Der Kardinal im Kreml
hatte.
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»Was machst du da, Liebling?« fragte Ed Foley. Die Mikrophone hörten mit.
»Eine Liste für die Abreise. Es ist so viel zu erledigen, daà ich besser gleich anfange.«
Foley beugte sich über ihre Schulter. Sie schrieb mit Filzstift auf Plastikfolie, die sich abwischen lieÃ.
ICH MACH DAS, schrieb sie. HAB DEN PERFEKTEN VORWAND. Mary Pat lächelte und hielt ein Foto von Eddies Eishockeymannschaft hoch. Jeder Spieler hatte seine Unterschrift daraufgesetzt, und oben stand in Eddies ungelenken kyrillischen Lettern: UNSEREM GLÃCKSBRIN-GER - MIT DANK, EDDIE FOLEY.
Ed Foley zog die Stirn kraus. Typisch für seine Frau, sich der gewagtesten Methode zu bedienen. Sollte er sich mit dem Risiko einverstanden erklären?
NA GUT, ABER PASS AUF!!! schrieb er auf den Kunststoff. Ihre Augen funkelten, als sie die Worte wegwischte und ihre Antwort hinschrieb:
KOMM, WIR MACHEN DAS MIKRO GEIL!
Ed erstickte fast bei dem Versuch, einen Lachanfall zu unterdrücken. Wenn so was ansteht, will sie immer, dachte er. Ein wenig seltsam fand er das schon.
Zehn Minuten später lauschten in einem kleinen Raum im Keller des Wohnblocks zwei russische Abhörtechniker verzückt den Geräuschen aus dem Foleyschen Schlafzimmer.
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Mary Pat Foley wachte wie üblich um sechs Uhr fünfzehn auf. DrauÃen war es noch dunkel. Wie die meisten Amerikaner in Moskau haÃte sie die Vorstellung, daà ihre vier Wände abgehört wurden, gründlich. Zwar bescherte ihr das manchmal ein perverses Vergnügen, so wie letzte Nacht, aber die Vorstellung, daà die Sowjets auch im Bad Mikrophone hatten, war ihr peinlich. Im Bad maà sie als erstes ihre Körpertemperatur. Beide wollten noch ein Kind und arbeiteten schon seit einigen Monaten fleiÃig an diesem Projekt â das war unterhaltsamer als das sowjetische Fernsehen. Nach drei Minuten schrieb sie die Temperatur auf eine Tabelle. Wahrscheinlich noch nicht, dachte sie. Noch ein paar Tage vielleicht. Die Reste des Schwangerschaftstests warf sie in den Abfallkorb.
Als nächstes muÃten die Kinder geweckt werden. Sie
machte sich ans Frühstück und rüttelte alle wach. Ed murrte, von den Kindern kam das übliche jammern und Stöhnen.
Um sieben Uhr fünfzehn waren alle fertig. Mary Pat klemmte sich ein Paket unter den Arm.
»Heut kommt die Putzfrau, oder?« fragte Ed.
»Ich bin rechtzeitig zurück, um sie reinzulassen«, versicherte Mary Pat.
»Gut.« Ed öffnete die Tür und führte die Familie zum Aufzug. Eddie rannte voraus, drückte den Knopf und war als erster in der Kabine, weil er die Elastizität der russischen Tragseile genoÃ. Seine Mutter hatte das Gefühl, als stürzte das verdammte Ding gleich in den Keller ab, aber ihr Sohn fand es toll, wenn die Kabine um ein paar Zentimeter wegsackte. Drei Minuten später stiegen sie ins Auto. Ed setzte sich ans Steuer. Auf der Fahrt winkten die Kinder einem Milizsoldaten zu, der in Wirklichkeit vom KGB war, aber lächelnd zurückwinkte. Sobald der Wagen um die Ecke gebogen war, griff er in seinem Schilderhaus zum Telefon.
Ed behielt den Rückspiegel im Auge, und seine Frau hatte den AuÃenspiegel so verstellt, daà auch sie nach hinten schauen konnte. Auf dem Rücksitz fingen die Kinder einen Streit an, den die Eltern ignorierten.
»Sieht aus, als bekämen wir einen schönen Tag«, sagte er leise. »Niemand folgt uns.«
»Stimmt.« Vor den Kindern muÃten sie natürlich vorsichtig sein. Zudem bestand auch die Möglichkeit, daà ihr Auto verwanzt war.
Ed fuhr erst zur Schule und wartete dort, während seine Frau die Kinder hineinbrachte. Eddie und Katie sahen in ihrer dicken Winterkleidung wie Teddybären aus. Seine Frau schaute betrübt aus, als sie wieder herauskam.
»Nikki Wagner ist krank. Ich soll sie heute nachmittag vertreten«, sagte sie beim Einsteigen. Ihr Mann grunzte. In Wirklichkeit war das perfekt. Er legte den Gang ein und fuhr an. Jetzt gehtâs los.
Watutin hoffte, daà bisher noch niemand auf die Idee gekommen war. In Moskaus StraÃen wimmelte es immer von Kippern, die von einer Baustelle zur anderen unterwegs waren. Von den hohen Führerhäusern der Laster aus hatte man eine vorzügliche Sicht, und das Herumgekurve der gleich aussehenden Lkw war weniger auffällig. Heute hatte er neun Stück im Einsatz, und die Fahrer waren alle mit
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