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Der kalte Traum - Bottini, O: Der kalte Traum

Der kalte Traum - Bottini, O: Der kalte Traum

Titel: Der kalte Traum - Bottini, O: Der kalte Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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auch besser, wenn du fährst …
    »Kurz und schmerzlos«, sagte sie.
    Er reichte ihr die Hand. »Falls du mich brauchst … Oder der Staatsanwalt. Ich kann jederzeit wieder runterkommen.«
    Sie nickte.
    Lächelte, als sein Blick das Neeßle streifte. »Darfst sie ruhig mal anfassen.«
    Sanft fuhr er ihr mit zwei Fingerspitzen über den Nasenrücken.
    Dann noch einmal.
    Und ein letztes Mal.

45
    MITTWOCH, 26. JUNI 1991
    NAHE BAUTZEN
    »Du bist der Serbe aus Rottweil? Slobo?«
    »Ja. Slobo Janić.«
    »Siehst nicht aus wie ein Serbe.«
    Thomas zog sich die Mütze vom Kopf. »Doch. Sehen Sie.«
    Der Franzose, Michel, legte die Stirn in Falten. »Schau in den Spiegel, Klugscheißer.«
    Er war ein kleiner, dicker Mann mit Vollbart und langen Haaren und sah Dennis Hopper in Apocalypse Now nicht unähnlich. Michels linke Hand lag auf dem Türrahmen des Granada, die rechte hielt eine silberfarbene Pistole, deren Mündung nach unten zeigte. Er sprach akzentfrei Deutsch.
    Wie Josip ihm aufgetragen hatte, war Thomas in die ehemalige DDR gefahren, sieben Stunden durch strömenden Regen, und hatte auf einer Schotterkreuzung in einem Wald südlich von Bautzen im Auto gewartet. Der Franzose war mit einem Armeejeep gekommen, pünktlich auf die Sekunde. Am Steuer hatte ein kurzgeschorener Mann in Tarnjacke gesessen, ein misstrauischer, muskulöser Soldat. Jetzt stand der Soldat rauchend ein Stück abseits, auch er mit einer Pistole in der Hand.
    Wenige Minuten zuvor hatte es aufgehört zu regnen, Sonnenstrahlen brachen schräg durchs Laub. Nebelfetzen lösten sich auf, aus dem Erdreich stieg Dunst, kroch an den Beinen des Franzosen und des Soldaten empor.
    Thomas blinzelte.
    Kein Traum.
    Als Josips Chauffeur begegnete man merkwürdigen Menschen.
    »Die Serben, die ich kenne, sehen anders aus«, sagte Michel.
    »Ich bin ein deutscher Serbe, die sehen nicht so aus wie die serbischen.« Thomas lächelte freundlich. Er war aufgeregt, Angst hatte er nicht. Immer wieder dachte er an Bran, der vor einer Weile nach Rottweil zurückgekommen war und ganz anderes geleistet hatte, in seinem weißen Golf durch Europa gefahren war, Waffen in die Republika Hrvatska gebracht hatte, fünf Tage im Krieg gekämpft und möglicherweise einem Tschetnik ins Bein geschossen hatte.
    Der schreckliche Geschichten über die Grausamkeit der Serben gehört hatte. Die Frauen, sagt man, sind am schlimmsten dran. Die Frauen und dann die Babys, die spießen sie auf Lanzen auf, und dann hab ich von einem Tschetnik gehört, der ist zu seinem kroatischen Nachbarn rüber und hat ihn mit dem Küchenmesser skalpiert.
    »Serbische Serben?«, fragte Michel.
    »Die echten. Meine Vorfahren. Echte Vojvodiner Serben.«
    »Ah, die Vojvodina.« Michel strahlte. »Steig aus, Klugscheißer.«
    Während der Soldat Thomas nach Waffen durchsuchte, sagte Michel, er sei ein großer Fan der serbischen Serben, die wie die Franzosen ein Partisanenvolk seien – die Revolte gegen Österreich-Ungarn, der Widerstand gegen die Nazis und in der Vojvodina 1944 die Srem-Front, mon dieu, eine Schlacht von hundertfünfundsiebzig Tagen, eine Viertelmillion Soldaten beteiligt … »Ich bin ein großer Fan von Schlachten«, sagte Michel.
    Der Soldat hob den Daumen. »Sauber.«
    »Das Auto«, sagte Michel.
    Der Soldat begann, den Granada zu durchsuchen.
    Michel tippte Thomas gegen die Brust. »Woran liegt es, dass ihr deutschen Serben anders ausseht als die echten, heh?«
    »Am Fleisch. Die deutschen Schweine furzen zu oft.«
    Michels Augen wurden groß, der Bart geriet in Bewegung. »Die furzen zu oft? Na und?«
    »Das macht blass.«
    »Die Schweine?«
    »Uns Serben.«
    »In Ordnung«, sagte der Soldat und warf Thomas den Rucksack mit dem Geld zu.
    Michel machte eine Handbewegung. »In den Jeep.«
    »Und mein Auto?«
    »Die Straßenbahn fährt aus Bautzen hierher, Klugscheißer.« Er schob Thomas auf die Rückbank, er selbst und der Soldat stiegen vorn ein.
    Sie fuhren los, der Granada verschwand zwischen den Bäumen.
    »Schicket Auto«, sagte der Soldat. »Echter Amerikaner.«
    »Gehört mir und meiner Freundin Jelena.«
    »Auch eine deutsche Serbin?«, fragte Michel.
    »Eine Serbin aus Vukovar.«
    »Ah, Vukovar«, sagte Michel. »Ich bin ein großer Fan von Vukovar.«
    Sie verließen das Waldstück, fuhren auf einer Landstraße in Richtung Görlitz. Über ihnen lösten sich die letzten Wolken auf, bald war der Himmel blau. Thomas fragte, wohin sie führen, wo die Waffen seien, Michel wandte sich

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