Der Kardinal im Kreml
gehörte nun zum Militärdistrikt Leningrad, und Mischa suchte sie regelmäÃig auf und sorgte auch dafür, daà sie als erste neue Ausrüstung bekam und in neuen Taktiken ausgebildet wurde. Nach seinem Tod sollte das Regiment âºFilitow-Gardeâ¹ getauft werden â schade, dazu würde es jetzt nicht kommen. Vielleicht setzte ihm aber auch die CIA ein Denkmal ...
Noch aber stand eine Ãbergabe bevor, und keine einfache. Eines nach dem anderen, mahnte er sich. Erst müssen wir KARDINAL einmal warnen.
Eine halbe Stunde später verlieà ein unauffälliger Botschaftsangehöriger das Gebäude, um zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Punkt Aufstellung zu nehmen.
Dieses âºSignalâ¹ sollte dann eine andere Person, die vermutlich nicht vom Zweiten Direktorat beschattet wurde, wahrnehmen. Diese Person hatte dann die Aufgabe, an einer bestimmten Stelle eine Kreidemarkierung anzubringen. Mehr wuÃte sie nicht. Langweilig â sollte Spionage denn nicht mit Spannung verbunden sein?
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»Da ist unser Freund.« Watutin saà mit im Wagen, weil er sich persönlich davon überzeugen wollte, daà alles ordentlich erledigt wurde. Filitow bestieg seinen Dienstwagen, der Chauffeur fuhr an. Watutins Fahrzeug folgte ihm einen halben Kilometer weit und bog dann ab; ein anderer KGB-Wagen kam aus einer SeitenstraÃe gejagt und übernahm die Verfolgung.
Nun verfolgte Watutin die Entwicklung über Funk weiter. Die Sprüche waren knapp und sachlich, als sich die sechs Wagen bei der Ãberwachung abwechselten. Im allgemeinen lag einer vor dem Objekt und einer hinter ihm. Filitows Auto hielt vor einem Lebensmittelgeschäft für hohe Beamte des Verteidigungsministeriums. Drinnen hatte Watutin einen Mann postiert, der beobachten sollte, was Filitow kaufte und mit wem er sprach.
Wie er sah, ging alles glatt, was angesichts der Tatsache, daà der Vorsitzende sich persönlich für diesen Fall interessierte, kein Wunder war. Watutins Wagen jagte dem Opfer voraus und lieà den Oberst gegenüber von Filitows Haus aussteigen. Watutin ging hinein und hinauf in die Wohnung, die das KGB übernommen hatte.
»Genau zur richtigen Zeit«, sagte ein Offizier, als Watutin eintrat.
Der Mann vom Zweiten Direktorat schaute diskret aus dem Fenster und sah Filitows Wagen anhalten. Das Verfolgerfahrzeug rollte vorbei, ohne die Fahrt zu verlangsamen, als der Oberst der Roten Armee das Gebäude betrat.
»Objekt betritt gerade das Haus«, verkündete ein Fernmeldespezialist. Drinnen sollte eine Frau mit einem Einkaufsnetz voller Ãpfel mit Filitow in den Aufzug treten. Oben auf Filitows Stockwerk schlenderte dann ein junges
Pärchen an ihm vorbei und schwor sich vernehmlich flüsternd ewige Liebe. Die Mikrophone fingen das Gesäusel auf, als Filitow seine Wohnungstür öffnete.
»Ich hab ihn«, sagte der Kameramann.
»Halten wir uns von den Fenstern fern«, meinte Watutin überflüssigerweise. Die Männer mit den Ferngläsern hielten sich in sicherer Entfernung von den Fenstern, und solange in der Wohnung kein Licht brannte â die Glühbirnen hatte man herausgeschraubt â, merkte niemand, daà jemand in den Räumen war. Angenehm fanden sie, daà der Mann nie die Vorhänge zuzog. Sie sahen zu, wie er sich im Schlafzimmer umzog, dann zurück in die Küche ging und sich ein einfaches Mahl zubereitete. Sie sahen, wie er den Folienverschluà einer Halbliterflasche Wodka aufriÃ. Dann setzte er sich ans Fenster und starrte hinaus.
»Ein alter, einsamer Mann«, bemerkte ein Offizier. »Ob es wohl an der Einsamkeit lag?«
»Was auch immer es war, wir werden es herausfinden.«
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Wie kommt es, daà der Staat uns verraten kann? fragte Mischa zwei Stunden später seinen Gefreiten Romanow.
Wohl weil wir Soldaten sind . Mischa merkte, daà der Gefreite der Frage auswich. Ahnte er, worauf sein Hauptmann hinauswollte?
Und wenn wir den Staat verraten ...?
Dann müssen wir sterben, Genosse Hauptmann. Ganz einfach. Wir verdienen den Haà der Arbeiter und Bauern und müssen sterben . Ãber die Zeitspanne des Dialogs hinweg starrte Romanow seinem Offizier in die Augen. Ihm fehlte der Mut, die Frage zu stellen, aber sein Blick verriet sie: Hauptmann, was haben Sie getan?
Gegenüber hörte der Mann am Tonbandgerät ein Schluchzen und fragte sich, was es ausgelöst
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