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Der Kastrat - Harvell, R: Kastrat - The Bells

Titel: Der Kastrat - Harvell, R: Kastrat - The Bells Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harvell
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geben.«
    »Wenn du unglücklich bist, Amalia«,
sagte er missbilligend, »musst du in deinem eigenen Herzen nach dem Grund forschen.«
    »Ich weiß sehr genau, warum ich
unglücklich bin«, sagte sie und wandte ihm die Schulter zu, mir den Rücken. Er
betrachtete sie voller Abscheu. Aber dann beherrschte er sich und nahm ihre
Hand.
    »Ich habe meiner Mutter versprochen,
dass wir in drei Wochen die Premiere besuchen.«
    Sie zog ihre Hand zurück. »Das hättest
du nicht versprechen dürfen. Du weißt, dass es eine Qual für mich ist. Ich gehe
nicht hin.«
    »Du musst«, sagte er. »Wenn du sie
verärgerst, wird sie uns nie erlauben fortzugehen.«
    Sie drehte sich zu ihm um, Schrecken
in den Augen. » Uns erlauben fortzugehen? Bestimmt sie denn über unser Leben?«
    »Zeige mehr Respekt!« Sie starrten
sich an, und wieder war er es, der den Blick abwandte. Er sah wütend auf die
Wand. Sie betrachtete ihn. Schließlich schüttelte sie leicht den Kopf.
    »Wenn ich mich bereit erkläre
mitzukommen«, sagte sie mit Bedacht, »können wir dann gleich am nächsten Tag
aufbrechen?«
    »Ja natürlich«, sagte er schnell.
    »Wenn unsere Sachen gepackt sind«,
sagte sie, »und alles für unsere Abreise bereit ist, gehe ich zu der Premiere,
obwohl ich jeden Moment verabscheuen werde. Aber wenn ich das Gefühl habe, ich
kann deinem Versprechen nicht trauen, entschuldige ich mich mit Krämpfen.« Sie
ging hinkend zu ihrem Bett. Als sein Blick auf ihre ungleichen Hüften fiel,
bemerkte ich wieder, dass ihm der Abscheu ins Gesicht geschrieben stand.
    »Gut«, sagte er ausdruckslos. »Ich
hoffe, du siehst jetzt ein, dass keine Veranlassung bestand, in einem so
heftigen Ton mit mir zu sprechen.«
    Da hörte ich sie flüstern: »Ich
wünschte, der Vater meines Kindes wäre nicht ein solches Schaf.«
    »Was hast du gesagt?«
    »Nichts. Du kannst mich jetzt allein
lassen.« Sie schickte ihn mit einer Handbewegung fort.
    »Dich allein lassen? Ich bin gekommen,
um dich zu holen. Das Konzert ist vorbei. Du kannst zurückkommen.« Auf seinem
Gesicht war keine Spur mehr von jenem herablassenden Lächeln.
    »Ich möchte nicht zurückkommen«, sagte
sie.
    »Du musst.«
    Sie drehte sich um, wollte sich ihm
widersetzen, aber jetzt sah sie müde aus. »Ich komme gleich nach«, sagte sie.
    »Ich warte.«
    Und er wartete. Bis sie die Spuren der
Tränen und der Wut aus ihrem Gesicht getilgt hatte. Er nahm sanft ihren Arm und
führte sie aus der Tür, als wäre sie blind und er ihre einzige Möglichkeit zu
sehen.
    Als ich nach unten zurückkehrte,
ergriff Guadagni meine Hand, sobald ich den Ballsaal betreten hatte. »Wo bist
du gewesen? In der Kutsche warten zwei Damen«, flüsterte er mir ins Ohr. »Heute
Nacht wirst du eine Menge von mir lernen können.« Er zog mich hinaus in die
frische Luft.
    In der Kutsche setzte er mich auf den
Platz ihm gegenüber, damit ich ihn zwischen den beiden rosigen Damen beobachten
konnte. Die eine sah mit hungrigen Augen zu, als er den Schenkel der anderen
streichelte. Er küsste die Hungrige auf die Wange, um sie zu besänftigen, was
die andere dazu veranlasste, auf seinen Schoß zu klettern. Er schob sie weg.
»Geduld«, meinte er. »Ist das etwa das richtige Benehmen für eine Prinzessin?«
    Als wir sein Haus erreichten, beugte
er sich hinüber und flüsterte mir ins Ohr: »Diese beiden werden heute Nacht wie
Katzen kämpfen. Fahr ein bisschen in der Kutsche herum. Komm erst zurück, wenn
es hell ist.«
    Eine Stunde lang fuhr mich der
Kutscher durch die Stadt, und ich grübelte über mein Scheitern nach. Würde ich
je wieder eine solche Gelegenheit bekommen? Ich verfluchte mich, weil ich nicht
schnell genug gehandelt hatte. Ich gelobte, dass ich ihre Liebe nie wieder
anzweifeln würde.
    Aber selbst als mich der Mut verließ,
weil ich glaubte, ich würde sie nie zurückgewinnen, wuchs allmählich eine
Flamme in mir, bis ich trotz allem lächelte.
    Ein Kind! Sie würde ein Kind bekommen!
    Zuerst hatte ich dabei nur einen Stich
gefühlt, der mir meine tiefe Schande schmerzhaft vor Augen führte, jetzt aber,
da dieser Schrecken langsam wich, schien das kommende Leben ein gutes Omen zu
sein.
    Ich wünschte, der Vater meines Kindes wäre nicht
ein solches Schaf, hatte sie gesagt.
    Schließlich befahl ich dem Kutscher,
mich nach Spittelberg zu bringen. Er fuhr mich bis zur Burggasse, und dann
sagte er, er würde nicht riskieren, dass ihm auf der holprigen Straße ein Rad
breche. Ich stieg aus und ging zu Fuß weiter.
    Zu

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