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Der Kardinal im Kreml

Der Kardinal im Kreml

Titel: Der Kardinal im Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clancy Tom
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Vergeltungs- und Gegenvergeltungsschlägen –, wurde die Hauptarbeit nicht getan. Und so kam es, daß die nachrichtendienstliche Arbeit ein zivilisiertes, berechenbares Geschäft war. In Ländern der Dritten Weit galten natürlich andere Regeln, aber in Amerika und der Sowjetunion hielt man sich aufmerksam an die Vorschriften.
    Bisher jedenfalls – oder soll ich annehmen, daß dieser arme Teufel von Ersatzteildieben umgebracht wurde? Watutin erwog die Möglichkeit, daß die CIA den Job von einer Verbrecherbande hatte erledigen lassen. Das wäre im Grunde doch kein Verstoß gegen die Regeln, oder?
    Fest stand jedenfalls, daß das nächste Glied der Kurierkette tot zu seinen Füßen lag; seine einzige Hoffnung, eine Verbindung zwischen dem Mikrofilm und dem amerikanischen Spion im Verteidigungsministerium herzustellen, war mit ihm gestorben.
    Das Opfer war zwar von den Rädern der Lokomotive grausam verstümmelt worden, doch es stand fest, daß die Todesursache eine durchschnittene Kehle war. Keine Hinweise, daß ein Kampf stattgefunden hatte – Altunin hatte sich nicht gegen seinen Mörder gewehrt. Schlußfolgerung: Er hatte ihn gekannt. Konnte es ein Amerikaner gewesen sein?

    Â»Zuerst möchte ich festgestellt haben«, sagte Watutin, »welche Amerikaner zwischen achtzehn und dreiundzwanzig Uhr nicht in ihren Wohnungen waren.« Er drehte sich um. »Doktor!«
    Â»Ja, Genosse Oberst?«
    Â»Wann trat der Tod ein?«
    Â»Der Temperatur der größeren Leichenteile nach zu urteilen zwischen einundzwanzig Uhr und Mitternacht. Eher früher als später, aber Kälte und Schneedecke komplizieren die Angelegenheit.«
    Watutin ging hinüber zu dem Lokomotivführer. »Eine Hundekälte, nicht wahr?«
    Die Botschaft kam an. »Ja, Genosse. Möchten Sie etwas zum Aufwärmen?«
    Â»Sehr nett von Ihnen, Genosse Lokomotivführer.«
    Â»Ist mir ein Vergnügen, Genosse Oberst.« Der Lokführer holte einen Flachmann heraus, sah zu, wie der KGB-Mann, vor dem er sich erst gefürchtet hatte, einen tiefen Schluck trank, und nahm die Flasche dann wieder entgegen.
    Â»Spassibo«, sagte der Oberst und verschwand im Schneegestöber.
    Â 
    Watutin wartete im Vorzimmer des Vorsitzenden. Um sieben Uhr fünfundzwanzig kam er durch die Tür und winkte ihn mit in sein Büro.
    Â»Nun?«
    Â»Altunin wurde vergangene Nacht auf dem Verschiebebahnhof der Moskwitsch-Werke getötet. Jemand schnitt ihm die Kehle durch und legte seine Leiche auf die Schienen, wo sie von einer Rangierlok überrollt wurde.«
    Gerasimow runzelte die Stirn. »Sind Sie auch ganz sicher, daß es sich um Altunin handelt?«
    Â»Ja, ich habe sein Gesicht erkannt. Man fand ihn neben einem Güterwagen, der anscheinend aufgebrochen worden war; es fehlten Autoersatzteile.«
    Â»Ah, er kam also einer Schieberbande in die Quere, die ihn günstigerweise umbrachte?«
    Â»Dieser Eindruck sollte wohl erweckt werden, Genosse
Vorsitzender.« Oberst Watutin nickte. »Ich finde den Zufall zwar wenig überzeugend, aber es liegen bislang keine gegenteiligen Beweise vor. Unsere Ermittlungen gehen weiter. Wir prüfen nun nach, ob Kameraden aus Altunins Militärzeit in der Gegend wohnen, aber viel verspreche ich mir davon nicht.«
    Gerasimow ließ Tee kommen. Sein Sekretär erschien auf der Stelle, und Watutin erkannte, daß es sich hier um ein Morgenritual handelte. Der Vorsitzende nahm die Dinge leichter, als der Oberst befürchtet hatte. Trotz seines Parteihintergrunds gab er sich professionell:
    Â»Wir haben also drei Kuriere, die gestanden haben, und einen, der eindeutig identifiziert, aber tot ist. Der Tote wurde in nächster Nähe des Referenten des Verteidigungsministers gesehen, und einer der Überlebenden hat als Kontakt einen Ausländer angegeben, kann ihn aber nicht identifizieren. Kurz: Wir haben die Mitte dieser Kette, aber kein Ende.«
    Â»Korrekt, Genosse Vorsitzender. Die Observation der beiden Obersten aus dem Ministerium geht weiter. Ich schlage vor, die Bediensteten der US-Botschaft schärfer zu überwachen.«
    Gerasimow nickte. »Einverstanden. Zeit für meine Morgenbesprechung. Bleiben Sie dran, Watutin. Seit Sie weniger trinken, sehen Sie besser aus.«
    Â»Ich fühle mich auch besser, Genosse Vorsitzender«, gestand er.
    Â»Ausgezeichnet.« Gerasimow erhob sich. »Glauben

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