Der Kalte
Zischka.«
»Überraschungsgäste?«
»Sind ne Überraschung.« Und lachend ging sie mit schwingenden Hüften aus dem Zimmer. Während Dauendins Blick auf ihrem Gesäß weilte, fiel ihm noch etwas ein.
»Kommt der Fraul?« Astrid drehte sich um, ging auf ihn zu, umfasste seinen Hals.
»Eingeladen habe ich ihn natürlich. Es kommt doch die
ganze Burg. Aber er wird nicht antanzen.« Und sie drückte ihm einen Kuss auf die Schläfe.
»So schlecht gehts dem? Na ja, hat er sich selbst zuzuschreiben.«
Astrid von Gehlen schwieg dazu und ging wieder in die Küche. Dauendin zog das Sakko an, stellte sich im Vorraum vor den mannshohen Spiegel. Aus der Küche hörte er das Knipsen eines Feuerzeugs. Mit dem Singen hatte Astrid aufgehört.
Drei Frauen erschienen anderthalb Stunden vor Beginn des Festes vor der Tür vom Oswald & Kalb und klopften sich die Fingerknöchel rot. Der Kellner Wanja kam gemütlich die Bäckerstraße herauf, lachte und sperrte ihnen auf. Sofort hängte er das Schild GESCHLOSSENE GESELLSCHAFT an die Tür. Die Frauen schleppten Taschen und Körbe ins Lokal und begannen mit den Vorbereitungen. Nach dreißig Minuten erschien Rüdiger Scherfele, ging von Tisch zu Tisch und stellte Namenskarten auf. Noch bevor die Schauspieler, welche Scherfele gebeten hatte, etwas früher zu kommen, allmählich eintrudelten, war Judith Zischka da und ihr zur Seite Karl-Heinz Bonker, dessen Schädel noch röter schimmerte als sonst. Er machte einen müden und etwas weggetretenen Eindruck, wollte sich die Feierlichkeit aber nicht entgehen lassen. Judith setzte ihn vorerst im Thekenraum an den Dreiertisch.
»Weeeß och nicht, wat mit mir los ist«, brummte er zu sich selbst. Inzwischen eilte mit Bane der zweite Ober von der Straße herein und mit ihm Kurt Kalb. Während Wanja an der Espressomaschine hantierte, wollte sich Bane zum Umziehen zurückziehen, da orderte Bonker bei ihm »nen doppelten Gin, und zwar sofort«. Wanja hielt inne, lächelte und brachte das Getränk, welches Bonker aussoff, indem er mit
dem Gläschen an den Lippen heftig den Kopf in den Nacken warf. Zischka, die einige Sätze mit dem Dramaturgen gewechselt hatte, setzte sich nun zu Bonker und begann ihn in ein Gespräch über den Jubilar zu verwickeln. Bonker kam auf Tour, und er erzählte Judith zwar wenig über Dauendin und seine Düsseldorfer Jahre mit ihm, aber sehr viel über die verschiedenen Arten, wie er selbst an den ersten europäischen Bühnen gefeiert worden war, von wem und von dem und diesem und in welchen, sprich in allen Rollen. Dabei äugte er zu den beiden Kellnern hinüber, die inzwischen hinter der Theke standen, hob gelegentlich seine Stimme, damit jenen kein Wort entging. Judith rauchte dazu eine Zigarette nach der andern. Hinten beim Stammtisch saß Kurt Kalb mit Scherfele; der Dramaturg sprach auf Kalb ein, der von Zeit zu Zeit nickte und seinen Doppelmokka trank.
Schließlich waren alle Schauspieler da, Scherfele dirigierte sie in den Mittelraum, wollte mit seinen Anweisungen beginnen, doch Gruber unterbrach ihn und machte darauf aufmerksam, dass Fraul fehlte und Bonker draußen bei der Schank saß. Scherfele ging Bonker holen, antwortete über die Schulter, dass Fraul nicht eingeladen sei. Da stand Karl Fraul vor ihm und sagte: »Ach ja?« Bonker lachte, erhob sich, nahm den Fraul um die Schulter, ging an Scherfele vorbei zu den übrigen Schauspielern, die um den Mitteltisch saßen und den beiden heiter entgegenblickten.
»Der Überraschungsgast für Felix«, sagte Dünster und grinste. Fraul schaute ihn an und setzte sich neben Katharina Dronte, welche die Verspätung ihres Vaters entschuldigte.
Scherfele klatschte in die Hände und begann mit den Instruktionen.
Kurz nach halb acht sperrte Bane die Tür zu. Sofort klopfte es, und Direktor Dietger Schönn erschien, hinter ihm Astrid und der Jubilar. Die drei begannen im Innern des Lokals die Tische abzuschreiten, die Gäste erhoben sich und begannen zu klatschen. Fraul ließ ein halblautes »Yuppije« erklingen, als Astrid an ihm vorbeiging. Sie blickte ihn erstaunt an, aus seinen Augenwinkeln kam aber ein vom raschen Zwinkern unterbrochenes Blitzen. Felix Dauendin neigte den Kopf nach allen Richtungen, es hatte sich in seinem Gesicht ein wohlwollendes Lächeln festgeklebt, das sich bei längerer Betrachtung in ein hilfloses verwandelte. Karl-Heinz Bonker riss sich von seinem Stuhl hoch:
»Donnerwetter, Felix, angejahrter Jungspund, prächtiger,
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