Der Kampf des Geisterjaegers
retten können.
Ich reagierte rein instinktiv, denn ich hatte keine Zeit zum Überlegen. Ich traf keine Entscheidung, ein anderer Teil von mir übernahm die Kontrolle. Ich konzentrierte mich nur, lenkte meine ganze Aufmerksamkeit auf die kreiselnde Klinge, bis sie langsamer zu werden schien.
Ich pflückte sie einfach aus der Luft. Meine Finger schlossen sich um den hölzernen Griff. Dann warf ich das Messer ins Gras. Einen Augenblick später kletterte ich über den Zaun und rannte über das Feld zum Hof.
Dort war es immer noch still und ruhig. Die Tiere wurden von unserem Nachbarn, Mr. Wilkinson, versorgt, daher war das an sich nicht beunruhigend. Es war nur so, dass ich selbst sehr nervös war. Plötzlich kam mir ein sehr beängstigender Gedanke.
Was war, wenn der Teufel bereits dort war? Vielleicht lauerte er ja irgendwo im dunklen Haus? Hatte er sich in einem der unteren Zimmer versteckt, um mir die Treppe hinauf zu folgen und mich anzuspringen, wenn ich die Tür zum Raum meiner Mutter aufschloss?
Ich schob den Gedanken beiseite, rannte an der niedergebrannten Scheune vorbei und über den Innenhof zum Haus. Ich warf einen Blick auf die Wand, die eigentlich dicht mit den roten Rosen meiner Mutter hätte überwachsen sein sollen. Doch sie waren verwelkt, hingen schwarz und trocken an ihren Stängeln. Und sie saß nicht drinnen, um mich willkommen zu heißen. Kein Vater. Dies war einmal mein Zuhause gewesen, doch jetzt wirkte es eher wie ein Haus aus einem Albtraum.
An der Hintertür hielt ich einen Moment inne, um zu lauschen. Stille. Also lief ich hinein und die Treppe hinauf, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, bis ich vor Mamas Tür stand. Ich nahm die Schlüssel von meinem Hals und steckte den größten davon mit zitternden Fingern ins Schloss. Drinnen schloss ich die Tür hinter mir ab und lehnte mich schwer atmend mit dem Rücken dagegen. Ich sah mich in dem leeren Zimmer mit dem nackten Holzfußboden um. Die Luft war hier viel wärmer als draußen. Es herrschte die milde Temperatur einer Sommernacht. Ich war in Sicherheit. Oder etwa nicht?
Konnte mich denn das Zimmer meiner Mutter vor dem Teufel selbst beschützen? Kaum hatte ich mir diese Frage gestellt, als mir einfiel, was meine Mutter mir einst gesagt hatte:
Wenn du tapfer bist und deine Seele rein und gut, dann ist dieses Zimmer eine Zuflucht , eine Festung gegen die Dunkelheit ...
Nun, ich war so tapfer, wie es mir unter den gegebenen Umständen möglich war. Zugegebenermaßen hatte ich zwar Angst, aber wer hätte die nicht gehabt an meiner Stelle? Nein, es war die Sache mit der guten und reinen Seele, die mir ein bisschen Sorge bereitete. Ich hatte das Gefühl, dass ich mich zum Schlechteren verändert hatte. Stück für Stück hatte mich die Notwendigkeit zu überleben dazu gebracht, die Werte zu verraten, nach denen ich erzogen worden war. Vater hatte mir beigebracht, mein Wort zu halten, doch ich hatte nicht einen Augenblick lang vorgehabt, mein Abkommen mit Mab einzuhalten. Zwar hatte ich einen guten Grund dafür gehabt, aber dennoch blieb die Tatsache bestehen, dass ich sie betrogen hatte. Das Merkwürdige daran war nur, dass Mab, eine Hexe, die der Dunkelheit angehörte, immer ihr Wort hielt.
Und dann Grimalkin. Sie hatte ihren Ehrenkodex, doch ich hatte sie mit einer List besiegt, mit schlauer Heimtücke. War ich deshalb in Tränen ausgebrochen, als ich auf ihre tödliche Umarmung zutrat? Diese Tränen hatten auch mich völlig überrascht. Meine Gefühle hatten mich überwältigt, sodass ich sie nicht zurückhalten konnte. Wahrscheinlich hatten sie Grimalkin noch sorgloser gemacht: Sie hatte offenbar angenommen, dass ich aus Angst weinte.
Waren es nicht vielmehr Tränen der Scham gewesen? Tränen, die ich weinte, weil ich dem, was mein Vater von mir erwartete, so wenig gerecht wurde? Wenn meine Seele nicht länger rein und gut war, dann würde mich das Zimmer vielleicht nicht mehr schützen können und meine Lügen hatten den Zeitpunkt meiner Niederlage lediglich hinausgezögert.
Ich trat zum Fenster. Es ging zum Innenhof hinaus und im Licht des Blutmondes sah ich die rußgeschwärzten Fundamente der Scheune, die leeren Schweine- und Kuhställe und die Nordweide, die bis zum Fuß des Henkershügels reichte. Nichts rührte sich.
Mit wachsender Nervosität wandte ich mich wieder dem Zimmer zu. Würde ich den Teufel ankommen sehen? Und wenn ja, welche Gestalt würde er annehmen? Oder würde er einfach aus dem Nichts erscheinen? Kaum
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