Der Kapuzenmörder
spreizte sich und lächelte boshaft. »Alles nur Mutmaßungen«, erwiderte sie. »Einen richtigen Beweis habt Ihr nicht.«
»Vielleicht nicht; aber es wird den königlichen Richtern in Westminster genügen, um Euch den Prozeß zu machen. Und was dann, Lady Catherine? Öffentliche Demütigung? Verdächtigungen? Man wird Euch als niedersten Abschaum betrachten.« Er sah, wie der alten Frau das Lachen verging. »Und nach der Verurteilung? Das weiß der Himmel. Wenn man Euch für unschuldig erklärt oder, was wahrscheinlicher ist, aus Mangel an Beweisen freispricht, werdet Ihr dann noch durch die Straßen von London gehen können? Und wenn man Euch für schuldig befindet, so viele Morde begangen zu haben, dann wird man Euch in den scharlachroten Lumpen einer Mörderin aus dem Fleet-Gefängnis nach Smithfield bringen und dort verbrennen, und alle Huren der Stadt werden zusammenströmen und über Eure Todesschreie lachen.«
Lady Fitzwarren schlug die Augen nieder. Gleich darauf blickte sie zu Corbett auf.
»Welche Wahl hätte ich sonst?« fragte sie leise.
»Dem König liegt daran, um diese Sache kein Aufheben zu machen. Ein umfassendes, offenes Geständnis und Verzicht auf all Euren Besitz zur Wiedergutmachung.«
»Und ich?«
»Ihr nehmt den Schleier und geht in ein einsames, entlegenes Kloster, vielleicht irgendwo in den walisischen oder schottischen Grenzmarken. Dort lebt Ihr den Rest Eurer Tage von Wasser und Brot und sühnt so die schrecklichen Verbrechen, die Ihr begangen habt.«
Die alte Dame grinste und legte den Kopf schräg.
»Was seid Ihr doch für ein schlauer Junge«, murmelte sie. »Ich hätte Euch umbringen sollen«, fügte sie leise hinzu. »Ihr mit Eurem harten Gesicht, der sorgenvollen Miene und den verschlagenen Augen.«
»Versucht habt Ihr es, nicht wahr? Ihr habt die Mörder bezahlt, die uns am Walbrook überfallen haben.«
Lady Fitzwarren zog die Schultern hoch und machte einen Schmollmund, als habe Corbett sie milde kritisiert.
»Ein wirklich schlauer Junge«, wiederholte sie. »Seht Ihr, Corbett« — sie rückte sich auf ihrem Stuhl zurecht, als wolle sie Kindern eine Geschichte erzählen —, »seht Ihr, ich habe meinen Mann geliebt. Er war ein vornehmer Mensch. Wir hatten keine Kinder, und so lebte ich für ihn.« Sie sah sich um, und in ihren Augen standen die Tränen. »Versteht Ihr das? Jeder Atemzug, jeder Gedanke, jede Tat galt nur ihm. Er starb den Soldatentod im Kampf für den König in Wales.« Lady Fitzwarren verschränkte die Arme, und ihr Gesicht wurde traurig und verlor die Maske des Hasses, als sie sich tiefer in die Vergangenheit zurückzog. »Ich habe meinen Mann wirklich geliebt«, wiederholte sie. »In gewisser Weise tue ich es immer noch, trotz der schrecklichen Kränkung, die er mir angetan hat.« In ihren Augen flackerte Bosheit auf, und sie funkelte Corbett an. »Ich trat in den Orden der Hl. Martha ein und weihte mein Leben den guten Werken. Ich hatte Mitleid mit diesen Mädchen und hätte mir nicht träumen lassen, was ich erfahren sollte. Eines Tages sprach ich mit einer von ihnen; sie war jung, ihre Haut weiß und glatt wie Marmor, ihre Augen blau wie der Sommerhimmel. Sie sah aus wie ein Engel, so schön und unschuldig.« Ihre Arme verschränkten sich fester. »Das heißt, bis sie den Mund aufmachte. Ich versuchte es mit Vernunft, ihr zu erklären, weshalb es unrecht sei, was sie da tue. Ich wies daraufhin, wie hart mein eigenes Leben gewesen sei, als Lady Fitzwarren, mit einem Gemahl, der als General in des Königs Armee diente.« Lady Catherine kräuselte die Lippen. »Das Biest fragte mich nach meinem Namen, und ich wiederholte ihn. Sie fragte mich wieder und wieder und bog sich vor Lachen.« Die alte Frau verstummte und schaute auf den Tisch.
»Mylady?« drängte Corbett.
Lady Fitzwarren blickte auf; ihre Augen waren bösartige Schlitze, und Corbett spürte, daß ihr Geist in Raserei versank. »Dieses Biest!« zischte sie. »Sie hob ihre Röcke und zeigte mir ihre Scham! >Seht Ihr, Lady Fitzwarren?< kreischte, sie. »Die hat Euer Gemahl liebkost, geküßt und gepflügt um der Freuden willen, die Ihr ihm nicht geben konntet!<« Lady Fitzwarren rieb sich das Gesicht mit beiden Händen. »Ich konnte es nicht glauben«, wisperte sie. »Aber die Hure beschrieb mir meinen Mann, seine Haut, seine Haarfarbe, seinen Gang, seine Haltung, sogar seine Lieblingsflüche. Und diesem Biest zufolge hatte mein Gemahl sich nicht nur mit ihr vergnügt, sondern auch mit
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