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Der Kalte Kuss Des Todes

Der Kalte Kuss Des Todes

Titel: Der Kalte Kuss Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne McLeod
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Geschmack war natürlich nur imaginär, aber das nahm ihm nichts von seiner Abscheulichkeit. Ich lehnte mich zurück und holte tief Luft.
    Phoukas sind dafür bekannt, dass sie ihr Essen am liebsten haben, wenn es noch zappelt.

    Nun sammelte Blue die Würfel in einem schlanken Plastikbecher auf. Er legte eine Pranke darüber und begann den Becher zu schütteln. Es klang wie die klappernden Gebeine eines Gehängten.
    »Call«, forderte er mich auf.
    »Big Red«, sagte ich.
    Die Menge murmelte zustimmend.
    Blue nickte ernst und ließ die Würfel rollen. Die beiden beinernen Würfel purzelten über den Tisch. Als sie liegen blieben, zeigten sie eine Vier und eine Drei.
    »Big Red«, bestätigte Blue, sammelte die Würfel ein und schüttelte erneut den Becher.
    »Call.«
    »Mitternacht.«
    Nervöses Getuschel. Diesmal waren sich die Leute weniger sicher.
    Blue nickte abermals auf seine ernste, feierliche Weise und ließ die Würfel rollen. Sie blieben gefährlich nahe an der Tischkante liegen. Beide zeigten eine Sechs.
    »Mitternacht.«
    Durch die Versammelten ging ein Seufzer der Erleichterung.
    »Last Call«, brummte Blue. Aus den säuberlich gebohrten Löchern in seinem Schädel stieg feiner grauer Staub auf. Erneut schüttelte er den Becher.
    »Schlangenaugen«, sagte ich, bevor ich es mir überlegen konnte.
    Die Zuschauer erstarrten. Schlangenaugen brachten Pech, es war ein Verliererwurf. Ich hatte ihn gar nicht ansagen wollen, sondern ein Ass und ein Deuce. Ich ballte zornig die Fäuste. Warum hatte ich mir die Würfel nicht angesehen , bevor ich sie abküsste? Aber jetzt war’s zu spät, ich hatte meinen Call bereits gemacht.

    Blue machte den Wurf, und ich schaute zu, wie die Würfel über den Tisch rollten. Der eine blieb bei der Eins stehen, der andere bei der Zwei.
    »Ass und Deuce«, verkündete Blue, steckte die Würfel sorgfältig wieder ein und zog das Schälchen mit meinem Zwanziger zu sich. »Sorry, Miss, Sie haben verloren.«
    Kacke. Das Würfelspielen war eigentlich nur eine Formsache, wenn man kein Mensch war. Und der Glamour bildete nur die Oberfläche und konnte den Ausgang des Spiels nicht beeinflussen.
    Und das bedeutete, dass jemand die Würfel mit einem Fluch behaftet hatte. Ich schaute mich verstohlen um, aber kein Gesicht ließ mehr Interesse erkennen, als normal gewesen wäre.
    Ich zückte einen weiteren Zwanziger und rang mir ein Lächeln ab. »Dann versuche ich’s eben noch mal.«
    »Geht nicht, Miss.« Blue schüttelte bedauernd seinen Betonschädel. »Wenn Sie nicht bei der ersten Runde gewinnen, können Sie es erst morgen bei Sonnenuntergang wieder probieren.«
    Ich zerknüllte den Zwanziger. Verdammt. Ich konnte unmöglich bis morgen Abend warten -
    Plötzlich wurde ich von einer kalten Hand berührt. Ich fuhr herum und starrte in die leeren Augen von Cosette, dem Geisterkind, das mich verfolgte. Ich erstarrte. Das Herz klopfte mir bis zum Hals. Ich wäre am liebsten vor der Berührung zurückgezuckt, aufgesprungen und davongerannt, als ob sämtliche Höllenhunde hinter mir her wären.
    Cosette zupfte an meinem Ärmel. Ich begriff: Sie wollte, dass ich ihr folgte. Mit einem abschließenden bedauernden Blick auf den Spieltisch erhob ich mich und folgte ihr zum Ausgang. Sobald ich das Museum verlassen hatte, löste sie sich in Luft auf.

    Oben auf der Straße stand eine weibliche Gestalt und blickte hochmütig auf mich herab. Sie war groß, schmal und gertenschlank und trug einen eleganten Filzhut mit ausladender Krempe, dazu hatte sie einen schicken rotbraunen Hosenanzug an. Ihre Augen waren verblüffend grün, es war das Grün frisch ausgetriebener Frühlingsblätter, kein Weiß, keine Pupillen, nur dieses durchdringende Grün. Hinter ihr stand ein untersetzter, kleiner Mann im Nadelstreifenanzug, der so gar nicht zu seinem durchweichten Panamahut passen wollte. Seine Augen waren ebenso grün wie die seiner Gefährtin. Beiden fehlten die Augenbrauen, was ihre Gesichter seltsam unfertig wirken ließ, und beide waren unter ihren Hüten offensichtlich kahlköpfig, aber es gehörte nun mal zum guten Ton, sich die Zweige vom Kopf zu schneiden.
    Shit. Was hatte ich bloß getan, dass ich jetzt auch noch von einem Dryadenpärchen verfolgt wurde?
    »Ms Taylor?«, fragte die Frau, den Kopf zur Seite geneigt. »Aha, ich verstehe. Wirklich gut, dieser Glamour. Kein Wunder, dass die Bäume so lange gebraucht haben, um Sie aufzustöbern, Ms Taylor.«
    Verdammte Baumgeister, überall hatten sie

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