Der Kater der Braut: Roman (German Edition)
Hand voll Gäste müde an der Theke herumlungerte. Zeit, Abschied zu nehmen. In der allgemeinen Aufbruchstimmung drückte Ludger mich kurz an sich. »Schlaf gut und träum was Schönes.« Das würde ich ganz bestimmt! Ich hatte auch schon eine vage Ahnung, wovon …
Selbst als Mareike und ich längst wieder auf unserem Hotelzimmer waren, hatte ich immer noch das Gefühl, in Ludgers Armen zu einer imaginären Musik über die Tanzfläche zu schweben. Selig summte ich vor mich hin. Das war wirklich ein gelungener Urlaubsauftakt gewesen!
Während wir uns bettfertig machten, ließen wir die vergangenen Stunden noch einmal Revue passieren.
»Hast du Klaus’ verdattertes Gesicht gesehen, als ich ihm den Cocktail über die Hose gekippt habe?«, kostete Mareike im Nachhinein noch einmal ihren Triumph aus.
Ich kicherte. »So wie er dir in den Ausschnitt gekrochen ist, hatte er eine Abkühlung auch dringend nötig. Ich hoffe, die Blamage ist diesem Schmierlappen eine Lehre gewesen.« Ohne hinzusehen griff ich nach Zahnpasta und Zahnbürste. Wie es der Zufall wollte, erwischte ich das feuerwehrrote Exemplar, das Philipp mir geschickt hatte. Während ich mir die Zähne putzte, wanderten meine Gedanken nach Hause, zu Lili. Und zu meinem neuen Nachbarn. Von hinten hätten Ludger und er ohne weiteres Zwillinge sein können. Die gleiche Haarfarbe, die gleiche Größe. Aber damit hörten die Gemeinsamkeiten auch schon auf.
»Ludger ist echt ’n klasse Typ«, bemerkte Mareike, als ich mir den Mund ausspülte.
»Ja, er ist wirklich ganz nett.« Ich bemühte mich, mir meine Begeisterung nicht allzu deutlich anmerken zu lassen. Noch kannte ich Ludger schließlich kaum. »Jochen macht übrigens auch einen sehr sympathischen Eindruck.«
»Stimmt, wir haben uns hervorragend unterhalten. Zum Beispiel über mein Restaurant. Der Gute ist untröstlich, dass er noch nie im Tischlein deck dich gewesen ist.«
Ich zeigte Mareike einen Vogel. »Sag mal, spinnst du? Warum hast du den beiden denn solch einen Bären aufgebunden?«
»Das fragst du noch? Du hast doch gesehen, wie Klaus und Co reagiert haben, als sie gehört haben, was wir beruflich machen. Die haben mit uns geredet, als könnten wir nicht bis drei zählen.« Mareike runzelte die Stirn und bearbeitete mit der Bürste aufgebracht ihren blonden Pagenkopf. Plötzlich hellten sich ihre Gesichtszüge wieder auf. »Außerdem ist es doch ganz lustig, mal für ’ne Weile in eine andere Rolle zu schlüpfen. Ich finde, ich mache mich ganz gut als Gastronomin. Und solange keinen Menschen oder Tieren damit geschadet wird, kann man ruhig ein bisschen flunkern.«
»Aber warum musstest du ausgerechnet behaupten, dass ich Designerin bin?!«
»Weil du das bald sein wirst, meine Liebe.«
»Deinen Optimismus möchte ich haben.«
Ich fand es rührend, was für ein grenzenloses Vertrauen meine Freunde in mich setzten. Vor etwa einem Monat hatte ich Markus’ Drängen nachgegeben und mich an der Düsseldorfer Fashion Academy um einen Studienplatz beworben. Während meiner Schneiderlehre hatte ich damit begonnen, Klamotten zu entwerfen. Anfangs hatte ich lediglich fertige Schnitte abgewandelt, mit der Zeit war ich jedoch dazu übergegangen, eigene Modelle zu kreieren. Meinen Stil bezeichnete Markus als »schlichte Raffinesse«. Ich hasste überflüssigen, verspielten Schnickschnack. Je geradliniger und schnörkelloser, desto besser. Gelegentlich wurde ich sogar von Fremden auf meine Klamotten angesprochen. Trotzdem wäre ich nie auf die Idee gekommen, aus meinem Hobby einen Beruf zu machen. Andere besaßen, da war ich mir sicher, viel mehr Talent als ich! Aber Markus berief sich auf sein Bauchgefühl. Er schwor Stein und Bein, dass die Mappe mit Arbeitsproben, die ich eingereicht hatte, die Dozenten überzeugen und ich einen der begehrten Studienplätze ergattern würde. Die Fashion Academy war eine Privatschule, die in der Branche einen hervorragenden Ruf genoss. Wer sich dort behauptete, dem standen danach viele Türen offen.
»Seien wir doch mal realistisch: Auf jeden Studienplatz kommen fünf Bewerber. Meine Chancen tendieren also gegen null«, überlegte ich laut. »Ist vielleicht auch besser so. Ich kann mir das Studium doch sowieso nicht leisten.«
»Ach papperlapapp, das sind doch bloß faule Ausreden. Markus hat dir schließlich angeboten, neben dem Studium und in den Semesterferien weiter für ihn zu arbeiten. Außerdem hast du, wie ich dich kenne, in den letzten Jahren einiges auf
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