Der Kater der Braut: Roman (German Edition)
schließlich dafür sorgen, dass unser Staat nicht bankrottgeht.«
»Aus dir werd mal einer schlau.« Lili schüttelte ungläubig den Kopf. »Ach, ehe ich’s vergesse: Hier ist übrigens noch die Post der letzten Tage. Vielleicht solltest du dich mal langsam um einen Nachsendeauftrag kümmern.«
»Hmmm.« Flüchtig blätterte ich den Packen durch, den Lili mir über den Küchentisch hinweg zugeschoben hatte. Die Rechnungen legte ich beiseite, die Reklamesendungen wanderten gleich ungeöffnet in den Müll. Plötzlich stutzte ich. Ein Brief trug den Stempel der Fashion Academy Düsseldorf. Was konnten die noch von mir wollen? Kondolieren? Mir ’ne lange Nase zeigen?
Ungeduldig riss ich das Kuvert auf und überflog den Inhalt des Schreibens: Bezug nehmend auf Ihre Bewerbung … freuen wir uns, Sie ab dem nächsten Semester als Studentin der Fachrichtung Modedesign an unserer Akademie begrüßen zu dürfen.
»Bingo!« Ich reckte die geballte Faust in die Höhe.
»Was schreiben sie?« Lili sprang aufgeregt von ihrem Stuhl auf. »Sag schon! Was steht drin in dem Wisch?«
Sicherheitshalber las ich das Anschreiben noch einmal ganz in Ruhe, Wort für Wort. Dann fiel ich Lili jubelnd um den Hals. »Ein Student hat seine Bewerbung zurückgezogen. Und ich bin nachgerückt. Ab Oktober studiere ich Modedesign!«
Kapitel 27
A ls ich mein Auto auf den Parkplatz der Villa Kunterbunt lenkte, war mir ganz flau im Magen. Den ganzen Vormittag hatte ich mich schon elend gefühlt und hin und her überlegt, ob ich Frau Groß’ Einladung zu ihrer Geburtstagsfeier absagen sollte. Eine Magen- und Darmgrippe – dafür hatte sie bestimmt Verständnis. In Wirklichkeit wusste ich natürlich, dass kein Virus, sondern das bevorstehende Zusammentreffen mit Philipp für meine Übelkeit verantwortlich war. Ich umkrallte das Lenkrad so fest, dass meine Fingerknöchel weiß hervortraten. Noch konnte ich umkehren.
Nix da, kneifen gilt nicht! Mit zitternden Knien stieg ich aus dem Wagen und machte mich auf die Suche nach dem Geburtstagskind. Immer dem Lärm nach …
Im Aufenthaltsraum, der mit Unmengen von Girlanden und Luftballons dekoriert war, herrschte ein Gewimmel und Gewusel wie auf einem Ameisenhaufen. Einige Bewohner des Seniorenstifts schwangen sogar das Tanzbein. Gerade trällerte Roy Black: »Ganz in Weiß, mit einem Blumenstrauß …« Apropos: Wo waren die Blumen?! Weil ich wusste, dass Frau Groß Margeriten liebte, hatte ich einen riesigen Strauß für sie gekauft. Der stand jetzt auf Ludgers Esstisch. Pardon: auf unserem Esstisch, wie Ludger nicht müde wurde, mich immer wieder zu korrigieren.
Als Frau Groß mich entdeckte, winkte sie fröhlich. »Belinda, wie schön, dass Sie gekommen sind!«, rief sie mir quer durch den Raum entgegen.
Ich schämte mich, dass ich es auch nur eine Minute in Erwägung gezogen hatte, mich vor der Geburtstagsfeier zu drücken. Schließlich ging es nicht um Philipp, sondern um seine Oma. Das war ihr Ehrentag! Während ich der alten Dame gratulierte und ihr mein Geschenk überreichte, schaute ich mich so unauffällig wie möglich um.
»Falls Sie meinen Enkel suchen – der kommt leider etwas später. Eine Kollegin ist krank geworden, da musste Paul Junior kurzfristig im Sender einspringen.«
Ob der lieben Kollegin die Silikonkissen geplatzt waren? Aber vielleicht handelte es sich ja auch nur um eine harmlose Grippe. So oder so, die Dame hatte auf alle Fälle was gut bei mir; sie war genau zum richtigen Zeitpunkt krank geworden. Puh, Schwein gehabt, die Luft war rein! Langsam begann ich, mich zu entspannen.
»Mein Sohn und meine Schwiegertochter waren heute Vormittag schon hier. Sie haben mich zum Brunch ausgeführt«, erzählte mir Frau Groß gut gelaunt, während sie das Päckchen aufmachte. Als sie die fliederfarbene Bluse, die ich für sie genäht hatte, endlich aus dem Geschenkpapier befreit hatte, ging ein Leuchten über ihr Gesicht. »O wie schön! Belinda, die Bluse ist ein Traum!« Behutsam fuhr sie mit dem Zeigefinger über die schmalen grauen Paspeln, die dem ansonsten schlichten Kleidungsstück den eigentlichen Pfiff verliehen. »Sie werden bestimmt eine hervorragende Designerin. Ich bin stolz auf Sie. Mein Enkel hat mir erzählt, dass es mit dem Studienplatz nun doch noch gelappt hat. Wunderbar! Sie werden Ihren Weg schon machen, da bin ich mir ganz sicher. Und was Ihre Hochzeit betrifft …« Bevor Frau Groß den Satz beenden konnte, verlangte auch schon der nächste Gratulant nach
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