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Der Kalte

Der Kalte

Titel: Der Kalte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Schindel
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»Marits braucht uns doch jetzt, wenn die Sozialdemokraten unseren, äh, ihren
Kandidaten durchbringen wollen. Wir dürfen uns jetzt nicht abkapseln.«
    »Recht hast du«, sagte Samueli mit geflöteten Lippen. »Der Pferdsatz ist schließlich von Marits ausgesprochen, er hat also durch sein Copyright Mitspracherecht, oder?«
    »Eben«, sagte Reisner. »Oder war das jetzt einer deiner Witze?«
    Nach Stunden schlossen sie die Sitzung und brachen auf. Allesamt gingen sie ihrer Wege. Sie spürten, dass etwas in der Luft lag im Staate Österreich.
    24.
    Am dreißigsten April neunzehnsechsundachtzig kurz nach Mittag sah Roman Apolloner, als er am Gang der Redaktion eine Zigarette zum Fenster hinausrauchte, eine aufgeregte Frau im Zimmer des Hauptaufdeckers Peter Münsterer verschwinden. Aha, dachte er und blickte auf die Tür des Stellvertretenden Chefredakteurs, was hat die Patzelter beim Münsterer verloren? Apolloner schloss das Gangfenster, lächelte sich selbst zu, ging zurück zu seinem Schreibtisch und rief nach kurzem Zögern Tschonkovits an.
    »Ah, Apolloner. So schnell kanns gehen. Fass dich kurz. Bin am Sprung zum Chef.«
    »Ich muss dir gar nichts erzählen. Machs gut.« Apolloner legte auf, ging hinüber zum Aufzug, fuhr in den Keller und betrat das Archiv. Er suchte die Ordner über die SPÖ im Burgenland. Der jüngste fehlte, er sah die Listen durch, konnte nichts finden. Als er wieder aus dem Aufzug stieg, hörte er es in seinem Büro klingeln.
    »Sei kein Frosch, Roman«, sagte Johannes Tschonkovits »was willst du mir erzählen?«
    »Hildegard Patzelter sitzt beim Münsterer. Das ist doch eure Karrierefrau im Burgenland. Hat die nicht Brösel bekommen mit euren Machos dort und sich sogar mit deinem Chef angelegt?« Apolloner machte eine Pause. »Und der jüngste Ordner übers Burgenland ist auch beim Münsterer.«
    »Was kann der enthalten?«
    »Keine Ahnung.« Tschonkovits lachte auf.
    »Du bist ein Witzbold«, sagte er dann. »Der Chef wird mir auftragen, sofort herauszukriegen, was die Patzelter bei euch will. Der kann schon lang nicht mehr mit ihr. Er will sie loswerden. Wie kannst du denn erfahren, was diese Furie vorhat?«
    »Das ist meine Sache. Aber wieso interessiert sich der Marits dafür? Hat der was am Stecken?«
    »Gar nix«, antwortete Tschonkovits rasch. »Aber mir dämmert was. Ich ruf dich später noch mal an.«
    »Nein, ich dich.« Apolloner legte auf, ging hinüber und betrachtete die geschlossene Tür vom Münsterer, sah sich das linke Ohr drauflegen und dass Judith ihn dabei erwischte, er klopfte an.
    »Moment«, rief es von drinnen, und Peter Münsterer öffnete nach einigen Augenblicken die Tür einen Spalt. »Was gibts?«
    Apolloner versuchte, über Münsterers Kopf ins Zimmer zu blicken, doch Münsterer flüsterte ihm zu: »Hab keine Zeit. Die Patzelter.«
    »Ich habs gesehen.«
    »Pscht.« Und Münsterer machte die Tür zu.
     
    Tschonkovits stand beim Fenster, schaute auf den sonnigen Heldenplatz. Marits war in sein Büro gekommen, tippte ihm auf die Schulter, sodass Tschonkovits zusammenfuhr und sich umdrehte.
    »Entschuldige die Störung«, sagte der Kanzler und lächelte säuerlich.
    »Ich frage mich, was die Patzelter in der Redaktion des Signal will«, sagte Tschonkovits.
    »Was? Die Hildegard sitzt beim Klingler?«
    »Schlimmer. Beim Münsterer. Ich ahne da etwas.«
    »Heraus damit!« Marits begann im Büro von Johannes hin und her zu gehen. Tschonkovits setzte sich hinter seinen Schreibtisch und folgte mit den Augen seinem immer aufgeregter werdenden Chef.
    »Du hattest«, sagte Marits, »irgendwas erwähnt im Zusammenhang damit, dass ich dir untersagt habe, den Jüdischen Weltkongress einzuschalten, weißt du das noch?«
    »Ich hab gesagt, dass du eh schon damals in Eisenstadt in der Vorstandssitzung nach der Nominierung von Wais gesagt hast, wir werden die braune Vergangenheit, sofern es nur einen Zipfel davon gibt, aufdecken.«
    »Aber damals war doch noch gar nichts bekannt.«
    »Ich hab dir von Gerüchten erzählt, die unter jüngeren Historikern im Schwange waren wegen der Lücken in seinem Selbstsalbungsbuch.«
    »Gerüchte! Aufgrund von Gerüchten habe ich damals in der Parteivorstandssitzung so geredet?«
    »Das hast du. Und die Hildegard war damals zugegen.«
    »Alle waren zugegen, alle. Deswegen sitzt sie jetzt beim Münsterer?«
    »Kann sein oder auch nicht.«
    »Was könnte sie sonst bei ihm wollen?«
    »Nichts«, sagte Tschonkovits und stand auf. »Sie

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