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Der Kalte Kuss Des Todes

Der Kalte Kuss Des Todes

Titel: Der Kalte Kuss Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne McLeod
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kennst du sie besser. Du bist ja bei ihnen aufgewachsen, obwohl nur die Göttin weiß, wie das wohl gewesen sein muss.«
    »Das hab ich dir doch erzählt!«, sagte ich scherzend, um die trübe Stimmung ein wenig aufzulockern. »Nicht viel anders als bei anderen Kindern, deren Väter noch nach den Regeln der russischen Aristokratie des achtzehnten Jahrhunderts leben – Nannies, Privatlehrer, Dienstpersonal, Tanzunterricht, Abendgarderobe zum Dinner …«
    »Genau!« Sie stieß ein fast verzweifeltes Lachen aus und verschränkte die Arme. »Die Mahlzeiten! Die kann ich mir nun überhaupt nicht vorstellen!«
    »Ja, ich geb’s zu, es ist schon ein wenig ungewöhnlich, wenn du die Einzige bist, deren Essen auf einem Teller erscheint anstatt auf zwei Beinen. Aber, he, ich war ein Kind, ich kannte es nicht anders. Für mich war das normal.«
    Und, okay, manchmal kam’s vor, dass jemand allzu enthusiastisch über sein Essen herfiel, aber Unfälle passieren nun mal – wie Matilde, meine Stiefmutter zu sagen beliebte -, und wenn nach so einem »Unfall« das Opfer weiter herumzulaufen pflegte, wenn auch etwas verwirrt und durchsichtig – selbst nachdem die »Überreste« beseitigt worden waren -, dann war auch das normal. Viele Menschen haben Phobien. Grace hat Angst vor Spinnen, und mir graut es nun mal vor Geistern.
    »Aber es ging beim Essen immer äußerst zivilisiert zu.« Ich grinste, um Grace noch ein bisschen mehr abzulenken. »Nur Handgelenke, natürlich.«
    Was stimmte. Mein Vater hatte diesbezüglich strenge Grundsätze gehabt. So etwas wie Darius’ und Hannahs kleine Show hatte ich erst erlebt, als ich zum ersten Mal in Sucker Town auf Blutsuche ging.

    Paps wäre entsetzt gewesen, und Grace war’s, als ich ihr davon erzählte, wenn auch aus ganz anderen Gründen.
    »Ja, es ging so zivilisiert zu, dass du mit vierzehn Jahren von zu Hause ausgerissen bist«, sagte Grace, immer noch besorgt, aber auch ein wenig vorwurfsvoll, weil ich die Sache anscheinend auf die leichte Schulter nahm.
    »Mag sein« – ich seufzte -, »aber wie gesagt, das hatte weniger mit meinem Vater zu tun als damit, dass er eine falsche Entscheidung getroffen hatte.« Die Entscheidung, mich einem Vampir zu versprechen, der, als er kam, um mich zu holen, sich nicht als der Märchenprinz erwies, von dem ich meine ganze Kindheit lang geträumt hatte, sondern als sadistische Bestie.
    »Und du bist dir sicher, dass Malik nicht auch eine solche falsche Entscheidung wäre?« Auf ihrer Stirn zeichneten sich tiefe Sorgenfalten ab.
    »Ich habe nicht die Absicht, ihm so nahe zu kommen.« Wirklich nicht?, flüsterte meine verräterische Libido. Im Gegenteil, ich hatte vor, ihn auf Armeslänge von mir fernzuhalten. Buchstäblich. Malik begehrte mein Blut, schon seit ich vier Jahre alt war; ich dagegen brauchte seinen Schutz und sein Venom, und da war das Handgelenk der kleinste gemeinsame Nenner, fand ich. Ich hatte ihm das eigentlich vorschlagen wollen, wenn er das nächste Mal auftauchte, aber nun, da er sich schon seit einem Monat nicht mehr hatte blicken lassen, blieb mir wohl nichts anderes übrig, als ihn selbst aufzustöbern. Was ihm natürlich die Macht gab – keine sehr günstige Verhandlungsposition.
    »Und was ist mit Finn?«, sagte Grace und hob die Hand, als ich den Mund aufmachte, um zu antworten. »Und ich spreche nicht von deinem Job, Genny.«
    »Finn ist nicht mehr interessiert«, erwiderte ich leise.
    »Unsinn! Natürlich ist er das – warum hätte er sonst das
mit deinem Vater verschwiegen und sich gegen den Hexenrat gestellt? Er ist nur vorsichtig und rücksichtsvoll, Genny«, sagte sie beschwörend und ergriff meine Hände. »Du hast ihm dieses riesige Geheimnis von dir anvertraut, etwas, das große Probleme in deinem – und seinem – Leben verursachen könnte. Vielleicht denkt er ja, du würdest dich verpflichtet fühlen, mit ihm auszugehen, wenn er dich jetzt fragte.«
    Ein Hoffnungsschimmer flackerte in mir auf. Könnte sie recht haben? Hatte Finn sich nur deshalb von mir zurückgezogen, weil er fürchtete, ich würde aus den falschen Gründen ja sagen? Und nicht, weil ihn mein väterliches Erbteil abstieß und erschreckte? Das würde zu seiner typischen Ritterlichkeit passen.
    »Aber das bedeutet natürlich«, fuhr Grace fort, »dass du jetzt auch das Vertrauen in ihn verloren hast, weil er dich anscheinend fallenlassen hat wie eine heiße Kartoffel, nachdem er von deinem Geheimnis erfuhr. Wahrscheinlich bist du deshalb in

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