Der Katalysator
umgekehrt. Wir empfehlen Ihnen, um welche Patente Sie sich bemühen sollen.“ Seine Augen fixierten unverwandt Pauls Stirn. „Und, Blandford, verstehen Sie bitte, daß dies nicht gegen Sie persönlich gerichtet ist, aber ich finde, daß die Patentabteilung uns überaus hochmütig behandelt, indem sie zu dieser Besprechung keinen kompetenten Vertreter entsendet.“
Paul wußte, daß er sichtbar erbleichte. All dies ging unauslöschlich in die Archive der Firma ein. In seinem Magen begann es zu brennen. Aber was konnte er sagen?
Ein Geräusch lenkte ihn ab.
Ein Pfeifen erklang den Gang herauf, und es bewegte sich, als sei es nicht menschlichen Ursprungs. Es war ein flottes, fröhliches Pfeifen. Paul kannte es gut. Es war der Tanz der Priesterin aus Donnators Song, Billys Lieblingsoper. Welcher strahlende Zauber hatte das Lied in diese grimmigen Mauern verpflanzt? Welcher Elfensinn verkündete hier das große Rätsel der Musik?
Die Melodie schwebte bis an die Tür des Konferenzraumes und brach ab.
Und dann öffnete sich die Tür, und ein Mann trat ein.
Dieser Mann, Gott sei gedankt, mußte Johnstone S. Serane sein. Paul erhob sich und sah ihn an. Zuerst war er nur verblüfft, und er verstand nicht ganz, was er da sah.
Dann war er erschüttert. War dies Wirklichkeit oder war es das Werk eines verschrobenen himmlischen Humors?
Denn Serane war das leibhaftige Ebenbild seines Bruders Billy.
Er hatte die lebhafte Gestik, den kühlen, verschmitzten Blick, die Lachfalten, die die beständige Beobachtung seines ganz privaten, absurden Universums hervorgebracht hatte.
Er hatte das vorspringende Kinn, die buschigen Augenbrauen, die Donnator-Frisur. In Seranes Jackentasche, neben seinem Computer-Fernanschluß, steckte ein total anachronistischer Gegenstand: ein goldener Drehbleistift, genau wie der, den Billy gehabt hatte.
Der Chemiker kam leicht vorgebeugt herein, als müsse er gegen eine steife Brise angehen. Er hob die rechte Hand, leicht gekrümmt, die Handfläche nach vorn, zu Billys vertrautem, fröhlichem Gruß.
Es war Billy, Ende Dreißig. Fünfzehn Jahre älter, mit den Jahren gereift.
Paul saß da wie gelähmt. In seinen Wangen kribbelte es. Eine Gänsehaut überlief ihn. Er spürte, wie sein Nackenhaar sich sträubte. In seiner Kehle steckte ein Schleimklumpen, und er mußte den Atem anhalten.
Serane setzte sich Paul gegenüber auf einen Sessel und streckte die Hand über den Tisch. „Serane, Stickstoffderivate.“ Die Hand war kühl und trocken.
„Blandford“, stammelte Paul. „Patente.“
„Nennen Sie mich John. Sie sind …?“
„Paul.“
Serane ließ seinen Blick durch die Runde wandern. „Tut mir leid, daß ich zu spät komme. Computerfehler. Wahrscheinlich hatten sie die Programme für New York Central neben den Penn-New-Haven-Fahrplänen gelagert. Alles nur, um fünfzig Cents Lagergebühren zu sparen. Jedenfalls ist der Zug in Manhattan glatt durchgefahren. In White Plains ließen sie uns schließlich aussteigen. Ich habe mir einen Electric gemietet und bin hergefahren.“
„Dr. Serane“, sagte Mrs. Pinkster spitz, „würden Sie freundlicherweise Ihre Stimme für den Recorder identifizieren?“
„Wozu?“ fragte Serane fröhlich. „Ich wette, Sie haben Ihre kleinen Roboter bereits angewiesen, mir keine Kopie zu geben.“
„Das“, sagte Mrs. Pinkster eisig, „war Dr. Serane. Wir können nun fortfahren.“
„Klar“, stimme Serane zu. „Haben Sie schon irgendwelche Beschlüsse gefaßt?“
Aus den Augenwinkeln sah Paul, daß Kussmans Mund ungeduldig zuckte.
„Wie sollten wir?“ erwiderte Kussman jetzt. „Der Erfinder des Verfahrens hat uns seine wohltuende Allwissenheit eben
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