Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
Vom Netzwerk:
der großen Mächte beachtlich, wobei die Übereinstimmung hin und wieder auch durch die Nichtanwesenheit der jeweiligen Vetomacht hergestellt werden konnte. Als der Sicherheitsrat Nordkorea nach dem Angriff auf den Süden am 25. Juni 1950 einstimmig verurteilte, gelang dies nur, weil Stalin das Gremium zu diesem Zeitpunkt boykottierte und China noch nicht aufgenommen war. Grundsätzlich war der Sicherheitsrat in solchen Fällen befugt, zunächst diplomatische, dann auch gewaltsame Mittel zur Beilegung eines Konflikts zu ergreifen. Er konnte militärische Operationen befehlen, delegieren oder auch selbst durchführen. Alle Mitglieder der UNO hatten dafür der Verpflichtung zugestimmt, dem Sicherheitsrat Streitkräfte zur Verfügung zu stellen. Schon 1949 wurden UN-Streitkräfte erfolgreich in Indonesien eingesetzt, um den Kolonialkrieg der Niederländer zu beenden. Nach dem Koreakrieg bewährten sie sich 1956 auch am Suezkanal.
    Inwiefern UNO-Interventionen erfolgreich waren, läßt sich nur am Einzelfall belegen. Manche Einsätze endeten positiv, weil parallel dazu politischer Druck auf die Beteiligten ausgeübt werden konnte. Die Drohung der USA etwa, die Unterstützungen aus dem Marshall-Plan zu streichen, war für die niederländische Regierung
    1949 ein mindestens ebenso wichtiges Argument, sich aus Indonesien zurückzuziehen, wie der bewaffnete Einsatz von UN-Truppen. Aber gerade in den strategisch wichtigen Zonen des Kalten Krieges, etwa im Nahen Osten und in Afrika, konnte die Aufbietung von «Blauhelmen» häufig die weitere Eskalation nicht verhindern. So führte der UN-Einsatz in Angola 1975/76 gegen die südafrikanische Intervention zwar kurzfristig zum Rückzug der südafrikanischen Truppen. Der eigentliche Konflikt, an dem sich schließlich auch die Supermächte beteiligten, konnte aber erst mit dem Ende des Kalten Krieges 1991 beendet werden. 37 Zusammenfassend zeigt sich, daß die Wirkung der UNO bei Auseinandersetzungen zwischen Ost und West, den sogenannten Interkoalitionskonflikten, und bei Problemen innerhalb der Blöcke (Intrakoalitionskonflikten) eher gering war. 38 Kleinere Erfolge bei Streitfällen zwischen den Blöcken konnte die UN allerdings 1946 in der Irankrise verbuchen, als die Sowjetunion zum Rückzug gezwungen wurde. Beim im Rückblick größten und gefährlichsten Interkoalitionskonflikt des Kalten Krieges, der Kubakrise 1962, konnten die Vereinten Nationen zwar vermitteln, doch das eigentliche Management zur Beilegung wurde von Kennedy und Chruschtschow geleistet. Auch bei Intrakoalitionskonflikten blieben die UN-Chan-cen gering. Die USA ließen Einsätze auf dem amerikanischen Doppelkontinent ebensowenig zu wie die UdSSR etwa in Ostmitteleuropa. So wurde der Einsatz der UNO während der Krise in Guatemala 1954 von den USA in der gleichen Weise als Eingriff in interne Angelegenheiten verhindert, wie die UdSSR Pläne ablehnte, während der Aufstände im Ostblock 1953 und 1956 Truppen der Vereinten Nationen in die DDR und nach Ungarn zu entsenden. In einigen Intrakoalitionskonflikten waren UN-Einheiten aber auch ausdrücklich erwünscht, so im Zypern-Konflikt zwischen den beiden NATO-Mitgliedstaaten Griechenland und Türkei 1974. Hier wurde der Einsatz zugelassen, weil die NATO damals befürchtete, ein eigener Schlichtungsversuch könnte sogar das Bündnis sprengen.
    Die Stärken der UNO wurden im Kalten Krieg häufig durch die Machtpolitik der Großmächte vernebelt. Insgesamt gesehen konnte sich die UNO überall dort durchsetzen, wo die Supermächte glaubten, sie zum eigenen Vorteil nutzen zu können. Ansonsten, so hatten die in Westdeutschland erscheinenden Frankfurter Hefte bereits 1949 festgestellt, gelte es, «allen Zynikern, die in der UNO nur ein Forum für leeres Gerede sehen wollen [...], entgegenzuhalten [...]: es geht in der augenblicklichen Lage nicht darum, schnelle Lösungen zu erzielen, so notwendig sie wären (sie sind aber nicht zu erreichen), sondern spätere Lösungen nicht unmöglich zu machen; es geht nicht darum, die Welt zusammenzuleimen, sondern ihr völliges Auseinanderbrechen zu verhindern.» 39

3. Die Teilung der Welt 1948-1955
Die Krisen in Berlin, Jugoslawien und Korea
    Weltweit erwiesen sich vor allem zwei Krisen als die entscheidenden Beschleuniger der Blockbildung: Die Erste Berlinkrise 1948/
    49 sowie der Krieg im geteilten Korea zwischen 1950 und 1953. Sowohl die sowjetische Blockade der Westzönen Berlins als auch der von der UdSSR mitgeplante

Weitere Kostenlose Bücher