Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters
Voraussetzungen für den sowjetischen Einmarsch 1979 bildete. Weitere bilaterale Verträge in Asien wurden 1961 mit Nordkorea und 1979 mit Vietnam geschlossen.
Neben den Bündnisverträgen, die ganz Europa, Asien und Australien in die jeweiligen Blöcke einbezogen, waren ab 1947/48 auch für Süd- und Mittelamerika kollektive Beistandsabkommen geschlossen worden. Im August 1947 vereinbarten 21 amerikanische
Staaten im Pakt von Rio de Janeiro einen interamerikanischen Verteidigungsvertrag, der auf die Tradition der Monroe-Doktrin zurückging. 22 Als letzter Staat ratifizierte 1950 Argentinien das Bündnis, in dem ein Angriff auf ein Mitglied ebenfalls als Aggression gegen alle verstanden wurde. Gerade der «Rio-Vertrag» machte zudem in besonderem Maße die globale Dimension sichtbar. Geographisch umfaßte er, wie es im Vertragstext hieß, alle Gebiete des Doppelkontinents zwischen «Nordpol einschließlich Grönlands, ostwärts des amerikanischen Kontinents unter Einschluß des Karibischen Meeres zum Südpol, von dort ostwärts Hawaii einschließlich der Aleuten zum Nordpol». Ein knappes Dreivierteljahr später folgte als Fortsetzung die Gründung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS). Auch sie verstand sich als Bündnis der «Demokratie [...] gegen den Kommunismus», wie es in dem 1948 im kolumbianischen Bogota geschlossenen Vertrag ausdrücklich hieß. 23 Es entbehrte nicht der Ironie, daß die Vertreter der einzelnen Staaten während der Verhandlungen einen handgreiflichen Eindruck von den Fronten des Kalten Krieges erhielten, über die sie gerade debattierten. In bürgerkriegsähnlichen Straßenschlachten zwischen Linken und Rechten, die der Ermordung eines populären linksliberalen Präsidentschaftskandidaten folgten, stürmte eine aufgebrachte Menge schließlich auch den Sitzungssaal der Panamerikanischen Konferenz, der ebenso wie die US-Botschaft in Brand gesetzt wurde.
Daß die OAS sich vor allem als antikommunistisches Paktsystem verstand, machten auch die folgenden Konferenzen deutlich. Die «Caracas-Resolution» 1954, deren Hintergrund die aus US-Sicht besorgniserregende Machtübernahme der Linken in Guatemala bildete, stellte kategorisch fest, daß die Bildung einer kommunistischen Regierung auf dem Doppelkontinent in Zukunft als Angriff gewertet werde und Sanktionen der OAS nach sich ziehe. «Die Beherrschung oder Kontrolle der politischen Einrichtungen irgendeines amerikanischen Staates durch die kommunistische Bewegung, die damit auf diese Hemisphäre das politische System einer außerkontinentalen Macht ausdehnt, würde eine Bedrohung der Souveränität und der politischen Unabhängigkeit der amerikanischen Staaten darstellen und den Frieden Amerikas gefährden und daher Beschlüsse und entsprechende Maßnahmen in Übereinstimmung mit den bestehenden Verträgen hervorrufen.» 24
In der gleichen Diktion wurde 1962 auch die kubanische Revolution verurteilt. Wie stark auch hier interne Spannungen die Wirksamkeit der Organisation beeinträchtigten, zeigte sich beispielhaft am 1965 gegründeten antikommunistischen «Zentralamerikanischen Verteidigungsrat» (CONDECA), der ab 1969 in regionale Streitigkeiten abrutschte.
Der afrikanische Kontinent geriet für die Hauptkontrahenten weitaus später und nur indirekt als Reaktion auf eine vermutete gegnerische Machtausdehnung ins Blickfeld. In Teilen spielten -etwa im Kongo-Konflikt - zwar auch Bodenschätze eine Rolle, faktisch aber ging es darum, Gebiete nicht in die Hand der anderen Seite fallen zu lassen. Daran orientierte sich später auch die Entwicklungspolitik, die mit der umfassenden Dekolonisierung seit den sechziger Jahren zu einer schlagkräftigen Waffe im Kalten Krieg wurde. Es war nicht zuletzt diese eher konzeptfreie Politik, die es möglich machte, daß ausgerechnet in Afrika die längsten Konflikte des Kalten Krieges mit umfassender materieller Beteiligung auch der Supermächte geführt wurden.
In welcher Weise Afrika ein Teil der Formierung der Blöcke wurde, deutete sich im Norden des Kontinents bereits unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs an. Nach der Besetzung Nordafrikas durch die Westalliierten hatte Stalin 1944 versucht, auf Libyen und Ägypten Einfluß zu gewinnen. Unter anderem forderte er die Übergabe des westlichen Mandats über Libyen. Eine Einflußnahme wurde der UdSSR schließlich möglich, weil der antiisraelische arabische Nationalismus, der sich teilweise mit dem politischen Islamismus und der ab 1955
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