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Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
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wie sein im Herbst 1945 einsatzfa-higer Nachfolger ENIAC (Electronic Numericäl Integrator and Computer), vor allem zur Berechnung militärischer Daten verwendet. ENIAC spielte bei der Entwicklung der Steuerungstechnik im 1946 begonnenen Snark-Programm, dem Versuch, eine erste Interkontinentalrakete herzustellen, eine unverzichtbare Rolle. Der ENIAC-Nachfol-ger, von Neumanns MANIAC (Mathematical Analyzer Numericäl Integrator And Computer), verkürzte die zunächst auf mehrere Monate geschätzten Berechnungen für die Entwicklung der H-Bombe auf etwa zehn Stunden. Der MANIAC - was gleichzeitig so viel wie «Wahnsinniger» heißen konnte - war aber auch zum ersten Mal in der Lage, genauere Wahrscheinlichkeitsberechnungen für strategische Beurteilungen anzustellen. Er konnte Verluste im Falle eines Atomkriegs, aber eben auch die Chancen eines Sieges bestimmen. Gleichwohl irrte selbst er sich erheblich, als er für den berüchtigten Bravo-Test 1954 die Sprengkraft der H-Bombe ermitteln sollte. Sie war schließlich 2,5 Mal höher als angenommen.
    Die amerikanische Luftwaffe war es dann auch, die seit dem erfolgreichen Test der sowjetischen Atombombe 1949 die Wissenschaftler des Massachusetts Institute of Technology (MIT) mit großzügigen Aufträgen für ein erstes rein militärisches Luftüberwachungssystem versorgten. Anders als bei der später einsetzenden kommerziellen Nutzung spielten bei diesen Anwendungen die Kosten jeweils eine zweitrangige Rolle, wenngleich sie auch hier niemals völlig nebensächlich waren. Das dort entwickelte Frühwarnsystem SAGE (Semi-Automatic Ground Enviroment) des SAC, das
    1952 zum ersten Mal getestet wurde, aber erst 1963 vollständig einsatzbereit war, fußte auf zunächst 27 Befehlszentralen. Sie waren mit jeweils zwei Rechnern ausgestattet, die die von Schiffen und anderen Beobachtungsstellen eingehenden Daten zusammenfaßten und Alarm auslösten, sobald gegnerische Bomber oder Raketen in den eigenen Luftraum eindrangen. Seit den sechziger Jahren wurde dieses Frühwarnsystem kontinuierlich technisch weiter aufgerüstet und ausgeweitet und war schließlich in der Lage, weltweit Flugbewegungen zu erkennen und die Abwehr zu koordinieren. SAGE blieb neben anderen Systemen bis zum Ende des Kalten Krieges in Dienst.
    Den eigentlichen Startschuß zur Massenproduktion löste auch in der Computertechnik der Koreakrieg aus. Marktführer IBM produzierte ab 1950 seine erste Generation von Rechnern für rein militärische Aufgaben. 1953 kam sein berühmter Defense Calculator, der IBM 701, auf den Markt, der zwei Jahre später, unter der Bezeichnung IBM 704, zudem mit der ersten und lange Zeit schnellsten Programmiersprache, FORTRAN, ausgestattet wurde. Fast die gesamte Produktion ging an das US-Verteidigungsministerium und die militärische Flugzeugindustrie. Ein weiterer ENIAC-Nachfolger, der Universal Automatic Calculator (UNIVAC) der Firma Remington Rand, wurde ab 1951 gebaut und bis 1954 unter anderem im Pentagon installiert. Speziell für die Marine entwickelte IBM im Jahr 1954 den NORC (Naval Ordnance Research Calculator). Großrechner setzte IBM ab den fünfziger Jahren dann vor allem auch bei den US-Geheimdien-sten - so etwa der NSA - ab. Binnen weniger Jahre gelang es IBM, seine Konkurrenten zu verdrängen, wobei jede weitere Krise des Kalten Krieges sich zum Firmenvorteil entwickelte. Im Krisenjahr 1956 war IBM die einstweilige Nummer eins auf dem Computermarkt. Aber auch die anderen großen Elektronikfirmen wuchsen mit dem Kalten Krieg: Das 1963 begonnene, computergesteuerte Verteidigungssystem der USA, WIMEX (eigentlich: WWMCCS), das ebenfalls bis zum Ende des Kalten Krieges in Dienst blieb und alle Einrichtungen miteinander vernetzte, basierte auf Honeywell-Rechnern von General Electric. Welche Kosten, aber auch welche Gewinne dabei im Spiel waren, läßt sich erahnen, wenn man berücksichtigt, daß das System SAGE rund acht Milliarden Dollar verschlang und WIMEX bereits das Doppelte. 54 Es waren diese enormen finanziellen Herausforderungen, die auch im Westen zum Teil nur noch in Kooperationen funktionierten. Die Briten veranlaßte der Kostendruck schon in den fünfziger Jahren, gerade auf diesem Gebiet eine enge Zusammenarbeit mit den USA zu suchen.
    Die Computerentwicklung in der UdSSR, das heißt vor allem die Entwicklung der sogenannten automatisierten Kommando- und Kontrollsysteme (ASUW), war zu diesem Zeitpunkt bereits weit im Hintertreffen. 55 Einige Röhrencomputer waren in

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