Der Kardinal im Kreml
zu lesen. Dann stieà sie einen kurzen, aber häÃlichen Fluch aus. Die Nachricht bestand aus nur einer Seite. Bisjarina steckte sich eine Zigarette an und verbrannte das Papier im Aschenbecher.
Alle Arbeit umsonst! Und das Material war schon in Moskau, wurde bereits analysiert. Nun stand sie dumm da. Schlimmer noch, daà ihre Agentin ganz ehrlich sofort gemeldet hatte, daà das gerade abgelieferte hochgeheime Material nicht mehr gültig war.
Agentin Bisjarina fuhr wütend heim und setzte ihre Nachricht ab.
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Obwohl die Ryans eigentlich nicht zur Washingtoner Partyszene gehörten, gab es Anlässe, denen sie nicht fernbleiben konnten â wie zum Beispiel dieser Wohltätigkeitsveranstaltung zugunsten eines Kinderkrankenhauses, mit dessen Chefarzt Jacks Frau bekannt war. Um elf Uhr herum hatte die Elite von Washington bewiesen, daà sie im Austauschen von Platitüden und im Alkoholkonsum niemandem auf der Welt nachstand. Cathy hatte sich allerdings auf ein Glas WeiÃwein beschränkt; Jack hatte beim Knobeln gewonnen und brauchte heute abend nicht zu fahren. Trotz einiger warnender Blicke von seiner Frau lieà er sich den Wein kräftig schmecken und war entsprechend
gut gelaunt â, aber das gehörte zum Plan. Nun konnte er nur hoffen, daà der Abend auch wie geplant verlief.
Amüsant war die Art, auf die man mit Ryan umging. Seine Position bei der CIA war nie so recht definiert worden. Gespräche wurden meist mit: »Na, wie siehtâs in Langley aus?« und in einem gekünstelten Verschwörerton begonnen.
»Wir halten uns an die normalen Bürostunden«, erklärte Jack einer gutgekleideten Frau mit etwas geweiteten Pupillen. »Morgen habe ich sogar frei.«
»Wirklich?«
»Klar, Dienstag hab ich einen chinesischen Agenten umgelegt, und dafür gibtâs immer einen Tag bezahlten Urlaub«, erwiderte er ganz ernst und grinste dann.
»Sie nehmen mich auf den Arm!«
»Stimmt. Vergessen Sie, daà ich das gesagt habe.«
»Stimmt es, daà gegen Sie ermittelt wird?« fragte eine andere Person.
Jack drehte sich überrascht um. »Und wer sind Sie?«
»Scott Browning von der Chicago Tribune.« So, jetzt hat das Spiel begonnen, dachte Ryan. Der Reporter wuÃte nur nicht, daà er ein Teilnehmer war.
»Könnten Sie das noch mal zurücklaufen lassen?« fragte Jack höflich.
»Meinen Informationen zufolge wird wegen illegaler Börsenmanipulationen gegen Sie ermittelt.«
»Das ist mir aber neu«, gab Jack zurück.
»Ich weiÃ, daà die Börsenaufsicht Kontakt mit Ihnen aufgenommen hat«, verkündete der Reporter.
»Dann wissen Sie sicherlich auch, daà ich ihr die gewünschten Auskünfte gab, und daà sie zufrieden war.«
»Bestimmt?«
»Natürlich. Ich habe nichts Unrechtes getan und kann das anhand von Dokumenten beweisen«, beharrte Jack â vielleicht etwas zu heftig, fand der Reporter. Er hatte es zu gern, wenn die Leute angesäuselt waren.
»Meine Quellen sagen aber etwas anderes«, beharrte Browning.
»Sollen sie doch!« versetzte Ryan so leidenschaftlich, daà einige Leute die Köpfe wandten.
»Wenn es Leute wie Sie nicht gäbe, hätten wir vielleicht einen funktionierenden Nachrichtendienst«, bemerkte ein Neuankömmling.
»Und wer sind Sie?« fauchte Ryan, noch ehe er sich umdrehte.
»KongreÃabgeordneter Trent«, sagte der Reporter. Trent saà im Sonderausschuà des Repräsentantenhauses.
»Es ist wohl eine Entschuldigung fällig«, sagte Trent.
»Wofür denn?« fragte Ryan.
»Zum Beispiel für den Murks in Langley.«
»Nicht für den Mist, der im Kongreà gebaut wird?« fragte Jack zurück. Eine Menschenansammlung begann sich zu bilden.
»Ich weiÃ, was Ihr Verein gerade versucht hat. Auf die Nase seid ihr damit gefallen. Und ihr habt uns nicht informiert, wie das Gesetz es vorschreibt. Das wird euch teuer zu stehen kommen.«
»Wenn die Rechnung so hoch wird wie Ihre an der Bar, dann kommt es in der Tat teuer.« Ryan drehte sich um und lieà den Mann stehen.
»Aufgeblasener Kerl«, fauchte Trent hinter seinem Rükken. »Na, der wird auch bald abgesägt.«
Inzwischen hörten und schauten rund zwanzig Menschen zu. Sie sahen, wie Jack sich ein Glas Wein vom Tablett nahm, sie sahen einen Blick, der töten konnte. Ryan trank
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