Der Kampf des Geisterjaegers
hatte, hielten sich die Menschen ihrerseits von ihm fern. Ich hätte nie gedacht, dass es jemanden gäbe, den er als einen »Freund« bezeichnen würde.
»Mach den Mund zu, Junge, die Fliegen kommen herein!«, verlangte er. »Oh ja, und nimm Alice mit. Ich habe eine Menge mit ihm zu besprechen und möchte nicht, dass ihr mir in die Quere kommt.«
»Aber Jack will keinen Besuch von Alice«, protestierte ich.
Es war nicht so, dass ich etwas dagegen gehabt hätte, dass Alice mich begleitete. Ganz im Gegenteil, ich würde mich über ihre Gesellschaft freuen. Aber Jack und Alice kamen nicht gerade gut miteinander aus. Er wusste, dass sie die Nichte einer Hexe war, und wollte sie nicht in der Nähe seiner Familie dulden.
»Lass dir etwas einfallen, Junge. Wenn du Pferd und Wagen gemietet hast, kann sie vor der Hofgrenze warten, während du die Kisten auflädst. Und ich erwarte dich so früh wie möglich zurück. Nun, die Zeit ist knapp - ich habe heute nur eine halbe Stunde für deinen Unterricht, also lass uns anfangen.«
Ich folgte dem Spook in den Westgarten und saß bald auf der Bank, mein Notizbuch aufgeschlagen und den Stift in der Hand. Es war ein schöner, warmer Morgen. In der Ferne blökten ein paar Schafe, und die Berge um uns herum lagen in hellem Sonnenschein, gefleckt von kleinen Wolkenschatten, die einander in Richtung Osten jagten.
Mein erstes Lehrjahr war hauptsächlich dem Studium der Boggarts gewidmet gewesen, dieses Jahr waren die Hexen dran.
»Gut, Junge«, sagte der Spook und begann, auf und ab zu laufen, während er sprach. »Wie du weißt, kann uns eine Hexe nicht ausschnüffeln, weil wir die siebten Söhne eines siebten Sohnes sind. Aber das gilt nur für das sogenannte ›Fern-Schnüffeln‹. Schreib das auf! Es ist deine erste Überschrift. Fern-Schnüffeln bedeutet, eine heraufziehende Gefahr zu riechen, so wie Knochenlizzie den Mob aus Chipenden gerochen hat, der ihr Haus angesteckt hat. Auf diese Weise kann uns eine Hexe nicht ausschnüffeln, daher haben wir die Möglichkeit, sie zu überraschen.
Aber vor dem sogenannten ›Nah-Schnüffeln‹ müssen wir uns hüten, also schreib das auf und unterstreich es, um es zu betonen. Aus relativ kurzer Entfernung kann eine Hexe jede Menge über uns herausfinden und sofort unsere Stärken und Schwächen erkennen. Je näher du einer Hexe kommst, desto mehr findet sie heraus. Also halte dich von ihnen fern, Junge. Lass nie eine Hexe näher an dich heran als bis auf die Länge deines Eschenstabes. Sie zu nahe herankommen zu lassen birgt außerdem noch andere Gefahren - achte vor allem darauf, dass eine Hexe dir nicht ins Gesicht atmen kann. Ihr Atem kann dir sowohl den Willen als auch deine Kraft rauben. Erwachsene Männer sind schon auf der Stelle bewusstlos geworden!«
»Ich kann mich noch an Knochenlizzies stinkenden Atem erinnern«, erzählte ich. »Sie roch mehr wie ein Tier als wie ein Mensch. Eher so wie eine Katze oder ein Hund.«
»Ja, so ist es, Junge. Denn wie du weißt, benutzte Lizzie Knochenmagie und aß gelegentlich Menschenfleisch oder trank menschliches Blut.«
Knochenlizzie, die Tante von Alice, war nicht tot. Sie saß in einer Grube im Ostgarten des Spooks. Das war grausam, aber es musste sein. Der Spook hielt nichts davon, Hexen zu verbrennen, also schützte er das Land vor ihnen, indem er sie in einer Grube gefangen hielt.
»Aber nicht alle Hexen haben einen fauligen Atem wie die, die Blut- oder Knochenmagie anwenden«, fuhr mein Meister fort. »Eine Hexe, die andere Magie anwendet, kann einen Atem haben wie Maienblüten. Solche Hexen haben die Gabe der »Faszination« - schreib das auch auf, Junge. Wie ein Wiesel ein Kaninchen erstarren lassen kann, wenn er sich anschleicht, so können Hexen einen Mann überlisten. Sie können ihn glücklich und zufrieden machen, und er ahnt nicht, in welcher Gefahr er schwebt, bis es zu spät ist.
All das ist ganz eng mit einer weiteren Fähigkeit von einigen Hexen verbunden. Wir nennen es »Schein«, also schreib auch dieses Wort auf. Hexen können sich als etwas ausgeben, das sie nicht sind. Eine Hexe kann jünger und schöner aussehen, als sie es in Wirklichkeit ist. Mit dieser trügerischen Macht kann sie eine Aura erzeugen - ein falsches Bild - und davor sollten wir stets auf der Hut sein. Denn wenn der falsche Glanz einen Mann erst einmal angezogen hat, beginnt er, ihn zu faszinieren, und sein freier Wille schmilzt langsam dahin. Mit diesen Mitteln kann eine Hexe ihn so an sich
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