Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters
geheimdienstlichen, militärischen und politischen Institutionen, für die ebenfalls das Jahr 1947 zum Schlüsseldatum wurde. Mit dem in diesem Jahr in den USA verabschiedeten National Security Act wurde der grundlegende Versuch unternommen, den Apparat der Nationalen Sicherheit für die aktuellen Bedürfnisse neu zu strukturieren. Dazu gehörten unter anderem die Koordination der politischen und militärischen Organisation, der Neuaufbau der Geheimdienste, die Einbeziehung der noch in den Kinderschuhen steckenden Psychologischen Kriegsführung, aber auch die Heranziehung diverser fremder und privater «Dienste». In den USA entstanden daraus unter anderem zwei der wichtigsten Institutionen des Kalten Krieges: das bereits erwähnte NSC als Beratergremium für den Präsidenten und die CIA als global tätiger Nachrichtendienst, der zugleich einen wesentlichen Teil der «schmutzigen Seite» dieses Krieges übernahm.
Bezeichnenderweise stellte zum gleichen Zeitpunkt auch Stalin die ebenfalls zersplitterten sowjetischen Institutionen auf die «totalen» Ansprüche des Kalten Krieges um. Dies betraf auch hier die Organisation der Geheimdienste. 31 Bereits im November 1945 waren der sowjetischen Staatssicherheitsbehörde NKGB bisher unbekannte Aufgaben zugeteilt worden, die charakteristisch für den Kalten Krieg waren: Außer für den Schutz der eigenen war der NKGB nun auch für das Auskundschaften fremder Atomprogramme zuständig. Im Herbst 1947 schuf man aus Teilen der 1946 anstelle des NKGB geschaffenen Staatssicherheitsbehörde MGB und der armeeeigenen Hauptverwaltung Aufklärung (GRU) einen neuen Auslandsnachrichtendienst, das Informationskomitee (KI). Mit ihm erhielt das Außenministerium größeren Einfluß auf die Geheimdienstoperationen außerhalb der UdSSR. Nach weiteren Umstrukturierungen übernahm 1954 das berühmt-berüchtigte KGB umfassend die geheimdienstlichen Aufgaben der Sowjetunion. Aber nicht nur zwischen den Geheimdiensten wurde der Kalte Krieg nun ausgetragen, sondern auch in den internationalen Organisationen, die eigentlich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gemeinsam zum Zweck der Friedenserhaltung gegründet worden waren.
Die Idee der Kollektiven Sicherheit
Die Geschichte der Vereinten Nationen ist die Geschichte der Suche nach einer kollektiven, systemübergreifenden und globalen Strategie, um Konflikte im Vorfeld zu verhindern oder gemeinsam zu lösen. Am Anfang standen angloamerikanische Absprachen für die Nachkriegszeit, vor allem die sogenannte Atlantik-Charta 1941. Sie führten am 1. Januar 1942 zunächst zur «Erklärung der Vereinten Nationen», den Krieg gegen die Achsenmächte gemeinsam zu Ende zu führen. Während des Jahres 1943 kam man auch mit Stalin überein, eine internationale Organisation zur Erhaltung des internationalen Friedens und der internationalen Sicherheit zu schaffen, die auf der souveränen Gleichheit aller friedlichen Staaten beruhen sollte. Treibende Kraft der Idee blieb bis zu seinem Tod im April 1945 US-Präsident Roosevelt. Sein damaliger Außenminister Cordeil Hull umschrieb 1943 die Hoffnungen folgendermaßen: «Es wird fortan keine Notwendigkeit mehr geben für Einflußsphären, für Allianzen, für Machtgleichgewichte oder irgendeine andere dieser sonderbaren Maßnahmen, durch die in der unglücklichen Vergangenheit die Staaten versuchten, ihre Sicherheit zu gewährleisten oder ihre Interessen zu fördern.» 32 Als die Westmächte zusammen mit Stalin und denjenigen Staaten, die die Erklärung bis dahin unterzeichnet hatten, am 26. Juni 1945 die Charta der Vereinten Nationen in San Francisco paraphierten, stand das Ereignis allerdings bereits deutlich unter dem Zeichen des Bruchs in der Kriegskoalition. Weißrußland und die Ukraine waren, obwohl sie Mitgliedstaaten der UdSSR waren, auf Druck Stalins als eigene UNO-Mit-glieder aufgenommen worden, um das Stimmenverhältnis zugunsten Moskaus zu verbessern. Die polnische Regierung hingegen, die als 51. und letztes Gründungsmitglied die UNO-Charta unterzeichnet hatte, durfte auf Veranlassung Stalins nicht anwesend sein.
Die UNO sollte die Fehler des alten Völkerbundes vermeiden, wies aber ebenfalls Geburtsfehler auf. Erst während des Kalten
Krieges sollte sich zeigen, wie hinderlich die Kompromisse aus der Gründerzeit in der Praxis waren. Die Vereinten Nationen blieben immer nur so stark, wie ihre Mitglieder es wollten. Dies zeigte sich im besonderen im sogenannten Sicherheitsrat, jenem Organ, das laut
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