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Der Kapuzenmörder

Der Kapuzenmörder

Titel: Der Kapuzenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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aber immer war Puddlicott, ein Meister der Verkleidungskunst, wieder entkommen. Corbett nippte an seinem Wein und bestaunte die Gewandtheit dieses Hochstaplers. Niemand war vor ihm sicher. Gewiefte Kaufleute, abgebrühte Beamte, sanftäugige Witwen, gerissene Soldaten und habgierige Pachtbauern, alle waren schon Puddlicotts betrügerischen Machenschaften auf den Leim gegangen.
    Corbett straffte sich, als er die Liste von Daten betrachtete. Ein Regierungsspitzel hatte im vergangenen Herbst gehört, daß Puddlicott in England sei. Ähnliche Berichte stammten aus dem Frühling, und die neueste Meldung kam von einem englischen Spitzel, der ihn in Paris gesehen hatte. Corbett legte das Pergament aus der Hand und ließ sich wieder auf das Bett sinken. War das möglich? fragte er sich. War der »Seigneur«, von dem Judith erzählt hatte, jener Anführer der nächtlichen Orgien im Palast zu Westminster, niemand anderes als Richard Puddlicott? Aber warum? Wollte der Schurke zeigen, wie sehr er alle Autorität verachtete, indem er Mönche zur Ausschweifung trieb und mit Huren Umgang pflegte? Corbett ahnte unbestimmt, was in Wahrheit dahintersteckte, und es gab nur eine Möglichkeit, es zu beweisen. Er hörte Gepolter auf der Treppe, und Ranulf hämmerte an die Tür.
    »Master! Master! Cade ist wieder da, und die Barken liegen bereit!«
    Corbett stand auf, trank seinen Wein aus und ging die Treppe hinunter. Er bezahlte die Rechnung und ging dann in den Hof hinaus, wo Cade, der immer noch ziemlich betreten aussah, auf ihn wartete. Nervös ballte und streckte er die großen Hände.
    »Alles bereit, Master Cade?«
    »Jawohl, Sir Hugh. Sie warten am Wollkai.«
    »Nach Westminster, was?« rief Ranulf und klatschte in die Hände. »Es sind die übermütigen Mönche.« Spielerisch stieß er Maltote in die Rippen. »Jetzt geht der Spaß los«, flüsterte er. »Warte nur ab, bis Master Langgesicht seine Muskeln spielen läßt.«
    »Master Langgesicht« indessen, wie Ranulf seinen Herrn insgeheim nannte, marschierte bereits die Gasse zum Fluß hinunter. Am Wollkai hatten drei große Barken angelegt und warteten. Ein Offizier der Garnison aus dem Tower trat hervor, um sie zu begrüßen.
    »Sir Hugh, mein Name ist Peter Limmer, und ich bin der Feldwebel.« Er deutete auf die Bogenschützen in den Barken; sie trugen spitze Eisenhelme mit ledernen Schutzklappen, und jeder war mit Schwert, Dolch und schwerer Armbrust bewaffnet.
    »Gut!« murmelte Corbett. »Wir fahren nach Westminster, und Ihr werdet genau das tun, was ich sage.«
    Der hochgewachsene Offizier mit den kurzen Haaren nickte. Sie kletterten an Bord. Befehle ertönten, und die Barken glitten in die Strömung hinaus.

ZEHN

    D ie Fahrt verlief friedlich. Man hörte nur das Klatschen der Ruder, das Knarren von Leder und das Klirren der Waffen. Dichter Nebel lag über dem Fluß, und Corbett fühlte sich abgeschnitten vom betriebsamen Leben der Stadt. Hin und wieder kamen ein Boot oder ein größeres Schiff vorbei. Die Stille zerbarst, als Limmer Befehle brüllte, damit die Boote unter die mittleren Bögen der London Bridge lenkten, wo das Fahrwasser breiter war und man leichter hindurchschießen konnte. Hier gischtete das Wasser um die mächtigen Vorwerke, die die Flußboote von den massiven Steinpfeilern der Brücke abhalten sollten. Man zog die Ruder ein, und die Barken schossen unter der Brücke hindurch in ruhigeres Gewässer. Noch immer lag dichter Nebel über dem Wasser, als sie um die Biegung nach Westminster fuhren. Die Ruderer trieben die Boote fieberhaft zur Seite, als unversehens der hochaufragende, vergoldete Bug einer venezianischen Galeere aus dem Nebel auftauchte und auf sie zuglitt. Davon abgesehen, verlief die Fahrt ereignislos. Sie ruderten zum Nordufer, wo der Nebel dünner war, und sahen bald den großen Turm und die kleineren Türme von Westminster. Bei der Königstreppe gingen sie an Land; Befehle ertönten, die Bogenschützen traten in zwei Kolonnen an und marschierten hinter Corbett und seinen Gefährten her. Sie stapften durch den Garten, wo sie den einen oder anderen schlaftrunkenen Diener überraschten, und gelangten über den Schloßhof zum Gelände der Abtei. Eine Seitentür der Abtei stand offen. Corbett ließ seine Militäreskorte draußen warten und betrat das verlassene Kirchenschiff von der Seite. Es war dunkel und kalt.
    »Bringt Bänke herbei!« befahl er Limmer und deutete den Gang hinunter zum südlichen Querschiff. »Ich möchte, daß eine Bank

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