Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters
Westberlin am 11. Februar 1986. An diesem Tag konnte unter anderem der Bürgerrechtler Anatoli Schtscharansky in den Westen kommen. Die «Brücke der Einheit», wie sie in der DDR offiziell genannt wurde, durfte ansonsten lediglich von Angehörigen der westlichen Militärmissionen benutzt werden und war, wie der Checkpoint Charlie, aus dem zivilen Grenzverkehr ausgeschlossen. Die Grenze verlief genau in der Mitte der Brücke und war durch einen weißen Strich markiert.
erste Testaufnahmen gemacht werden, die Anlage selbst war erst
1955 betriebsbereit. Da der Bau jedoch schon 1953 den Sowjets bekannt wurde, blieb immer zweifelhaft, wie glaubwürdig die bis
1956 gewonnenen Informationen aus 443 000 mitgeschnittenen Gesprächen tatsächlich waren. 44 In jedem Fall war dagegen die inszenierte Aufdeckung ein großer propagandistischer Erfolg für den Ostblock.
Spionage war ein gefährliches Geschäft, das eine nicht bekannte Zahl von vermeintlichen oder tatsächlichen Spionen das Leben kostete. Der unter anderem auf der Glienicker Brücke zwischen dem Westberliner Bezirk Zehlendorf und der bereits auf DDR-Ge-biet liegenden Stadt Potsdam bis 1985 stattfindende, aufsehenerregende Agentenaustausch, der für viele Zeitgenossen der Inbegriff des Kalten Krieges wurde, betraf immer nur eine Minderheit von besonders wertvollen «Quellen». Ausgetauscht wurde hier im Oktober 1962 zum Beispiel der in den USA 1957 gefaßte Topspion Rudolf Abel, der nach der Verhaftung des Ehepaars Rosenberg und anderer ein neues Agentennetz für die Atomspionage aufbauen sollte. Das Tauschobjekt war Gary Powers, der kurz zuvor über der Sowjetunion abgeschossene Pilot eines U-2-Spionageflugzeugs. Obwohl solche Geschäfte noch bis zum Ende des Kalten Krieges Praxis blieben, wurde langfristig die Menschenleben schonende technische Aufklärung, wie sie Flugzeuge und Satelliten übernahmen, wichtiger. Luftaufklärung war zwar schon lange Praxis während kriegerischer Konflikte. Jetzt wurde sie aber auch kontinuierlich und umfassend außerhalb eines direkten militärischen Konflikts eingesetzt.
Die USA hatten solche Operationen, für die zunächst umgerüstete B-47-Bomber eingesetzt wurden, schon in den ersten Jahren des Kalten Krieges begonnen. Sie flogen damals über Murmansk in den sowjetischen Luftraum ein und photographierten militärische Einrichtungen. 1954 war eine solche Spionagemaschine über der UdSSR zum ersten Mal beschossen worden. Der erste Totalverlust war am 17. April 1955 nahe der Halbinsel Kamtschatka eingetreten. Als Problem erwies sich vor allem, daß die gängigen Flugzeugtypen für die Luftabwehr erreichbar waren und daß jeder Abschuß nicht nur politische Verwicklungen nach sich zog, sondern auch eine propagandistische Niederlage war. 45 Der technische Durchbruch kam ein Jahr später, als die Lockheed U-2, die aus über 33 km Höhe - und damit für die damalige Luftabwehr unerreichbar - ihre Luftbilder schoß, in Serie ging. Der Startschuß zur Produktion der U-2 (Project Aquatone) ging damals bezeichnenderweise direkt von der CIA aus, die immer dringender nach mehr Informationen verlangte. Für die U-2 wurde ein eigener geheimer Flugplatz im US-Bundesstaat Nevada angelegt, die Nellis Air Force Base, aber ihre Missionen starteten auch von Flugplätzen in verbündeten Staaten, so etwa von der türkischen Basis Incirlik. Der erste reguläre Flug einer U-2 über der UdSSR fand im Juli 1956 statt. Erste Ziele waren sowjetische Raketenstellungen und Fabriken, aber auch das damals akute Krisengebiet am Suezkanal. Etwa vier Jahre lang blieben die U-2 aufgrund ihrer von sowjetischen Raketen unerreichbaren Höhe unverletzlich, wenngleich nicht unentdeckt. Am 1. Mai 1960 - mitten in der politisch hochbrisanten Zweiten Berlinkrise - wurde dann die erste U-2 über Swerd-lowslc nach Triebwerksproblemen abgeschossen. Der nun schlagartig berühmt gewordene Pilot, Francis Gary Powers, fand sich in Moskau vor einem Gericht wieder, das ihn zu drei Jahren Zuchthaus und sieben Jahren Arbeitslager verurteilte. Für die USA war es erneut ein politisch-propagandistisches Fiasko, in dem als erstes das bereits vereinbarte Gipfeltreffen Eisenhowers mit Chruschtschow platzte und die amerikanisch-sowjetischen Beziehungen auf einen Tiefpunkt rutschten. Dennoch wurden die Flüge fortgesetzt und führten unter anderem 1962 zur Entdeckung der auf Kuba stationierten sowjetischen Mittelstreckenraketen vom Typ R-12 und R-14. Die Luftaufklärungsmissionen
Weitere Kostenlose Bücher