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Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
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einem kleinen Zettel mitgeteilt worden. Auf Nachfrage eines italienischen Journalisten hatte Schabowski dann zur allgemeinen Überraschung verkündet, daß nun Genehmigungen für Privatreisen von DDR-Bürgern kurzfristig möglich seien und sogar Visa zur Ständigen Ausreise unverzüglich ausgegeben würden. 24 Kurz danach strahlten verschiedene westliche Sender die umständlichen und von vielen «Ähs» unterbrochenen Ausführungen Schabowskis in der kürzesten Zusammenfassung aus, die möglich war: «Die DDR öffnet nach Angaben von SED-Politbüromitglied Günter Schabowski ihre Grenzen.» Krenz teilte später mit, man habe erstens nicht die Übergänge in Berlin gemeint und sei zweitens davon ausgegangen, daß trotzdem Anträge bei den Verwaltungen zu stellen seien.
    Dem unmittelbar folgenden Ansturm von Tausenden Ostberlinern am Abend des 9. November auf die Grenzübergangsstellen in der Mitte Berlins sahen sich die dortigen Beamten rasch nicht mehr gewachsen. Nach hektischer Rücksprache öffneten einige ab 22.00 Uhr ihre Schlagbäume. Am Grenzübergang Bornholmer Straße teilte der zuständige Grenzoffizier um 23.30 Uhr angesichts der sich vor dem Tor drängelnden Menschenmassen lapidar mit: «Ich stelle die Kontrollen ein und lasse die Leute raus.» 25 Kurz nach Mitternacht waren dann alle Übergänge nach Westen passierbar. Tausende strömten noch in dieser Nacht vom 9. auf den
    10. November 1989 in den Westteil Berlins. Faktisch war damit die Grenze offen, «die Mauer gefallen». Alle späteren Versuche, doch noch die Initiative zurückzugewinnen, scheiterten. Kurzzeitig hatte DDR-Verteidigungsminister Heinz Keßler am 11. November

    wohl noch ernsthaft erwogen, zwei Regimenter der NVA am Brandenburger Tor aufmarschieren zu lassen, um die Besetzung und beginnende Zerstörung der Mauer durch «Provokateure» zu beenden. Die Räumung der Mauer erfolgte dann aber doch durch Polizeieinheiten aus Westberlin. In einem denkwürdigen Gespräch zwischen Gorbatschow und Kohl am Abend des 11. November wurde dann offiziell festgestellt, daß es auch keinen Einsatz der Roten Armee geben werde. Kohls Berater Horst Teltschik notierte: «Nun bin ich endgültig sicher, daß es kein gewaltsames Zurück geben wird.» 26 Aus den ersten freien Volkskammerwahlen in der DDR im März 1990 ging die konservative «Allianz für Deutschland» als Siegerin hervor. Bereits wenig später, am 18. Mai 1990, wurde eine «Wirtschafts-, Sozial- und Währungsunion» vereinbart, die schließlich am 1. Juli in Kraft trat. Damit war faktisch bereits der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik vollzogen. Offiziell erfolgte er allerdings erst am 3. Oktober.
    Für die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs, UdSSR, USA, Großbritannien und Frankreich, war die Vereinigung Deutschlands trotz der Annäherung zwischen Ost und West ein besonderes Problem. Die Teilung Deutschlands war nicht nur der sichtbarste Ausdruck des Kalten Krieges, sondern der durch Deutschland begonnene Zweite Weltkrieg war dessen Ausgangspunkt gewesen. Insofern bedeutete bei allen gewollten Entspannungsbemühungen die Zustimmung der Siegermächte zur Vereinigung eher einen politischen Sprung als einen Schritt. Die Furcht vor einem «Vierten Reich», einem durch die Vereinigung nationalistisch aufgeladenen Deutschland, das möglicherweise Europa dominieren, aber auch destabilisieren könnte, war beträchtlich. Und es war aus den auch psychologisch festgefügten Konstellationen des jahrzehntelangen Kalten Krieges ebenso nachvollziehbar, daß
    ein Missverständnis mit globalen folgen «Der Fall der Mauer» am späten Abend des 9. November 1989. Das Bild zeigt den zu einiger Berühmtheit gelangten Grenzübergang Bornholmer Straße in Berlin, an dem der zuständige Grenzoffizier sich um halb zwölf entschied, «die Leute rauszulassen».
    Obwohl bereits Monate zuvor die Ungarn mit dem Abbau von Grenzzäunen begonnen hatten, war die Öffnung der Mauer in Berlin eine der zentralen Zäsuren, die zum Ende des Kalten Krieges führten. Das Image desjenigen, der das Imperium verschenkte, schwächte Gorbatschows innenpolitische Position in der UdSSR enorm.
    vor allem die NATO-Länder eine Blockfreiheit eines vereinigten Deutschland verhindern wollten. Neutralität galt auch jetzt noch als politische Unzuverlässigkeit, wie Reagans Nachfolger, der neue US-Präsident George Bush, am 24. Oktober 1989 unmißverständlich deutlich machte. 27 Übereinstimmend wurde zwischen den Westmächten und der

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