzehnten war China dann anstelle Moskaus mit Hilfen eingesprungen. Nach Hoxhas Tod 1985 führte sein Nachfolger Ramiz Alia den Kampf gegen Moskau und die «Revisionisten» zunächst fort. Alia beharrte insbesondere darauf, daß Gorbatschows Reformen nicht auf Albanien anwendbar seien. Unbeeindruckt davon zeigten sich allerdings vor allem die Studenten, deren Demonstrationen 1989 in der Stadt Shkoder zur Verhängung des Ausnahmezustands führten. Die leichten Korrekturen am etatistischen Wirtschaftssystem bewirkten auch hier wenig. Erst Befürchtungen, in Albanien könnte sich eine Revolution wie in Rumänien wiederholen, führten ab Mitte des folgenden Jahres zu erst langsamen, dann stürmischen Veränderungen: Im Mai 1989 wurde das 1967 abgeschaffte Justizministerium wieder eingerichtet, die Religionsausübung erlaubt und die Verhängung der Todesstrafe beschränkt.
    Der Druck aus der Bevölkerung, die dringend auf Veränderungen hoffte, wurde dadurch nicht geringer. Als es während einer Demonstration in der Hauptstadt Tirana im Juli 1990 zu Schießereien kam, flohen erstmals 5000 Menschen in westliche Botschaften, um das Land zu verlassen. Es gelang ihnen, ihre Ausreise durchzusetzen. Bilder von Flüchtlingen, die schließlich auf allen möglichen Wegen versuchten, aus Albanien zu entkommen, bestimmten von nun an die Nachrichten. Im Dezember 1990 begann dann die große Wandlung: Die Regierung Alia gab dem Druck nach und erlaubte den Aufbau von Parteien und Organisationen. Die im Februar 1991 entstandene erste

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