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Der Kardinal im Kreml

Der Kardinal im Kreml

Titel: Der Kardinal im Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clancy Tom
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aus dem Kultusministerium.« Das löste ein gequältes Lachen aus. Mischa konnte sich nie an seinen Namen erinnern ... Ilja Wladimirowitsch Dingsbums. Welcher Depp lachte schon, wenn er einen Kater hatte? Der Mann trank wegen seiner Frau, hatte er gesagt. Säufst also, um von ihr loszukommen, was? Du protzt hier herum, daß du deine Sekretärin fickst, aber ich würde meine Seele geben, wenn ich nur Elenas Gesicht noch einmal sehen könnte. Und die Gesichter meiner Söhne.
    Der Mann ließ sich nicht abwimmeln. »Gestern stand etwas von Abrüstungsverhandlungen in der Prawda. Kann man auf Fortschritte hoffen?«
    Â»Keine Ahnung«, versetzte Mischa.
    Ein Wärter kam herein, ein kleiner, vielleicht fünfundzwanzigjähriger Mann, der die Anwesenden zählte.
    Â»Möchte jemand etwas zu trinken?« fragte er. Alkohol war in den Dampfbädern strikt verboten, aber das bewirkte, wie jeder echte Russe sagen würde, nur, daß der Wodka noch besser schmeckte.

    Â»Nein!« kam die Antwort im Chor. Auf einen Nachtrunk hatte heute morgen niemand Lust, wie Mischa leicht überrascht feststellte. Nun ja, es war mitten in der Woche. Am Samstagmorgen würde es ganz anders aussehen ...
    Das ist also der Neue, dachte Mischa. Er blieb noch zehn Minuten sitzen und ging dann hinaus. Der Wärter saß im Vorraum. Filitow reichte ihm die Rute und das Handtuch und stellte sich dann unter die kalte Dusche. Zehn Minuten später war er ein neuer Mensch. Der Schmerz und die Depression waren verschwunden, die Belastung lag hinter ihm. Er kleidete sich rasch an und ging nach unten, wo sein Wagen wartete. Sein Feldwebel bemerkte den forschen Schritt seines Chefs und fragte sich, was daran so heilsam war, wenn man sich dünsten ließ wie ein Fisch.
    Im Dampfbad hatten es sich zwei Männer inzwischen anders überlegt und den Wärter gebeten, etwas Alkoholisches zu besorgen. So trottete der Mann durch die Hintertür und zu einem Laden, der unter dem Deckmantel einer chemischen Reinigung Wodka verkaufte. Beim Erwerb der Halbliterflasche gab er auch eine kleine Filmkassette an den Mann weiter, die ihm sein Kontaktmann zusammen mit der Birkenrute überreicht hatte. Der Wärter war erleichtert. Die Reinigung war sein einziger Kontakt. Er kannte den Besitzer nicht und hatte den Erkennungssatz in der Furcht ausgesprochen, die Spionageabwehr des KGB habe diesen Teil des Moskauer CIA-Netzes bereits unterwandert. Er wußte, daß sein Leben so gut wie verspielt war, aber seit dem Jahr in Afghanistan und den Dingen, die er dort gesehen hatte und zu tun gezwungen worden war, mußte er einfach etwas tun. Kurz fragte er sich, wer der vernarbte alte Mann gewesen war, entsann sich aber dann, daß ihn die Identität des Fremden nichts anging.
    Die Reinigung hatte vorwiegend Ausländerkundschaft – Reporter, Geschäftsleute, ein paar Diplomaten – und es kam auch gelegentlich ein Russe, der im Ausland erstandene Kleidungsstücke pflegen lassen wollte. Eine Frau holte einen englischen Mantel ab, entrichtete drei Rubel und ging. Sie lief zwei Straßen weit zur nächsten Metrostation,
fuhr mit dem Aufzug hinunter zum Bahnsteig und nahm einen Zug der Schdanowsko-Krasnopresnenskaja-Linie, die auf Stadtplänen lila eingezeichnet ist. Der Zug war so überfüllt, daß niemand gesehen haben konnte, wie sie die Kassette weitergab. Selbst sie bekam das Gesicht des Mannes nicht zu sehen. Dieser stieg an der nächsten Station, Puschkinskaja, aus. Zehn Minuten später fand eine weitere Übergabe statt, diesmal an einen Amerikaner, der wegen eines diplomatischen Empfangs am Vorabend etwas später auf dem Weg zur Botschaft war.
    Sein Name war Ed Foley; er war Presseattaché an der US-Botschaft. Er und seine Frau, auch sie CIA-Agentin, waren seit fast vier Jahren in Moskau und freuten sich schon darauf, dieser trostlosen grauen Stadt ein für allemal den Rücken kehren zu können. Ihre beiden Kinder hatten schon zu lange auf Hot Dogs und amerikanische Ballspiele verzichten müssen.
    Erfolglos war ihre Zeit hier nicht gewesen. Die Russen wußten, daß die CIA eine Reihe von Ehepaaren eingesetzt hatte, doch daß diese Spione ihre Kinder mit ins Ausland nehmen könnten, war eine Vorstellung, mit der sich die Russen nicht so leicht abfanden. Auch hatte ihre Legende ihre Besonderheiten. Ed Foley war Reporter bei der New York Times gewesen, ehe er zum

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