Der Kammerjäger
Titelblatt von People landen. All das, so hoffte er, würde dafür entschädigen, daß er nicht besonders viel auf die hohe Kante gelegt hatte. Und falls aus alle dem nichts wurde, dachte er, würde er vielleicht zu Weihnachten eine kleine Aufmerksamkeit in seiner Lohntüte finden.
Obwohl Wolfe diese ganze datenorientierte Spibnage nicht leiden konnte, arbeitete er sehr gerne neue Agenten ein. Es gab ihm Gelegenheit, seine gähnend langweiligen Geschichten einem bereitwilligen oder zumindest gefesselten Publikum zu erzählen und die neuen Methoden der Detektivarbeit niederzumachen.
«Gottverdammte Faxe, ich hasse diese Dinger», verkündete Wolfe. «Diese ganze Technologie ist wertlos, gibt einem ein falsches Sicherheitsgefühl. Woher soll man wissen, was diese Satellitenbilder sein sollen? Ich meine, ich möchte wirklich mal wissen, was gegen die gute alte Methode zu sagen ist, sich auf Raketenbasen zu schleichen und sich seine Informationen zu bestätigen. Das möcht ich gern mal wissen.»
Die Hintergrundmusik reagierte ironischerweise mit einer zäh-süßen Version von «TheTimesThey Are A-Changin'».
«Nun, Sir, das hier ist nicht die Information über die koreanische Raketenbasis, die Sie erwartet haben», erklärte Parker. «Das sind Infos über diesen Typen, der Huweiler um die Ecke gebracht hat. Vor-Ort-Ermittler haben ihn ausgegraben.»
«Der Huweiler-Mord, ha?» Wolfe spitzte die Ohren, spürte, daß dies der Fall sein könnte, den er gesucht hatte. Wenn dieser neue Killer so gut war, wie die Gerüchte vermuten ließen, und Wolfe ihn in die Firma holen konnte, dann hätte er ausgesorgt. So eine Geschichte könnte Le Carre, Clancy und Grisham von der Bestsellerliste verdrängen, analysierte er eiskalt.
«Das war ein erstklassiges Stück Arbeit, nach dem, was ich gehört habe», sagte Wolfe. «Was für einen Background hat dieser Typ? Wer zum Teufel ist es?»
«Das wissen wir noch nicht, Sir, er ist einfach aus der Täfelung gekrochen.» Parker warf einen Blick auf das Fax und reichte es dann Wolfe. «Er heißt Bob Dillon.»
Wolfe sah überrascht aus. «Bob Dylan? Wie der Sänger?»
«Anders geschrieben», sagte Parker.
Das Fax zeigte Bob mit seiner TERMINATOR-Mütze, wie er in Freddie's Bar saß und gefährlich dreinschaute. Das Porträt war jetzt schon etwas verschwommen, da es die dritte Generation einer Fax-Kopie war. (Man könnte sich recht gut vorstellen, daß Marcels Assistent Jean es im Austausch für etwas Kleidergeld geschickt hatte.) Wolfe betrachtete das Bild und wies dann den weniger erfahrenen Agenten auf etwas hin. «Sehen Sie sich die Augen an. Die verraten immer den Killer.»
«Für mich sieht er betrunken aus», sagte der Grünschnabel. Verächtlich schüttelte Wolfe den Kopf und blickte dann wieder auf das Fax. «Das kommt daher, weil Sie noch neu sind und sich dran gewöhnt haben, sich auf diese ganze verdammte Technologie zu verlassen. Nein, wenn man erst mal so lange im Geschäft ist wie ich, dann lernt man, einen Killer zu erkennen.» Wolfe klopfte mit dem Zeigefinger auf das Fax. «Und dieser Typ ist ein Killer.» Er ging zu seinem Büro, um ein paar Anrufe zu machen. «Besorgen Sie mir alles über diesen Typen, was Sie kriegen können. Ich will bis heute nachmittag den gesamten Dillon-Katalog auf meinem Schreibtisch haben. Und ich will von allem harte Kopien haben, nichts von dieser E-Mail-Scheiße», fügte er technophobisch hinzu.
«Ja, Sir.»
«Ich habe das Gefühl, daß dieser Huweiler-Auftrag große Ähnlichkeit mit dem Mord in Istanbul von letztem Monat hat, zu dem sich noch niemand bekannt hat. Kann gut sein, daß wir diesen Dillon auf die Liste der Top ten setzen müssen.»
Mit gestreßter Miene spülte Mary das Geschirr. Die Miete war immer noch fällig, und verschiedene andere Rechnungen waren nach wie vor unbezahlt. In den Mahnungen machte sich ein richtiggehend drohender Tonfall bemerkbar, und es wurde angekündigt, man werde ihrer Familie die Grunddienstleistungen verweigern - Telefon, Gas, Strom und Kabel.
Immer schon war Mary auf ihre makellose Kreditwürdigkeit stolz gewesen, und die Angst, daß ihre Bonität beschmutzt werden könnte, nagte unaufhaltsam an ihr. Auch wenn sie mit ihrem Betriebswirtschaftsdiplom sonst nichts gelernt hatte - eins wußte sie: daß Menschen nicht nach ihrem Charakter beurteilt werden, sondern nach ihrer Kreditwürdigkeit.
Während Mary sich über finanzielle Probleme Sorgen machte, saß Katy in ihrer Pfadfinder-Uniform
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