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Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
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Abrechnung mit Stalin eine gravierende Verschlechterung bedeuteten. Angesichts des deutlich am Stalinismus orientierten Mao-Kults mußte die Entstalinisierung nicht nur als Gesichtsverlust, sondern wie ein gewollter politischer Affront wirken. Dennoch entwickelte sich bis zum endgültigen Bruch seit 1960 eine zeitweilig enge Kooperation. Die UdSSR wuchs in dieser Phase zum wichtigsten Außenhandelspartner Chinas heran.
    Die amerikanische China-Politik setzte seit 1949 auf Eindämmung und Isolation Maos. «Rot-China» wurde die diplomatische Anerkennung durch die USA und lange Zeit auch durch die anderen westlichen Industrienationen versagt. Bereits 1951 wurde die Embargopolitik auf Maos Reich ausgedehnt. Ihr schlossen sich auch die NATO-Staaten und Japan an. Chinesische Auslandsguthaben wurden eingefroren, mit der Folge, daß Peking noch stärker an die Sowjetunion heranrückte. Die USA konzentrierten sich seit dem Koreakrieg zunächst auf Taiwan. Tschiang Kai-scheks am 1. März 1950 eingerichtete Republik China war zwar alles andere als demokratisch, aber sie stand auf der Seite des Westens. Washington blieb gewillt, den Inselstaat «unter allen Umständen zu verteidigen», wie John F. Kennedy 1960 formulierte. 28 Wie die Volksrepublik China zunächst von der UdSSR, blieb Taiwan zunächst von den USA ökonomisch völlig abhängig. 29 Dies änderte sich erst nach der Aufnahme offizieller Beziehungen zwischen Washington und Peking in den siebziger Jahren allmählich, insbesondere als Tschiang Kai-scheks Sohn Tsching-kuo 1978 die Präsidentschaft übernahm. Anfang der sechziger Jahre aber bezahlten die USA immerhin drei Viertel des taiwanesischen Nationalhaushalts. Mit dieser Hilfe wuchs die Insel zu einer der führenden Industrienationen des Fernen Ostens. Gleichzeitig bauten die USA das Land, wie Westdeutschland, Südkorea und zeitweilig Südvietnam, zu einem antikommunistischen Frontstaat aus. Von Taiwan aus sendeten zum Teil die gleichen antikommunistischen «Befreiungssender», die auch Stationen in Westeuropa betrieben, unter anderem nach China und Nordvietnam.
    Der Bruch Pekings mit Moskau entwickelte sich zunächst von der übrigen Welt weitgehend unbemerkt und trat erst offen zutage, als sich der Kalte Krieg ab 1961 zunehmend aus Europa in die Dritte Welt verlagerte. Nach der von China als peinlicher Gesichtsverlust wahrgenommenen Entstalinisierung zeichnete sich am Ende des ersten chinesischen Fünfjahresplans 1956/57 ab, daß auch das zunächst kanonisch übernommene Sowjetmodell für China nicht die erhofften schnellen Erfolge brachte. Als Lösung setzte Mao eine von Moskau scharf kritisierte Art des «Kriegskommunismus» gegen die «Leninisten» in der chinesischen KP um Deng Xiao-ping durch. Dieser «Große Sprung nach vorn» beruhte vor allem auf vorindustriellen Methoden. Als besonderen Verrat empfand Mao darüber hinaus die von Chruschtschow verkündete «Friedliche Koexistenz», die er als Revisionismus und Anbiederung an den Klassenfeind betrachtete. Im Laufe des Jahres 1959 fühlte er sich in dieser Auffassung noch einmal ausdrücklich bestätigt, als Moskau den zwei Jahre zuvor vereinbarten Vertrag zur Entwicklung einer chinesischen Atombombe stornierte. Und nicht nur das: Chruschtschow drängte sogar, Taiwan als zweiten Staat zu akzeptieren und auch im Grenzkonflikt mit Indien nachzugeben. Mao brachte alles dies zu der Überzeugung, daß er sich auf den «ältesten Bruder» nicht mehr verlassen konnte. Im April 1960 kam es zum ersten Eklat, als Zeitungen in China den «Revisionismus» Moskaus zwar indirekt, aber unverhohlen kritisierten. Drei Monate später stellte die UdSSR alle Hilfsmaßnahmen abrupt ein. Der Konflikt verschärfte sich nun zusehends und erreichte
    1969 mit den Gefechten am Amur und Ussuri seinen blutigen Höhepunkt. Diese Streitigkeiten konnten erst 1994 beigelegt werden.
    Trotz dieser Probleme stieg China bis 1964 in den Kreis der Atommächte auf und zündete 1967 seine erste Wasserstoffbombe
    - fast ein Jahr vor den Franzosen. Die dritte Weltmacht erzeugte aber nicht nur dadurch weiterhin hysterische Reaktionen. Es war auch die schlichte Größe dieser Nation, die in den sechziger Jahren knapp 600 Millionen Menschen umfaßte. Im Westen, aber auch in der UdSSR war man sich nicht mehr sicher, ob Mao es ernst meinte, wenn er davon sprach, daß China selbst einen Atomkrieg nicht fürchte, weil die überlebenden 300 Millionen Chinesen immer noch in der Lage seien, den Sieg des

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