Der Kater der Braut: Roman (German Edition)
sie nicht gestorben sind …
»Wow, Designerin, das klingt spannend. Was entwirfst du denn so für Klamotten? Und für welches Modelabel arbeitest du?«
»Kein Kommentar«, blockte ich kurz entschlossen ab. So weit kam das noch. Wenn Mareike meinte, den beiden einen Bären aufbinden zu müssen – bitte schön. Aber mich sollte sie da gefälligst raushalten.
Ludger lachte. »Eigentlich hast du Recht, die paar Urlaubstage sind viel zu kostbar, um sie mit Gedanken an die Arbeit zu verplempern.« Er griff nach meiner Hand. »O. K., wenn du schon nicht reden möchtest – was hältst du von tanzen?«
Im Prinzip viel. Allerdings hatte ich die schmerzhafte Erfahrung gemacht, dass die meisten Männer meines Alters noch nie eine Tanzschule von innen gesehen hatten. Sie benutzten ihre Tanzpartnerin als Rammbock, um störende Hindernisse – wie etwa tragende Wände oder Säulen – gewaltsam aus dem Weg zu räumen. Aber auch in den Armen der etwas rücksichtsvolleren Herren wollte auf dem Tanzparkett oftmals keine rechte Freude und schon gar kein Gespräch aufkommen. Denn wie zum Kuckuck sollte man mit jemandem plaudern, der im Flüsterton den Takt mitzählte und dabei auch noch auf den Boden starrte, als hätte er dort unten etwas verloren?!
Dementsprechend skeptisch ließ ich mich von Ludger zur Tanzfläche führen. Dass ausgerechnet ein Kerl wie er außer jeder Menge Testosteron auch noch Rhythmus im Blut haben sollte, war schwer vorstellbar. Der Mann sah blendend aus, besaß Humor und schien, da er Jura studiert hatte, auch nicht gerade auf den Kopf gefallen zu sein. Das war bereits mehr, als die meisten Männer zu bieten hatten. Die Wahrscheinlichkeit, dass er sich darüber hinaus auch noch als guter Tänzer erweisen würde, war etwa so groß, wie viermal hintereinander vom Blitz getroffen zu werden.
Und ich sollte Recht behalten. Ludger war wirklich kein guter Tänzer. Er war ein fantastischer Tänzer! Wow, der Mann hatte es echt drauf. Er sah nicht nur aus wie ein griechischer Gott, er tanzte auch so. In seinen Armen schmolz ich dahin wie Butter in der Sonne. Ich vertraute ihm blind und überließ mich widerstandslos seiner Führung. Und das war keineswegs selbstverständlich, denn normalerweise ging mir die traditionelle Rollenverteilung beim Tanzen gewaltig gegen den Strich. Wo blieb denn da die Gleichberechtigung? Ich meine, man kann doch über alles reden. So in der Art: Diesen Tanz führst du, den nächsten ich. Oder warum nicht einfach darum knobeln, wer die Richtung bestimmt? Irgendwie hatte die Emanzipation vor dem Tanzparkett Halt gemacht. Als echter Kontrollfreak hasste ich es, wie ein willenloses Möbelstück von A nach B geschoben zu werden.
Doch in Ludgers Armen war das etwas völlig anderes. Ich genoss es geradezu, ihm die Führung zu überlassen, seine Hand durch den dünnen Stoff auf meinem Rücken zu spüren und mich um nichts kümmern zu müssen. Mit schlafwandlerischer Sicherheit dirigierte er mich zwischen den anderen Paaren hindurch, ohne auch nur ein einziges Mal irgendwo anzuecken.
Wir harmonierten perfekt. Während Mareike und Jochen sich an der Theke angeregt miteinander unterhielten, ließen wir kaum einen Tanz aus. Obwohl ich längst auf Cola umgestiegen war, fühlte ich mich wie berauscht. Beinahe schwerelos. Meine Güte, warum nahmen die Kids Drogen? Das hier war besser, viel besser! Ob Ludger genauso empfand? Zufrieden stellte ich fest, dass er mich beim Tanzen enger an sich zog, als nötig gewesen wäre. Ich hatte ganz bestimmt nicht die Absicht davonzulaufen …
»Könntest du mir die nächsten hundert Tänze reservieren?«, flüsterte Ludger mir ins Ohr.
Was für eine Frage? Für ihn hätte ich sogar Brad Pitt oder Superman einen Korb gegeben.
»Ich werde sehen, was sich machen lässt.«
Auch während der kleinen Tanzpausen, die wir einlegten, um uns an der Bar zu erfrischen, wich Ludger nicht von meiner Seite. Wir quatschten über dies und das. Der übliche Blödsinn, den man halt so redet, wenn man sich gerade erst kennen gelernt hat. Von mir aus hätten wir uns über Modelleisenbahnen unterhalten können – Hauptsache, ich durfte dabei weiter in Ludgers blaue Augen schauen. Darum war es nicht verwunderlich, dass mir so ziemlich alles, was sich außerhalb von Ludgers Gesicht abspielte, entging.
»Feierabend, Leute!« Erst als der Barkeeper die Kerzen ausblies und die Musik schlagartig verstummte, registrierte ich, dass außer Ludger, Mareike, Jochen und mir nur noch eine
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