Der Kalte Kuss Des Todes
tatsächlich Vorteile, sich mit ihr zusammenzutun.
»Und Darius? Darf der nichts dazu sagen?«
Sie blickte schmunzelnd zu ihm auf. »Was sagst du?«
»Ja!« Er grinste wie ein Honigkuchenpferd. Seine Fänge blitzten.
Jetzt wusste ich’s wieder: Darius war ein Mann von wenig Worten, und »ja« war eines seiner liebsten Wörter. Wenn da nicht dieses gerissene, raubtierhafte Funkeln in seinen Augen gewesen wäre, ich hätte ihn für ein wenig beschränkt gehalten.
»Überleg doch mal«, sagte sie leise. »Keine Tabletten mehr, du wärst die Vamps los, bräuchtest keine Deals mit ihnen zu machen. Freiheit, Unabhängigkeit und die vollständige Kontrolle über dein Leben. Schau ihn dir doch an, Genevieve, er ist ein Zuckerstück, die Kirsche auf der Torte.«
Sie schien meine Gedanken lesen zu können – konnte sie vielleicht sogar -, und einen Moment lang ließ ich mir ihren Vorschlag durch den Kopf gehen.
Nein, es würde nicht funktionieren. Darius mochte im Moment zwar keinen Vampir-Herren haben, aber das würde sich ändern, sobald die Blutsauger herausfanden, dass ich ihn als Venom-Spender benutzte. Außerdem ging mir diese Rollenumkehrung gewaltig gegen den Strich: Ich selbst wollte kein Blutpinscher oder Vampir-Sklave werden – wie konnte ich da guten Gewissens einen der Vamps zu meinem Venom-Spender machen? Selbst wenn er noch so willig war?
Und dann war da noch diese andere Fliege in der Suppe: die Hannah-große Fliege. Darius mochte ja keinen Vampir-Herrn haben, dem er untertan war, aber er hatte sie – eine schwarze Magierin. Wer auch immer ihre Fäden zog, vielleicht auch sie selbst, sie war nicht hier, um mir einen Gefallen zu tun.
»Und wie stellst du dir das vor? Wie soll das funktionieren?«, sagte ich langsam. »Wir teilen ihn während der Woche
zwischen uns auf, und am siebten Tage darf er ruh’n und nur schöne Dinge tun?«
»Wenn du willst.« Sie lächelte.
»Was ich wirklich will, Hannah, ist, wissen, was du wirklich willst. Zum Beispiel, was du hier gesucht und nicht gefunden hast?«
Sie tätschelte Darius’ Brust. »Scheint, als wären wir aufgeflogen, Schätzchen.« Mit einem reuigen Lächeln schaute sie sich um. »Es gab nicht viel zu suchen, versteh mich nicht falsch, ich finde es toll, wie du dich eingerichtet hast, aber hättest du nicht besser eine Wohnung, die – nun ja, in der Darius unbeobachtet kommen und gehen könnte? Die dir gehört und nicht dem Hexenrat?«
Ich merkte, wir kamen allmählich zur wirklichen Kirsche auf der Torte. »Okay, jetzt beiße ich an.«
Ihre Augen blitzten zufrieden auf. Eifrig beugte sie sich vor, wähnte sich fast am Ziel. »Der Earl hat dir ein Geschenk gemacht« – der Earl, Londons einflussreichster Vampir, mit dem ich zwangsweise den Blutbund eingegangen war, dessen Asche die Themse nun Gott sei Dank ins Meer gewaschen hatte – »ein Fabergé-Ei, das eine Kette mit einem Saphiranhänger enthielt. Es ist eines der ersten Eier, die je angefertigt wurden, stammt aus Sankt Petersburg und war ein Geschenk von Zar Alexander III. an seine Gemahlin, Maria Fjodorowna, hergestellt 1886. Gilt heute als verschollen.« Sie breitete die Hände aus. »Du brauchst es nur zu verkaufen.«
Mir fiel fast die Kinnlade herunter. Was für eine fette Kirsche!
Das Ei hatte ich fast vergessen – wahrscheinlich, weil ich es sowieso nie haben wollte und daher auch nie als mein Eigentum betrachtet hatte. Der Earl hatte es mir im Verlauf der Mr.-Oktober-Sache geschenkt – als eine Art juwelenbesetzter Erpresserbrief, ein zusätzlicher Anreiz, den Blutbund mit
ihm einzugehen. Mir war natürlich klar gewesen, dass das Ei wertvoll war – es war immerhin ein Fabergé -, aber ich hatte es für eine, wenn auch teure, Nachbildung gehalten, nicht für ein verschollenes Original.
Und woher, zum Teufel, wusste Hannah überhaupt davon?
»Ach, und bevor du behauptest, dass du es nicht hast, Genny« – ihr Lächeln verhärtete sich -, »denk daran, ich war die Geschäftsführerin des Earls. Ich weiß, dass er dir das Ei gegeben hat. Ich habe die Lieferung selbst arrangiert. In seinem Namen natürlich.«
Ich verengte nachdenklich die Augen. Etwas an dem, was sie sagte, stimmte nicht.
»Ich verfüge über Kontakte, Genevieve«, fuhr sie geschäftsmäßig fort. »Ich kann einen schnellen Verkauf zu einem guten Preis arrangieren: sechzig Prozent für dich, vierzig für mich. Und die Dienste von Darius, wann immer du sie benötigst.« Mit einem gerissenen Ausdruck legte
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