Der Katalysator
hereinkamen – mit dem, was Sie da haben –, fand ich, daß ich die Sache mit Robin endlich begriffen hatte. Er starb unter meinem Electric, wissen Sie. Er krabbelte auf dem Boden herum. Das Rückfahr-Radar konnte ihn nicht erfassen. Und Ihr Bruder …“
Mein Gott. Was ist hier los? Was kann ich sagen? „Ich bin Paul Blandford.“
„Ich weiß. Sie sind Johnnies Freund. Wenn man den ganzen Tag hier steht, lernt man, in den Menschen zu lesen.“
„In den Menschen … zu lesen!“
„Ich glaube, ab morgen werde ich eine Weile zu Hause bleiben. Einfach schlafen. Ich glaube, ich kann jetzt eine Woche lang schlafen. Vielleicht einen Monat.“ Er griff nach dem Ammoniten und nahm dann den kleinen Beutel. „Billy?“ Er flüsterte.
„Ja.“ Es traf ihn nicht sofort, aber dann mit aller Wucht. Einen Moment lang bekam er keine Luft. Als er schließlich wieder atmen konnte, fühlte er sich befreit. Es war nicht mehr wichtig, ob all dies noch Sinn ergab. Er fragte: „Können Sie das alles sehen? Dann wissen Sie, daß mein Bruder gestorben ist. Dies ist seine Asche. Und das ist ein Ammonit. Er muß auf etwa viertelzöllige Partikel zerkleinert werden. Die Asche muß zu einem wäßrigen Brei verrührt und mit dem zerkleinerten Ammoniten vermischt werden. Trocknen Sie die Mischung im Ofen. Der Verdampfer und das Auffanggerät sind bereits aufgebaut. Ich komme heute abend nach dem Dinner hierher zurück und fahre einen kompletten Lauf.“
Robert Moulin war also endlich von seiner langen Flucht in sich selbst zurückgekehrt.
Der Müller zögerte einen Moment. „Ist Johnnie ebenfalls Ihr Bruder?“
Auf Pauls Wange kribbelte es. „Ich weiß es nicht, Bob.“ Und jetzt war es an ihm zu fragen. „Der Katalysator wird funktionieren, nicht wahr?“
„Natürlich. Sie werden sehen.“
„Lebt Billy noch?“
„Das Leben liegt im Auge des Betrachters.“
(Und was meinte er damit! Paul beschloß, nicht zu fragen.) Er drehte sich um und verließ langsam den Raum. Hinter ihm liefen die Mühlen wieder an, eine nach der anderen.
Er bezweifelte, daß er Moulin wiedersehen würde. Der Müller war geheilt. Heute abend würde seine Frau ihn zum letzten Mal abholen. Jetzt, da Serane nicht mehr hier war, würde er kaum bleiben wollen.
15
Seranes Abschiedsessen
Er traf früh im Halfway House ein, aber trotzdem saßen schon einige Dutzend an der zu diesem Anlaß in einer Ecke des Hauptspeiseraums eingerichteten Bar. Und alle schienen in ausgelassener Stimmung zu sein. Paul verstand sie sehr gut. Sie kannten nur einen einzigen Weg, einer Tragödie zu begegnen: Sie lachten darüber. Razmic Mukerjee hatte Serane unversehrt hergebracht, und sie verschütteten eben ihre Martinis und lachten über etwas, das Art Schirmer ihnen erzählt hatte. Paul lächelte grimmig. Humbert war auch da, wahrscheinlich auf Kussmans Befehl, und er würde über alle subversiven Reden und über gegen die Firma gerichtete Bemerkungen Bericht erstatten. Es war unwichtig. Er selbst würde eine Rede halten, Mary Derringer würde ein paar Worte sagen, wenn sie das Geschenk überreichte, und dann konnte Serane zu ihnen sprechen – oder auch stumm dastehen, je nachdem, in welcher Stimmung er sich befände. Am vorderen Tisch, der den anderen gegenüberstand, würden etwa zehn Leute sitzen, darunter Serane selbst, die Redner und die wichtigsten Leute aus der alten Stickstoffgruppe.
Die Vorspeise war etwas Besonderes: Steaks von einem Wollmammut, das man in einem Gletscher in Nordsibirien entdeckt hatte. Es war zwar teuer, aber dafür war der Krebserzeugungsindex Null, und das Mammut war keine gefährdete Spezies.
Während des Essens herrschte ohrenbetäubender Lärm. Er mußte sich brüllend mit Serane unterhalten, damit dieser ihn verstand. Mary Derringer saß an der anderen Seite neben Serane. Irgendwann hatte sie versucht, Serane zu erzählen, wie es war, wenn man in New York mit der U-Bahn fahren mußte, aber dann gab sie achselzuckend auf. Paul dachte mit banger Erwartung an den Augenblick, da er dem Lärm würde Einhalt gebieten müssen.
Das Dessert ließ er aus. Kaffee? Er studierte den Getränkespender vor seinem Teller. „Lakritzkaffee. Schokokaffee. Zimtkaffee. Brasilianischer oder kolumbianischer Kaffee nach vorheriger Absprache mit der Geschäftsleitung.“ Er seufzte und nahm einen Schluck Wasser. Und jetzt war der Augenblick gekommen. Er gab ihnen noch eine letzte Sekunde, und dann erhob er sich. Aus dem Augenwinkel sah er, daß
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