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Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
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einsetzte, um von den gravierenden innenpolitischen Problemen des Landes abzulenken. In ähnlicher Weise war dies zum gleichen Zeitpunkt im benachbarten Rumänien zu beobachten, wo Staats- und Parteichef Nicolae Ceau§escu versuchte, die Aggressionen auf die deutsche Minderheit zu leiten.
    Einen Hinweis auf Schiwlcows gespanntes Verhältnis zu Gorbatschow bot im Juni 1989 ein eintägiger Arbeitsbesuch in Moskau, in dessen Nachgang die Sowjets aktiv Schiwkows Ablösung förderten. In einer «Palastrevolte» zweier Minister am 10. November 1989 wurde er schließlich gestürzt. Die Regierung unter dem ehemaligen Außenminister Petar Mladenow setzte nun zügig einen reformkommunistischen Kurs um und konnte dadurch größere Unruhen vermeiden. Schließlich einigte man sich auch hier an einem «Runden Tisch». Er nahm im Januar 1990 seine Arbeit auf und verständigte sich schließlich am 12. März unter anderem auf die Einführung eines Mehrparteiensystems und einen friedlichen Übergang zur Demokratie. Im Mai 1990 konnten in Bulgarien die ersten freien Wahlen stattfinden.
    Vergleichbar lavierten die Kommunisten in der Tschechoslowakei. Der moskautreue Parteichef Gustav Husäk befand sich seit 1968 als Nachfolger des nach der sowjetischen Intervention vertriebenen Alexander Dubcek im Amt und war neben Honecker einer derjenigen gewesen, die den Einmarsch in Polen vehement befürwortet hatten. Husäk stand vor dem speziellen Problem, daß Gorbatschows Reformen den Forderungen des «Prager Frühlings» von 1968 ähnelten und eine Übernahme der Reformpolitik nicht nur den Reformer Dubcek rehabilitiert, sondern seine eigene Person in Frage gestellt hätte. Im Januar 1987 forderte die sich auf den Helsinki-Vertrag berufende Bürgerrechtsbewegung Charta 77 um Vaclav Havel die Bevölkerung auf, sich aktiver an der demokratischen Erneuerung zu beteiligen. Wahrscheinlich war es auch diesmal Gorbatschow selbst, der wie in Bulgarien den internen Machtkampf forcierte. Im Dezember 1987 mußte Husäk schließlich seinen Posten räumen, nachdem das Präsidium der tschechoslowakischen KP ähnliche Reformen wie in der UdSSR in Aussicht gestellt hatte. Davon war man allerdings noch weit entfernt, da zunächst weiterhin eine orthodoxe Führung an der Regierung blieb. Husäks Nachfolger, Milos Jakes, gehörte zu den Konservativen und tat ebenfalls alles, um die Opposition zurückzudrängen. Große Demonstrationen gegen die Prager Regierung, vor allem an den Jahrestagen des Einmarschs der Warschauer-Pakt-Staaten 1968 und der Staatsgründung von 1918, bestimmten das Jahr 1988, in der die «Samtene Revolution» in der CSSR begann. 12 Massiver Einsatz von Polizei und Staatssicherheit, Massenverhaftungen und gezielte Gefangennahme von Schlüsselfiguren der Opposition konnten zwar auch hier den Umbruch nicht stoppen, verbreiteten aber erhebliche Unsicherheit. Zwar war rasch deutlich, daß die sowjetischen Truppen auch in der CSSR nicht eingreifen würden, aber noch am 17. November 1989 - eine Woche nachdem die Mauer in Herlin geöffnet worden war - setzte die Prager Regierung massive Gewalt gegen Demonstranten ein. Nach weiteren Großdemonstra-t ionen mit Hunderttausenden von Teilnehmern und einem zehn Tage später von etwa der Hälfte der Bevölkerung befolgten Generalstreik gab die tschechoslowakische Regierung am 28. November 1989 auf. Im Dezember konnte der kurz zuvor noch inhaftierte Vaclav Havel zum ersten freien Staatspräsidenten und Alexander Dubcek zum Parlamentspräsidenten gewählt werden.
    Daß die CSSR kurz danach zerfiel, war eine für viele unerwartete Folge der Revolution. Die Tschechoslowakei gehörte allerdings zu jenen Staaten hinter dem Eisernen Vorhang, in denen der Kalte Krieg die immer virulent gebliebenen Nationalitätenkonflikte zugunsten äußerer Geschlossenheit unter dem Deckel gehalten hatte. Im antikommunistischen Exil der Tschechen und Slowaken, das sich nach 1945 im Westen gesammelt hatte, war dieses problematische Miteinander im Vielvölkerstaat aber über vierzig Jahre ein kontinuierliches und brisantes Thema gewesen. Am Ende des Kalten Krieges ergriffen die Slowaken nun die Chance, einen eigenen Staat zu gründen. Die offizielle Trennung der Tschechoslowakei erfolgte mit Wirkung zum 1. Januar 1993.
    In Rumänien wiederum zeigte sich, daß der Wandel nicht zwangsläufig als weitgehend «friedliche Revolution» verlaufen mußte. Hier wurde der despotische Conducätor (Führer) Nicolae Ceau§escu am 21. Dezember

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