Der Kammerjäger
in der Traumwelt der Werbung zu verlieren, konnte Bob nicht vergessen, weshalb er aus New York wegwollte.
Die umwerfende Frau, die in der Park Avenue aus dem Taxi stieg, war hübsch genug, daß ein Priester aufhören konnte, an Meßdiener zu denken. Tatsächlich wurde einmal gesagt, Chantalle könne eine ganze Bank von Bischöfen dazu bringen, auf die Decke der Sixtinischen Kapelle zu pinkeln.
Sie hatte kurzgeschnittene, europäisch gestylte Haare und einen weichen, erotischen Mund, der aber eine Saugkraft ausstrahlte, als könne er eine Harley starten. Ihr Körper schien das Ergebnis eines phänomenalen Gen-Pools oder von Jahren olympischen Trainings oder von beidem. Es überraschte, sie direkt in ein Süßwarengeschäft verschwinden zu sehen.
Der widerlich süße Duft von Schokolade und Toffees, der schwer in der Luft hing, ließ sie kalt. Sie rauschte an den Reihen von Marzipan und Tropifrutti vorbei, als wären es die abgefallenen Finger bunter Leprakranker. Die Jamaika-Rumkugeln und mexikanischen Orangendrops bettelten um Aufmerksamkeit, aber sie ignorierte sie.
Chantalle wußte ganz genau, was sie wollte. Sie trat an die Vitrine und inspizierte eingehend ein Tablett mit erlesenen weißen Schokoladentrüffeln, von denen nur drei die Prüfung bestanden.
Sie ließ sich von dem Verkäufer die drei vollkommenen Exemplare in einer mit weißem Papier gepolsterten Schachtel einpacken und verließ den Laden dann ebenso zielstrebig, wie sie ihn betreten hatte. Chantalle waren die zehn Millionen Dollar wichtiger als alles andere, außer vielleicht, als diejenige in die Geschichte einzugehen, die den berüchtigten «Schädlingsvernichten> getötet hatte.
Die Lampen von den Insektarien badeten den Wanzsaal in ihrem violetten Licht und spendeten allen Anwesenden Trost. Bob saß in seinem ächzenden Drehstuhl und machte sich ausführliche Notizen über die Arbeit des Tages. Die Grillen zirpten wieder in den Wandzwischenräumen, aber Bob war zu beschäftigt, um sich darum zu kümmern.
Nach stundenlanger Arbeit klappte Bob sein Notizbuch zu und streckte sich in seinem Stuhl so weit nach hinten, daß er mit seinen Armen eine Flasche von den vollgestellten Regalen herunterschrniß. Sie gehörte zu einem Sechsersatz, den Bob bei einer Nachlaßversteigerung erworben hatte - altmodische Parfüm-Sprühflaschen mit eleganten Schläuchen, die mit goldlame-beschichteten Ballons verbunden und früher einmal benutzt worden waren, die Alabasterhaut von verwöhnten Frauen mit kostbaren Duftwässern einzusprühen.
Bob, keinesfalls funktional fixiert, benutzte die Sprüher zur Aufbewahrung verschiedener Insektenpheromone, die er für seine Experimente brauchte. Diese kostbaren chemischen Substanzen waren ziemlich teuer, und Bob fand, daß sie sich in den Behältern gut hielten. Die Flaschen enthielten verschiedene Sekrete der Küchenschabe, eine starke Schutzflüssigkeit der langnäsigen Kaste unterirdischer Termiten (Reticulitermes hesperus) und einen Geschlechtslockstoff für Ameisen, den Bob immer wieder versucht war, bei einem unspezifischen Racheplan gegen Dick Pratt einzusetzen.
Er stellte den Sprüher wieder auf das Regal und warf einen Blick in das große Glas daneben. Zwischen den Blättern und Zweigen in dem Glas kletterte ein Dutzend Afrikanische Blattkäfer (Polyclada bohemani) herum. Diese harmlos aussehenden mittelgroßen Käfer waren braun mit einem ausgewogenen Muster schwarzer Punkte auf den Elytren.
Wie die Pheromone waren exotische Insekten ziemlich teuer.
Die Käfer hatte Bob (als er noch einen Vollzeitjob hatte) über einen entomologischen Versandkatalog für zehn Dollar pro Stück gekauft. Er hatte sie ganz am Anfang seiner Experimente erworben, wegen einer Eigenschaft, die südafrikanische Buschmänner schon vor langer Zeit entdeckt hatten, nämlich daß diese harmlos aussehenden Kerbtiere, wenn sie berührt wurden, ein bemerkenswert starkes Gift ausschieden.
Wie gewiefte Sonderangebotsjäger benutzten die Buschmänner (immer auf der Suche nach einem Vorteil, wenn es darum ging, das Essen auf den Tisch zu bekommen) winzige Mengen dieses Stoffes, um die Spitzen ihrer Jagdpfeile damit aufzumotzen. Derart bewaffnet, konnte ein hungriger Buschmann eine dreihundert Pfund schwere Gazelle mit lediglich einem Streifschuß erlegen, und dann hieß es einen Monat lang Gazellengulasch.
Ursprünglich hatte Bob gehofft, diese beeindruckende Waffe in seine Mörder-Mutanten hineinzuzüchten, aber leider waren die Arten
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