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Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
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der Sowjetunion zwar ab 1950 im Einsatz. Der in diesem Jahr unter der Leitung von Sergej Lebedew im Institut für Elektrotechnik in Kiew konstruierte Universalrechner MESM war mit seinen 6000 Röhren allerdings nur in der Lage, etwa 3000 Operationen pro Sekunde zu verarbeiten. Das ab 1953 verfügbare Computersystem STRELA schaffte sogar nur 2000. Amerikanische Rechner kamen zu diesem Zeitpunkt bereits auf 15 000 Operationen. Seit 1955 waren Computer auch im Ostblock in Serienproduktion gegangen, und Ende der fünfziger Jahre besaß die UdSSR rund 120 Computer, die ausschließlich für militärisch-wissenschaftliche Aufgaben eingesetzt wurden. Die USA hatten zum selben Zeitpunkt bereits über 5000 Rechner in Betrieb. Die noch immer auf Röhrentechnik basierende sowjetische URAL-Serie der sechziger Jahre war technisch dann bereits rund zwanzig Jahre im Hintertreffen. Ein gewisses Aufholen gegenüber der westlichen Computertechnik gelang vor allem im letzten Drittel der sechziger Jahre, als einige amerikanische Exportbeschränkungen gelockert und gleichzeitig illegal auch neuere Modelle wie die IBM-Serien 360 und 370 geliefert wurden. Sie waren die Grundlage für die seit 1968 produzierten und in den siebziger Jahren im gesamten Ostblock erfolgreich eingesetzten ESEWM- und RYAD-Systeme, die bis über das Ende des Kalten Krieges hinaus hergestellt wurden.
    Den eigentlichen technischen Schub für die Computerentwicklung schuf der Übergang von der seit 1947/48 eingeführten Transistor- zur 1958 begonnenen Chip-Anwendung. Auch hier spielte das US-Militär mit seinem Entschluß, die Minuteman -Rakete ab 1959 auf der Basis dieser neuen Technologie zu entwickeln, eine wesentliche Rolle. Tatsächlich wuchs, wie zuvor die Transistor-, nun die Chip-Produktion zunächst fast ausschließlich aus militärischen Erwägungen. Integrierte Schaltkreise waren nicht nur in der Raketensteuerung der Minuteman, sondern immer mehr auch in den Bombern und sonstigen Militärflugzeugen notwendig. Die US-Firma Texas Instruments, in deren Labors der erste Chip hergestellt worden war, wurde mit den Minuteman-Raketen groß, andere Firmen wie Fairchild oder Philco-Ford erhielten Großaufträge für die NASA, die sich seit dem Sputnik-Schock 1957 mit den Sowjets einen verschärften Wettlauf um die erste Mondlandung lieferte. Letztendlich waren es aber nicht nur Computer, die aus der militärischen Verwendung in den zivilen Gebrauch eindrangen. Das erste serienmäßig hergestellte strahlgetriebene Passagierflugzeug, die Boeing 707, ging aus der Entwicklung der Strategischen Bomber B-47 und B-52 hervor. Danach wurden die hier gewonnenen Erfahrungen wieder auf militärische Anwendungen übertragen, so auf das erste düsengetriebene Tankflugzeug in der Strategischen Bomberflotte, die Boeing KC-135.
    Auch das Internet hatte seine Anfänge in der Vorbereitung auf den Nuklearkrieg. Die in den USA eingeführte Dezentralisierung der Information sollte nicht nur verhindern, daß sämtliche Daten bei einem gegnerischen Atomschlag verlorengingen, sondern auch die Kommunikation weiterhin gewährleisten. Am Beginn stand auch hier der Sputnik-Schock, in dessen Folge 1958 eine Advanced Research Projects Agency (ARPA) im US-Verteidigungsministeri-um aus der Taufe gehoben wurde. Das Konzept, ein militärisches und ziviles Kommunikationssystem zu erhalten, über das ein Vergeltungsschlag noch geführt werden könne, wenn bereits ein sowjetischer Atomangriff durchgeführt worden sei, stammte von Paul Baran, einem Mitarbeiter der amerikanischen RAND Corporation - einer Denkfabrik, die vor allem die US-Luftwaffe nutzte. Aus diesen Anfängen entwickelten sich bis 1966 die ersten Versuche, eine Vernetzung von Computern zu erreichen. 1969 entstand daraus zunächst das ARPANET, das sich seit 1973 auch international etablieren und zwei Jahre später sogar schon satellitengestützt arbeiten konnte. In den Achtzigern wuchs es zu jenem umfassenden globalen Netz, das das Internet bis heute ausmacht und das auch seine Besonderheiten erklärt. So befinden sich noch heute die sogenannten Router, also jene zentralen Großrechner, die weltweit für die Verwaltung der Adressen zuständig sind und damit das Internet dominieren, ausschließlich auf dem Gebiet der Vereinigten Staaten. In das Jahr 1983 fiel dann auch die eigentliche Gründung des Internet, als das ARPANET in einen militärischen und einen zivilen Abschnitt geteilt wurde. Ob das militärische ARPANET einen Atomkrieg

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