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Der Kardinal im Kreml

Der Kardinal im Kreml

Titel: Der Kardinal im Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clancy Tom
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brennender Fahrzeuge und verbrennender Besatzungen. Er starrte aufs Fenster, als wär’s ein Fernsehschirm, und wie immer in den Nächten, in denen er Verrat beging, kehrten die Gespenster zurück.
    Denen haben wir’s gezeigt, was, Genosse Hauptmann? fragte eine erschöpfte Stimme.
    Zurückziehen mußten wir uns trotzdem, hörte er sich dem Unteroffizier antworten. Doch ja, wir haben den Kerlen gezeigt, daß mit unseren T-34 nicht zu spaßen ist. Gutes Brot, das Sie da gestohlen haben.
    Gestohlen? Genosse Hauptmann, ist es nicht eine schwere Arbeit, diese Bauern zu verteidigen?

    Und eine durstige auch? war die nächste Frage des Hauptmanns.
    Allerdings, Genosse. Der Unteroffizier lachte in sich hinein. Von hinten wurde eine Flasche gereicht, kein Wodka vom Staatsmonopol, sondern Samogan, der russische Schwarzgebrannte.
    Morgen früh kommen sie wieder, sagte der Panzerfahrer nüchtern.
    Und dann schießen wir mehr graue Panzer ab, meinte der Ladeschütze.
    Und danach, dies sprach Mischa nicht aus, ziehen wir uns weitere zehn Kilometer zurück. Nur zehn – wenn wir Glück haben und das Regimentshauptquartier nicht wieder solche Scheiße baut wie heute nachmittag. Auf jeden Fall werden Guderians Panzerspitzen diesen Bauernhof überrollt haben, wenn morgen die Sonne untergeht. Mehr Boden verloren.
    Kein Gedanke, dem man sich gern ergab. Mischa wischte sich sorgfältig die Hände ab, ehe er die Tasche seiner Uniformjacke aufknöpfte. Zeit, etwas für seine Seele zu tun.
    Zierlich ist sie, bemerkte der Unteroffizier, der zum hundertsten Mal seinem Hauptmann neidisch über die Schulter sah. Zerbrechlich wie Kristallglas. Und was Sie für einen prächtigen Sohn haben. Zum Glück sieht er Ihrer Frau ähnlich, Genosse Hauptmann.
    Ich komme zurück zu dir, versprach er dem Foto. Ganz bestimmt, Elena.
    Und dann war Post gekommen, an der Front ein seltenes Ereignis. Nur ein Brief für Hauptmann Filitow, aber an Briefpapier und der zierlichen Handschrift erkannte er seine Wichtigkeit. Er schlitzte den Umschlag mit dem Dolch auf und zog den Brief so sorgfältig heraus, wie seine Hast es zuließ, denn er wollte ihn nicht mit Öl von seinem Kampfpanzer beschmutzen. Sekunden später sprang er auf und schrie seine Freude zum Abendhimmel.
    Im Frühling werde ich wieder Vater! Muß in der letzten Urlaubsnacht passiert sein, drei Wochen, bevor dieser brutale Wahnsinn begann ...

    Unteroffizier Romanow war Kommandant eines Panzers geworden und bei Wjasma gefallen. Nachträglich hatte man ihm den Rotbannerorden verliehen. Mischa fragte sich, ob dieser Romanows Mutter für den Verlust ihres blauäugigen, sommersprossigen Sohnes entschädigt hatte.
    Die Wodkaflasche war nun zu drei Vierteln leer, und wie sooft saß Mischa allein am Tisch und weinte.
    So viele Tote.
    Diese Narren vom Oberkommando! Romanow bei Wjasma gefallen. Iwanenko vor Moskau vermißt. Leutnant Abaschin bei Charkow – Mirka, der schöne junge Dichter, der schmächtige, sensible junge Offizier mit dem Löwenmut, gefallen beim fünften Gegenangriff, aber er hatte den Weg freigemacht für Mischa, der sich mit den Überresten seines Regiments über den Donez zurückziehen konnte, ehe der Hammer fiel.
    Und Elena, das letzte Opfer ...
    Er stand auf und taumelte zum Schlafzimmer, ließ im Wohnzimmer das Licht brennen. Eine halbe Stunde später fuhr ein Wagen die Straße entlang. Auf dem Beifahrersitz saß eine Frau, die gerade ihren Sohn vom Hockey abgeholt hatte. Sie schaute nach oben und stellte fest, daß hinter bestimmten Fenstern Licht brannte und daß die Vorhänge auf ganz bestimmte Art arrangiert waren.
    Â 
    Die Luft war dünn. Bondarenko stand wie üblich um fünf auf, schlüpfte in seinen Trainingsanzug und fuhr mit dem Aufzug nach unten. Mit einem Handtuch um den Hals trat er ins Freie und schaute auf die Uhr, runzelte die Stirn. In Moskau kannte er seine Route und wußte genau, wann er seine fünf Kilometer hinter sich hatte. Die Aussicht war atemberaubend. Kurz vor Sonnenaufgang hoben sich die schroffen Gipfel gegen den roten Himmel ab wie Drachenzähne. Er lächelte. Sein Jüngster Sohn malte am liebsten Drachen.
    Der Flug war zuletzt spektakulär gewesen. Der Mond hatte die Wüste Kara Kum beleuchtet, und dann war das schwarze Ödland jäh Fünftausendern gewichen. Hoch aus
der Luft hatte er

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